„Wasserstoff spielt Schlüsselrolle“: Land fördert Hydrogen Valley Südbaden mit 4,5 Millionen Euro Nachhaltigkeit | 06.08.2024 | Lars Bargmann

Grafik des Rhine-Hydrogen-Network-Interco-Projekts. Grenzüberschreitend: Ziel des Rhine-Hydrogen-Network-Interco-Projekts ist die Umstellung der Erdgasinfrastruktur auf Wasserstoff auf beiden Seiten des Rheins. Die Grafik zeigt die zweite Etappe von Freiburg-Nord bis nach Offenburg.

Das baden-württembergische Wirtschaftsministerium fördert das trinationale Projekt „Hydrogen Valley Südbaden“ mit rund 4,5 Millionen Euro aus EU- und Landesmitteln. Mit der Übergabe des symbolischen Förderschecks an die Projektverantwortlichen hat Staatssekretär Patrick Rapp unlängst in Freiburg den offiziellen Startschuss gegeben. Es ist das elfte Projekt aus dem Wettbewerb RegioWIN 2030, das erste, das gemeinsam mit Partnern aus dem Elsass und der Nordwestschweiz realisiert wird.

„Für das Erreichen der ambitionierten Klimaschutzziele ist ein Umbau unserer Energiesysteme dringend erforderlich. Wasserstoff spielt bei dieser Transformation eine Schlüsselrolle“, sagte Rapp. Hydrogen Valley Südbaden sei ein Beispiel dafür, wie durch grenzüberschreitendes Zusammenwirken die „Zukunftstechnologie“ Wasserstoff bei kleinen und mittleren Unternehmen in die praktische Anwendung gebracht werden können. Solche Schritte seien „entscheidend, um den Hochlauf der Was­serstoffwirtschaft voranzubringen“.

Mammutaufgabe Infrastruktur

Kern des Projekts ist das Bereitstellen und Beschaffen von Infrastrukturkomponenten, zudem soll die Etablierung der Technologie durch Begleitforschung untermauert und mit einer Professionalisierung der trinationalen Clusterinitiative 3H2 abgerundet werden. Realisiert wird das Projekt von einem Konsortium, bestehend aus der Infrastruktur-Trägergesellschaft mbH & Co. KG, der Hochschule Offenburg, dem Verein Klimapartner Südbaden sowie dem französischen Projektträger Pôle véhicule du futur.

3,1 Millionen kommen aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), 1,4 Millionen steuert das Land bei. Um regionale Strukturförderung zu betreiben, erhält Baden-Württemberg in der Förderperiode 2021-­2027 insgesamt rund 279 Millionen Euro aus dem EFRE-Programm.

Auch der südbadische Energieversorger Badenova ist in Sachen Wasserstoff aktiv. Fürs grenzübergreifende Projekt RHYn Interco sind zwei neue Partner an Bord: Der Papierfabrikant Koehler Paper und die Badischen Stahlwerke – beide mit Standorten in Kehl – haben Letter of Intents mit der BadenovaNETZE GmbH unterschrieben. Darin bekräftigen beide ihre Absicht, große Mengen Wasserstoff abnehmen zu wollen und forcieren damit die Dekarbonisierung von Produktionsstandorten. Leonie Meyer, Projekt­leiterin RHYn Interco bei der Badenova: „Für uns ist es sehr wichtig, intensive Abnehmer im Raum Kehl zu haben, da sich die H2-Infrastruktur an solchen Abnehmern orientiert. Wir können die Infrastruktur-Planungen für das Projekt in Kehl jetzt noch stärker vorantreiben.“

Ende vergangenen Jahres hatten die Netzbetreiber GRTgaz, terranets bw und die Badenova eine Abfrage zu Wasserstoff-Bedarfen und Erzeugungspotenzialen in den Regionen Südlicher Oberrhein und Grand Est durchgeführt. Aus dem deutschen Raum meldeten 10 Unternehmen einen Bedarf von rund 1,5 Terrawattstunden (TWh), bis 2035 rund 1,9 TWh. Sechs aus Freiburg, vier aus dem Raum Kehl. Der Technikvorstand der Koehler-Gruppe, Stefan Karrer, braucht für die Trocknung hochmoderner Spezialpapiere sehr hohe Temperaturen: „Um diese zu erreichen, sind wir langfristig auf den Einsatz von gasförmigen Brennstoffen angewiesen. Grüner Wasserstoff ist hier die nachhaltige Alternative zu Erdgas.“

Die Badischen Stahlwerke wollen bis 2045 klimaneutral werden. „Der Transport von Wasserstoff in den von uns benötigten Mengen ist nur über Pipelines möglich. Wir sind auf einen konsequenten Ausbau des Wasserstoffnetzes angewiesen. Ein Umstieg auf Wasserstoff kommt für uns nur in Frage, wenn die Kosten es uns ermöglichen, international wettbewerbsfähig zu sein“, sagt Andreas Volkert, technischer Geschäftsführer der Badische Stahlwerke GmbH.

Ab 2035 soll den beiden Unternehmen ein leitungsgebundener H2-Anschluss zur Verfügung stehen, die Planungen seitens BadenovaNETZE für den Neubau einer 15 Kilometer langen Wasserstoff-Leitung von der Übergabestation der terranets bei Weier bis nach Kehl laufen.

Fördergeld für Gewerbegebiet Hochdorf

In Freiburg gibt es mit dem Universitätsklinikum und der Cerdia potenzielle Großabnehmer. Zudem gibt es Pläne, das Industriegebiet Hochdorf, mit rund 200 Unternehmen das größte in Freiburg, mit Wasserstoff zu versorgen. Das Umweltministerium unterstützt die Stadt Freiburg beim Erstellen eines Konzepts für den Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur mit 78.000 Euro. „Grüner Wasserstoff ist für den Wirtschaftsstandort Freiburg zukünftig wichtig. Gut, dass wir heute in den Aufbau einer dezentralen grünen Wasserstoffinfrastruktur investieren“, so Nadyne Saint-Cast, Freiburger Abgeordnete im Landtag. Das Land fördert zudem das Wasserstoff-Projekt LKBH2 im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald mit 99.000 Euro und die Klimapartner Südbaden mit 84.000 Euro beim Projekt H2 Südbaden.

Ziel von RHYn Interco ist die Anbindung der Region Südbaden an französische und internationale H2-Erzeugungsanlagen. Das Projekt ist Teil des europäischen Hydrogen Backbone, das die Versorgungssicherheit der Wasserstoffverbraucher in Europa gewährleisten soll und bis 2040 ein 53.000 Kilometer langes Wasserstoffnetz zwischen 28 europäischen Ländern spannen will.

Die von der Bundesregierung 2011 eingesetzte Expertenkommission zum Energiewende-Monitoring sieht in einer aktuellen Stellungnahme politischen Handlungsbedarf in nahezu allen Bereichen der Energiewende. Vor allem aber beim Netzausbau für Strom und Wasserstoff.

Grafik: © badenovaNETZE