Der doppelt doppelte Hybrid: Mohnke Höss Bauingenieure und das spannende Tragwerk vom RIZ Bauen & Wohnen | 03.05.2021 | Lars Bargmann

Tragwerk von RIZ Kein Stahl: Bau-Buche trägt das Hallendach, das statisch eine Decke ist.

Es war durchaus ein besonderes Bauvorhaben, für das die Freiburger Tragwerksplaner Mohnke Höss Bauingenieure die Statik gerechnet hatten und das im vergangenen August fertiggestellt wurde: Das neue RIZ (Regionales Innovationszentrum) in Offenburg ist ein Stahlbeton-Holz-Hybridbau, in dem ein zehn Meter hohes Technikum aus Holz elastisch an ein viergeschossiges Bürogebäude aus Stahlbeton grenzt. Der Bau ist als „Building of the Year 2021“ nominiert.

Das 8,5 Millionen Euro teure, von der EU, dem Stifterkreis und der Hochschule Offenburg sowie dem Land Baden-Württemberg geförderte RIZ steht auf dem Gelände der Hochschule Offenburg und bietet Platz für rund 60 Beschäftigte, die rund um die Themen Ressourcen- und Energieeffizienz forschen. Nicht ganz ohne Kopfzerbrechen war auch die Statik des Neubaus mit rund 2600 Quadratmetern Bruttogeschossfläche zu erstellen.

Unter dem Dach des Technikums sucht man die erwartbaren Stahlträger vergeblich – und das, obwohl auf dem Dach nicht nur ein 40 Zentimeter hoher Warmdachaufbau lastet, sondern auch noch ein Freiluft-Labor mit Großgeräten, wofür 400 Kilogramm Last pro Qua-dratmeter errechnet wurden. So wurde aus dem Dach gleichsam eine Decke.

Die liegt auf den gut 2,50 Meter hohen Fachwerkträgern aus Bau-Buchenholz und Nebenträgern aus Brettschichtholz. Die leistungsstarke Buche wurde dort verbaut, wo sie ihre statische Stärke ausspielen kann. „Bau-Buche hat eine besonders hohe Zug- und Druckfestigkeit“, sagt die Tragwerksplanerin Sabine Ott vom Büro Mohnke Höss. Deswegen habe man für die große Spannweite relativ schlanke Querschnitte hinbekommen. Auf Durchbiegung aber liefert Brettschichtholz aus Nadelbäumen ähnliche Werte wie Buche, ist aber preiswerter. So kam es auch allein beim Thema Holz schon zu einem doppelten Hybridtragwerk.

In der stützenfreien, 900 Quadratmeter großen Halle überspannt die Konstruktion bis zu 18 Meter. Das Dach fußt auf in Außenwände integrierte Holzstützen, die 60 mal 26 Zentimeter mächtig sind und zur Aussteifung auch große Diagonal- oder V-Stützen haben. Zu drei Seiten. Zur vierten grenzt das Technikum an den Bürotrakt.

Und gerade an diesem Treffpunkt wurde die Spannweite noch einmal spannend: Wie sichert man statisch die Stelle, wo die Fachwerkträger der Decke an die Betonwand des Bürotrakts anschließen? Die Queraussteifung muss zwar verbunden, aber auch elastisch sein. Das Büro Mohnke und Höss plante einen verschieblichen Anschluss mit Knaggen. Dabei sind die Obergurte der Konstruktion nicht an die Wand angedübelt, sondern können sich in der Horizontale bewegen.

Dass der Brandschutzgutachter auch noch einen möglichen Teil-Abbrand des Holztragwerks in die Pläne führte und die Träger diesen auch noch abfedern mussten, ist hingegen Alltag für Tragwerksplaner. So wurde die Holzkonstruktion mächtiger, als sie es statisch hätte sein müssen.

Auch war zu berücksichtigen, dass die Decken und Wände im Bürotrakt bauteilaktiviert sind – die Nutzer mit ihnen also kühlen oder heizen können. Damit liegen in den Decken Wasserrohre, die zwar belastbar Wärme und Kühlung bringen können, statisch aber eine Null sind. Auch die Bodenplatte des Technikums ist aktiviert.

Zum Gebäude- und Energiekonzept zählen zudem eine Gebäudehülle in Passivhausstandard mit sommerlichem und winterlichem Wärmeschutz, Solaranlage (30kWp), Grundwasser-Wärmepumpe, Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung und eine Smart Grid-Einbindung von Büro und Technikum, sozusagen ein cleveres Stromnetz.

„Bauen mit Holz liegt derzeit ja im Trend“, sagt Büroinhaber Martin Mohnke, „hier aber war das Besondere, dass bei einem dem Industriebau ähnlichen Gebäude Bau-Buche zum Einsatz kam, das hat durchaus innovativen Charakter“. 

Foto: © Bernhard Stauss, Freiburg