Roundtable mit Experten: Von Great place to work und Streit Service & Solution Bauen & Wohnen | 20.09.2020 | chilli

Homeoffice; Kulturtankstelle

Viele Experten sind sich ­sicher, dass das Homeoffice künftig ein dominanterer Teil der Arbeitswelt wird. Doch wie sieht die nach Corona aus? Wie wird die Zusammenarbeit der Beschäftigten funktionieren? Wie kann das Büro für die Mitarbeitenden zur Kulturtankstelle werden und zur Mitarbeiterbindung beitragen?

Das Forschungsinstitut Great place to Work und der Hausacher Büro­dienstleister Streit, mit Freiburger Sitz in der Lokhalle, hatten unlängst zum digitalen Workshop eingeladen. „Wir werden eine neue, veränderte Unternehmenskultur mit und nach Corona benötigen.“ So eröffnete Andreas Schubert, geschäftsführender Gesellschafter von Great place to Work, den Workshop. Digitalisierung und eine neue Art der Führung seien zentrale Themen, um auch in der Zukunft erfolgreich zu agieren.

Aus mehreren Studien geht hervor, dass sich die Arbeitnehmer künftig weitere Homeoffice-Möglichkeiten wünschen. Schubert stellte fünf Thesen auf:

1. Das Homeoffice wird „New Normal“ und ein echter Konkurrent zur Arbeit: Ein fehlendes Homeoffice-Angebot kann in Zukunft ein Wettbewerbsnachteil am Arbeitsmarkt sein. Unternehmen und HR-Abteilungen werden durch die neue Flexibilisierung gefordert, denn die Flexibilität fordert verstärkt betriebliche Regelungen und Vereinbarungen.

2. Abgestimmte digitale Tools und Infrastruktur sind Voraussetzung: Die Systeme müssen das hybride Arbeiten (Homeoffice und Büro) unterstützen. Schubert geht daher von steigenden Investitionen in IT-Infrastruktur aus.

Wenn das schönste Büro zur leeren Hülle wird

3. Anstelle von Präsenzkultur tritt Vertrauenskultur: Führung durch Kontrolle wird in der neuen dezentralen Struktur nicht mehr funktionieren. Agile Arbeitsweisen seien mehr denn je gefordert. Unternehmen müssen Führungskräfte unterstützen, eine neue Kultur zu etablieren, die Mitarbeitende für eine höhere Eigenverantwortung und -steuerung und -entscheidung unterstützt.

4. Das schönste Büro wird zur leeren Hülle, wenn die Kultur dazu nicht stimmt: Damit das funktioniert, müssten „NewWork“ und neue Raumkonzepte mit der Entwicklung der Unternehmenskultur einhergehen. Parallel zur Konzeption neuer Räume muss auch die Kultur systematisch entwickelt werden. Mitarbeitende müssen hierbei befragt und eingebunden werden.

5. Das Büro muss zur Kultur-Tankstelle werden, wo Unternehmenswerte durch gute Interaktion erlebbar werden: Hierzu sollte der Raum die Beziehungsqualität (Begegnung, Austausch, Innovation, aber auch Raum für vertrauliche Gespräche) unterstützen und die Unternehmenskultur sollte im Raum spürbar sein: in der Architektur, der Möblierung, der Arbeitsplatzgestaltung, bei den Raumangeboten oder auch der Bilderwelt.

Clemens Imberi, Leiter der Business Unit Streit inhouse, ist sich sicher: „Wir brauchen unsere Büros als Kulturtankstelle und soziale Heimat der Arbeitnehmer“. Es gehe auch um den wichtigen Kontakt untereinander und den kollegialen Austausch. Durch die zunehmende Flexibilisierung und das Etablieren von agilen Arbeitsweisen müssten auch die Raumkonzepte den Anforderungen gewachsen sein. „Wir sehen die Zukunft in Multispace-Büros“, so Imberi. In Büroflächen also, die je nach Anforderung einfach und flexibel auf die jeweiligen Bedürfnisse adaptiert werden können.

Streit nahm auch am bundesweiten Forschungsprojekt „PRÄGEWELT“ teil. Dabei untersuchten Experten von 2016 bis 2019 die Auswirkungen der veränderten, offenen Bürostrukturen. In der nun erschienenen Projektbroschüre „Open Space. Besser machen“ sind 22 Unternehmen gelistet, die sich durch einen interdisziplinären Forschungsverbund (Soziologie, Psychologie, Architektur) untersuchen ließen. Streit-Mitarbeiter waren demnach deutlich zufriedener mit ihren Open Spaces als eine Vergleichsgruppe. Die offene Arbeitswelt in Hausach fördere besonders Teamarbeit, Kommunikation, Offenheit und Gemeinschaftsgefühl, heißt es. Nun, wer Arbeitswelten für Kunden kreiert, der sollte auch vor seiner eigenen Haustür nicht Halt machen.

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