Kommentar: Schräge Studie Bauen & Wohnen | 18.08.2020 | Lars Bargmann

Preiswert wohnen: In dem Stadtbau-Gebäude mit 89 öffentlich geförderten Wohnungen am Schildacker kostet der Quadratmeter 6,51 Euro.

Das Portal Immowelt wollte­ mal wieder in die Medien. Und so geschah es: Die Experten filterten die Mietangebote aus dem ersten Halbjahr raus, knüpften diese an die Nettogehälter (Angaben von der Bundesarbeitsagentur) einer vierköpfigen Modellfamilie und schon war die Schlagzeile fertig: Freiburger müssen bis zu 48 Prozent ihres Haushaltseinkommens für die Miete ausgeben! Das ist Top 3 im Ranking der teuersten Städte – vor allem aber einigermaßen schräg.

Nach der „Studie“ kostete eine 80- bis 120-Quadratmeter-Wohnung in Freiburg 1290 Euro, inklusive 217 Euro Nebenkosten. Nur wer keinen Berufsabschluss hat, aber eine vierköpfige Familie unterhält, müsste 48 Prozent des Haushaltseinkommens dafür aus dem Portemonnaie holen. Auf wen das zutrifft, der möge sich bitte mal bei uns in der Redaktion melden. Wer einen Abschluss hat, blättert demnach 38 Prozent hin, Akademiker immerhin 30 Prozent.

Ohne Nebenkosten kosten 100 Quadratmeter 1073 Euro. Das trifft bei vielen Mieten in Freiburg sicher zu. Ebenfalls zutreffend ist aber, dass die durchschnittlichen Mieten beim Bauverein Breisgau Ende 2019 bei 6,93 Euro lagen, bei der Familienheim Freiburg bei 7,09 Euro, bei der Heimbau bei 7,10 Euro und bei der Freiburger Stadtbau bei 6,39 Euro. Zusammen haben allein diese vier Wohnungsgeber 18.000 Wohnungen – mit nur geringen Anteilen außerhalb der Stadt.

Es kommen aber überhaupt nur Wohnungen aufs Portal, die neu vermietet und nicht unter der Hand weitergereicht werden. In Stuttgart soll dieselbe Modellwohnung übrigens günstiger (1270 Euro) als in Freiburg sein. Wer je in Stuttgart Wohnraum für den studierenden Nachwuchs nebst Anhang gesucht hat, mag da nur milde lächeln.

Da in Freiburg zudem stolze zehn Prozent der Bevölkerung eine Immatrikulationsbescheinigung von einer Hochschule haben, wird die prozentuale Quote von Einkommen zu Miete hier immer ein bisschen höher sein. Sparfuchsigen Akademikern, die nur 13 Prozent ihres Einkommens für die Miete bezahlen wollen, sei derweil ein Umzug in die Stadt Remscheid empfohlen. Wer die Immowelt-Zahlen für repräsentativ hält, baut gerne mal auf Sand.

Eine chilli-Anfrage, wie viele Freiburger Mietangebote ausgewertet wurden, beantwortete ein Immowelt-PR-Manager wie folgt: „Fallzahlen für einzelne Städte veröffentlichen wir nicht.“ Insgesamt seien aber über 65.000 Inserate für Wohnungen mit 80 bis 120 Quadratmetern ausgewertet worden.

Einen Tag nach der Veröffentlichung der Immowelt-Studie flatterte schon das nächste Ranking auf den Redaktionstisch. Holidu, die Suchmaschine für Ferienhäuser, hat „ermittelt“, in welchen Städten das beste Sommer-Feeling aufkommt. Dafür wurden die Sonnenstunden, die durchschnittliche Temperatur in den Sommermonaten, die Zahl an Freibädern und tatsächlich auch die der Eiscafés recherchiert. Auch hier erreichte Freiburg einen Platz in den Top Ten. Es war der achte.­ Chemnitz landete auf Rang 5. Hat mehr Eisdielen. Schräg.

Foto: © Freiburger Stadtimmobilien GmbH Co. KG, Barbara Heß