Edinburgh – Urbane Metropole mit Highlandanschluss Freizeit | 21.05.2022 | Lars Bargmann

Das Edinburgh Castle im untergehenden Licht der Sonne Pittoresk im Abendlicht: Das Edinburgh Castle ist auf einem Vulkanfelsen gebaut.

Manche nennen sie die Stadt der sieben Hügel – obwohl dafür ja eher Lissabon berühmt ist. Oder Rom. Theodor Fontane bezeichnete sie einst als „Athen des Nordens“ … Nein, Edinburgh, schon seit dem 15. Jahrhundert die Hauptstadt von Schottland, hat gar kein griffiges Prädikat nötig. Dort verschränken sich einfach reichhaltige Kultur und Natur ineinander. Das aber durchaus spektakulär.

Die namensgebende Burg wuchs schon im 7. Jahrhundert förmlich aus einem Vulkankegel, aus erstarrtem Lava-Gestein heraus und thront bis heute pittoresk über der 525.000-Einwohner-Metropole, in der sowohl die Old als auch die New Town zum UNESCO-Weltkulturerbe zählen. Die zwischen den beiden liegenden Princess Street Gardens verbinden gleichsam das Mittelalter mit dem Mondänen.

Ein Dudelsackspieler steht an einer Steinwand

Schönes Gedudel: Ohne die atmosphärischen Klänge aus dem Dudelsack geht in Edinburgh nichts.

Das Mittelalter, die Old Town, ist am besten beim Sunset vom Carlton Hill aus zu bestaunen. Auf dem parkähnlichen Hügel reihen sich Sehenswürdigkeiten, die diesen Namen verdient haben, nur so aneinander. Ganz oben steht das unfertige National Monument. Zwölf dorische Säulen des Edinburgher Baumeisters William Henry Playfair stehen auf einem Fundament, das Ensemble, das als pompöses Kriegerdenkmal nach dem Vorbild des Parthenon auf der Akropolis angefangen wurde, übt heute den fotogenen Reiz einer Ruine aus – den Bauherren war offenbar schon in der ersten Bauhalbzeit das Geld ausgegangen.

Das Nelson Monument nebenan, das an ein umgedrehtes Fernrohr erinnert und an den Sieger der Trafalgar-Seeschlacht erinnert, besticht an der Turmspitze dafür mit noch spektakulärerer Aussicht. Täglich um 13 Uhr fällt im Turm (143 Stufen) ein roter Ball nach unten: Er zeigte den Seeleuten im Firth of Forth und im Hafen von Leith, was die Stunde geschlagen hat. Seit 1861 kommt exakt zur selben Uhrzeit auch noch der Kanonenschuss vom Castle-Hügel dazu.

Es gibt auf Carlton Hill zudem das City Observatory, ein Denkmal für den Mathematiker John Playfair, das herrlich gelegene Sterne-Restaurant The Lookout oder auch ein Gedächtnistempelchen für den einheimischen Moralphilosophen Dugald Stewart. Der berühmteste Philosoph aber sitzt in Bronze an der Royal Mile: David Hume (1711–1776), der Vordenker der europäischen Aufklärung.

Die Royal Mile Straße in der Old Town von Edinburgh

Die Royal Mile ist die zentrale Straße in der Old Town von Edinburgh, die vom Edingburgh Castle zum Holyrood Palace – der Residenz der britischen Königin in Schottland – führt, und tatsächlich zirka einer schottischen Meile entspricht.

Die königliche Meile – die schottische Meile ist übrigens 1,8142 Kilometer lang, mithin fast eine Seemeile – zieht sich vom Castle bis hinunter ans Holyroodhouse, dem königlichen Palast. Gegenüber hat der katalanische Architekt Enric Miralles mitten ins mitttelalterliche Surrounding mit dem neuen Parlament einen kräftigen, nahezu poetischen Kontrapunkt gesetzt. Außen wie innen erstaunlich.

Fünf Jahre vor Humes Tod wurde Sir Walter Scott (1771–1832) geboren, dem wohl weltweit das beeindruckendste Denkmal direkt an der Princess Street erbaut wurde. Nach 287 Stufen in dem gotisch verschnörkelten Sandstein-Turm, der 64 Figuren aus Scotts romantischen Romanen und 16 Büstenporträits von schottischen Dichtern beherbergt, steht man oben und schaut ringsum auf die Stadt hinunter.

Das Nelson-Momument auf Carlton Hill

Das Nelson-Momument: Wie ein umgedrehtes Fernglas auf Carlton Hill.

Noch spektakulärere Ausblicke hat indes der, der Arthur’s Seat erklimmt. Gar nicht so hoch der Vulkan, aber der Aufstieg entlang der Steilklippen Salisbury Crags dauert eine Weile. Dafür gibt es herrliches Highland-Feeling am Rande einer Stadt, die nach London die zweitstärkste Wirtschaft aller Städte im Vereinigten Königreich hat – und mit deutlich über vier Millionen Besuchern jährlich auch die zweitbest besuchte ist. Ein ausgedehntes Päuschen auf dem Gipfel, das Trällern der Vögel, die Aahs und Oohs der ankommenden Wandersleute – hier oben lässt es sich bei gutem Wetter eine lange Weile ohne Langeweile aushalten.

Wieder unten an der Royal Mile angekommen, lohnt sich ein Gläschen im Café Edinburgh, das direkt an das Haus des Naturwissenschaftlers Robert Knox (1791–1862) angrenzt. Dieses und das benachbarte Mombray House sind wohl die ältesten der Stadt, aus der Mitte des 16. Jahrhunderts.

United Kingdom Landkarte – Edinburgh

Ein Namensvetter, John Knox, war es übrigens, der 1567 durch seine Predigten kräftig zur Absetzung der katholischen Königin Maria Stuart beigetragen, danach großen Einfluss auf den neuen König Jakob VI. ausgeübt hatte und einer der Gründer der presbyterianischen (selbstverwalteten) Kirche Schottlands war.

Noch bekannter ist der 1790 in Edinburgh gestorbene und beerdigte Adam Smith, der in Glasgow studiert, dort und in Edinburgh gelehrt hatte und als Begründer der klassischen Nationalökonomie gilt.

Wem es in der Stadt zu trubelig ist, der fährt am besten mit dem Bus nach Leith an die Docks, wo es einen Schwarm sehr guter Fischrestaurants gibt, wo die vielen Neubauten im New Haven an die Hafencity in Hamburg erinnern, wo die Luft nach Salzwasser schmeckt und wo der Firth (Fjord oder Förde) of Forth den Weg in die Nordsee weist.

Anreise:

Easyjet fliegt täglich zu wechselnden Uhrzeiten in die schottische Hauptstadt.

Reiseführer:
City Trip Edinburgh, Reise Knowhow, 7. Auflage 2022
Edinburgh, Marco Polo, 6. Auflage 2020

Fotos: © Michaela Moser, iStock.com/LindaMore; jenifoto; tupungato