Käufer ziehen vor den Kadi: Klage gegen Heitersheimer Rathaus Bauen & Wohnen | 23.04.2021 | Lars Bargmann

Bebauungsplaan Staaden III: Belastete Böden, belastete Stimmung

Nachdem alle Schlichtungsversuche gescheitert sind, landet der Streit um rechtlich fragwürdige Grundstückskaufverträge zwischen der Stadt Heitersheim und privaten Käufern (wir berichteten exklusiv) nun vor dem Gericht.

Die Staufener Baurechtsspezialistenkanzlei Steiger, Schill & Kollegen vertritt dabei neun Parteien. Es geht um Schadensersatz in sechsstelliger Höhe. Parallel ermittelt derweil die Freiburger Staatsanwaltschaft gegen den früheren Bürgermeister Martin Löffler.

Das Rathaus hatte in 19 Kaufverträgen mit privaten Käufern erklärt, dass ihm „schädliche Bodenveränderungen und Altlasten des Grundstücks nicht bekannt sind“. Unterzeichnet wurden sie 2019. Schon drei Jahre zuvor aber hatte das Freiburger Büro HPC fürs Rathaus ein Bodengutachten erstellt. „Aufgrund eines starken Bleigehalts in der Probe MP1 sind die Auffüllungen abfalltechnisch in eine Qualitätsstufe höher als Z2 einzuordnen“, heißt es darin etwa. Z2 ist die höchst belastete Kategorie. Der Bodenaushub könne keinesfalls ohne weitere Prüfungen entsorgt werden.

Das bestätigte sich: Einige Käufer wollten den Aushub in der Region entsorgen, wurden aber wieder nach Hause geschickt: zu hoch belastet. Sodann wandten sie sich an Steiger, Schill & Kollegen. Durch einen Bericht im Magazin „Bauen & Wohnen“ wurde die Angelegenheit öffentlich. Die Fraktion „Zusammen für Heitersheim“ (ZfH) zitierte in der Amtsblattausgabe vom 2. Oktober aus dem Artikel „Rechtsstreit im Rathaus“. „Dieses rechtswidrige Vorgehen ist unserer Stadt unwürdig. ZfH fordert Aufklärung und die Benennung der Verantwortlichen. Regressforderungen gegen diese müssen nun juristisch eingeleitet werden“, so Fraktionssprecher Bernhard Walz.

Am 8. Dezember machte Schill dem Anwalt des Rathauses, Tobias Lieber von der Kanzlei Fridrich Bannasch & Partner, den ersten Vergleichsvorschlag: Das Rathaus gibt 30 Prozent Nachlass auf den Kaufpreis und übernimmt die Anwaltskosten der Käufer und diese zahlen für die Entsorgung des belasteten Materials 30 Euro pro Kubikmeter an die Stadt. Diesen Preis hatte das Rathaus nach der ersten Veröffentlichung angeboten. Allerdings ohne eine Reduzierung des Kaufpreises.

Oder: Das Rathaus gibt 20 Prozent auf den Kaufpreis und übernimmt die Entsorgung selbst. Am 21. Januar schrieb Lieber zurück, dass der Gemeinderat das Angebot ablehne, aber ein Gegenangebot mache: Zehn Prozent Nachlass auf den Kaufpreis, verrechnet mit den 30 Euro pro Kubikmeter Aushub. Ausgenommen seien jene Käufer, die das Bodengutachten zum Zeitpunkt des Notartermins nachweislich gekannt haben – was nebenbei bemerkt die umstrittenen Kaufverträge aber auch nicht besser machen würde.

Am 3. Februar antwortete Schill, dass seine Mandanten das Gegenangebot ablehnen. Bevor sie nun die Klage anstrengten, schlagen sie als finalen Vergleichsversuch vor: 15 Prozent auf den Kaufpreis, die Gemeinde kommt für die Entsorgung und die Anwaltskosten auf. Drei Wochen später meldete Lieber, dass der Gemeinderat auch das abgelehnt habe. „Wir werden nun nach Ostern eine Feststellungsklage einreichen“, sagt Schill. Das Gericht möge darin den Grund und auch die Höhe des Schadens feststellen.

Parallel ermittelt in der Sache auch die Freiburger Staatsanwaltschaft, wie die Erste Staatsanwältin Martina Wilke auf Anfrage bestätigt. Und zwar gegen den früheren Heitersheimer Bürgermeister Martin Löffler, unter dessen Amtszeit die Kaufverträge seinerzeit protokolliert worden waren. Anlass ist ein der Redaktion vorliegendes strafrechtliches Gutachten der Kanzlei Gillmeister Rode Schmedding. Darin heißt es: „Der Abschluss der Kaufverträge erfüllt sowohl die Voraussetzungen eines Betruges als auch einer Untreue.“ Löffler ist seit Januar 2020 Bürgermeister der Stadt Müllheim. Sein Nachfolger Christoph Zachow hat das Gutachten von sich aus zur Prüfung an die Staatsanwaltschaft geschickt. „Die Ermittlungen dauern an“, so Wilke. Ob sich dabei ein „hinreichender Tatverdacht für strafbares Verhalten ergibt“, sei noch offen.

Montage: business im Breisgau; Map: © DE/BKG, GeoContent, Maxar Technologies, 2020; Bebauungsplan: Stadt Heitersheim