Der Zinssprung und die Folgen – S-Immo beobachtet sinkende Nachfrage Bauen & Wohnen | 21.09.2022 | Lars Bargmann

Sonnhalde-Waldkirch Seltenes Gut: Beim Projekt Sonnhalde in Waldkirch hat die S-Immo noch mehrere Wohnungen zu verkaufen.

Beim größten Makler in Südbaden, der Immobiliengesellschaft der Freiburger Sparkasse, lässt die Nachfrage nach neuen oder gebrauchten Wohnungen leicht nach. Und parallel sinkt im S-ImmoCenter auch die Zahl der Anfragen nach Baufinanzierungen. Der tragende Grund dafür ist der Zinsanstieg von einem auf drei Prozent. Bei mehreren Kaufwilligen klappt die Finanzierung derzeit gar nicht mehr.

Gerade Kunden mit wenig Eigenkapital müssen bei einer neuen Baufinanzierung mit einer viel höheren Rate rechnen. Dorothea Müller, die Leiterin des S-ImmoCenters, erzählt auch, dass manche Kunden, die im vergangenen Jahr noch eine Probefinanzierung durchgespielt haben, sich die Immobilie in der gewünschten Größenordnung jetzt nicht mehr leisten können. Andere, die sich nun aktuell erstmals mit einem Kauf beschäftigen, „müssen wir enttäuschen, weil eine Finanzierung nicht darstellbar ist“.

Bei den Anschlussfinanzierungen sei indes bei den meisten kein Drama zu erwarten: „Die monatliche Rate verändert sich trotz gestiegener Zinsen kaum, weil die Darlehensbeträge durch die Tilgung in den letzten Jahren schon deutlich reduziert wurden.“ So werde der höhere Zinssatz durch den niedrigeren Darlehensbetrag ausgeglichen.

Insgesamt merken sowohl Müller als auch Oliver Kamenisch, der Geschäftsführer der S-Immo, dass etwas Druck aus dem Kessel entweicht. Das Haushaltseinkommen wird einerseits durch teurere Finanzierungen, andererseits durch die Inflation belastet. „Dies führt auf jeden Fall dazu, dass die Interessenten den Kauf einer Immobilie teilweise zurückstellen“, berichtet Kamenisch. Nicht nur bei Selbstnutzern führe dies zwangläufig zu weniger Nachfrage. Auch Kapitalanleger seien zunehmend zurückhaltender, da sie bei steigenden Zinsen auch andere Anlagealternativen finden.

Wie Eigentümer von gebrauchten Immobilien auf die rasant gestiegenen Energiepreise reagieren, bleibe abzuwarten. Wenn diese die Nebenkostenabrechnungen für 2022 erhalten, sei durchaus vorstellbar, dass sie dann den Verkauf ihrer Immobilie ins Auge fassen. „Bisher konnte man es sich noch leisten, nach Auszug der Kinder im großen Haus zu wohnen, da man sich ja lange Jahre dort wohl gefühlt hat. Eine hohe Gasrechnung könnte durchaus zu einem Umdenken führen.“ So vermutet der Geschäftsführer, dass es in 2023 zu „spürbar mehr Angeboten“ kommen dürfte. 

Noch wirken sich Zinsentwicklung und Inflation zwar nicht auf die Immobilienpreise aus, aber die hohe Nachfrage lässt langsam nach und damit auch die starke Markt- oder Verhandlungsposition der Verkäufer. Während manche Makler schon öffentlich von sinkenden Preisen sprechen, hält Kamenisch den Ball flach: „So weit würde ich in der Prognose noch nicht gehen wollen.“

Allerdings bremst das Zinsumfeld auch das Angebot. „Ich gehe davon aus, dass die Neubautätigkeiten zurückgehen werden. Gerade größere Bauvorhaben stellen für viele Bauträger aktuell erhebliche Risiken dar“, so Kamenisch. Erst wenn die Bauträger wieder eine gewisse Verlässlichkeit bei den Baupreisen und der Verfügbarkeit von Materialien haben, würden die Erstpräsentationen von Neubauprojekten wieder zunehmen. Allenfalls bei kleineren Projekten mit bis zu 15 Einheiten sieht er derzeit noch Chancen. 

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