Kriegsflüchtlinge im Baumarkt: Unmüßig überlässt dem Land 10.000 Quadratmeter Bauen & Wohnen | 17.08.2022 | Lars Bargmann

Geplante Wohnungen auf dem alten OBI-Markt in St. Georgen So soll es mal aussehen: 250 Wohnungen sind auf dem alten OBI-Markt in St. Georgen geplant.

Die Unmüssig Bauträgergesellschaft Baden hilft dem Land Baden-Württemberg bei der Unterbringung von Geflüchteten: Projektentwickler Peter Unmüßig überlässt dem Regierungspräsidium Freiburg (RP) kostenlos das ehemalige OBI-Gelände in St. Georgen. Dort wird die Behörde eine temporäre Notunterkunft für bis zu 800 Geflüchtete aus der Ukraine einrichten, die im Oktober in Betrieb gehen wird. „Wir hätten die 10.000 Quadratmeter auch für fünf Euro an einen Logistiker vermieten können“, sagt Unmüßig. Verantwortung zu übernehmen sei aber jetzt wichtiger.

In seinem Kerngeschäft liegt die Verantwortung derzeit darin, sehr vorsichtig mit neuen Projekten zu sein. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich in den vergangenen Monaten maßgeblich geändert: hohe Baupreise, Verzögerungen auf Baustellen, die gestiegenen Zinsen. „Viele Häuslebauer werden Probleme bekommen, es können nicht mehr alle kaufen, das ist vor allem für junge Menschen eine unschöne Situation.“

Unmüßig prognostiziert, dass die Grundstückspreise fallen werden. Auch in Freiburg. Ihm seien jetzt schon mehrere Grundstücke mit Baugenehmigungen angeboten worden. „Aber wir kaufen nur, wenn der Preis der aktuellen Marktsituation angepasst ist.“ Der Projektentwickler glaubt, dass die Baupreise erst in der zweiten Jahreshälfte 2023 wieder kalkulierbar und vernünftiger werden: „Deswegen werden wir in diesem Jahr keine Verträge mehr mit Generalunternehmern unterzeichnen.“

Die Unmüssig-Gruppe baut traditionell vor allem für institutionelle Anleger. Die aber finden nun auch wieder andere Anlagealternativen zu Immobilien, die in der Niedrigzinsphase nur zwei, drei Prozent Rendite brachten. Die Zeiten, in denen Investoren das 35-fache der Jahresmiete bezahlen – die Firmengruppe hat mehrere Großobjekte sozusagen fünf vor Zwölf noch mit hohen Faktoren platziert –, seien vorbei. „Also müssen auch wir wieder besser werden, um vier oder fünf Prozent anbieten zu können.“

Hier sei nicht zuletzt die öffentliche Hand gefordert. „Die Kommunen, die Monopolisten bei der Bereitstellung von Bauland, müssen mehr Dichte erlauben und auf unnötige Auflagen verzichten, dann kann man auch preiswerter Wohn- und Gewerbeflächen an den Markt bringen.“

Im Freiburger Neubaugebiet Kleineschholz würde Unmüßig „gerne“ bauen, versteht aber die städtische Vorgabe nicht, die Grundstücke ausschließlich an „gemeinwohlorientierte“ Akteure zu vergeben. „Wir machen seit Jahrzehnten geförderten Mietwohnungsbau.“ Allerdings finanziere „keine Bank der Welt“ ein Bauvorhaben, das in der Kalkulation in der Spalte Gewinne eine null stehen habe.

Aber auch Unmüßig braucht immer wieder neue Projekte, um das große Rad am Laufen zu halten. So akquiriert er gerade ein Hochhaus in Düsseldorf, in Karlsruhe ein denkmalgeschütztes Ensemble unweit des Motel One, das Unmüßig ebenfalls baut, und in Lörrach hat er ein Grundstück – auf dem der Rohbau schon steht – aus einem drohenden Konkurs gekauft.

Ähnlich war es auch beim Green City Tower auf dem Güterbahnhof. Dort sind die Arbeiten nun nach viel Verzögerung in der Endphase. Annabell Unmüßig wird rund um den 20. Oktober im Turm das Boardinghouse Black F eröffnen, zum Jahreswechsel würden auch die anderen Flächen fertig sein. „Da haben wir uns förmlich von Gewerk zu Gewerk gequält“, erzählt Unmüßig.

Beim Obi-Markt in St. Georgen sind 250 Wohnungen (für Studierende bis hin zu Senioren) geplant, die auf einem Gewerbegeschoss mit einem Mix aus Fitness und Friseur, Apotheke und Tagespflege, Bäckerei und Metzgerei stehen. Hier wartet Unmüßig auf einen Bebauungsplan. Er wird sich aber nicht verpflichten, 50 Prozent öffentlich geförderten Mietwohnungsbau – so lautet ein Gemeinderatsbeschluss – zu machen. Denn er verzichte auf die mögliche bauliche Ausnutzung für gewerbliche Flächen, und wenn das Rathaus lieber Wohnungen möchte, habe er hier keinen Planungsgewinn. Zunächst aber kommen hier jetzt für ein, zwei Jahre ukrainische Flüchtlinge unter.

Visualisierung: © WWA Architekten