Tauziehen und Leuchtturmprojekt – Unmüßig und Rathaus noch nicht einig Politik & Wirtschaft | 17.02.2020 | Lars Bargmann

Es ist nun schon ein Jahr her, dass Peter Unmüßig den Rohbau des Smart Green Tower am Güterbahnhof vom Architekten Wolfgang Frey übernommen hatte. Passiert ist seither wenig: Den nötigen Nachtrag zur Baugenehmigung hatte Unmüßig schon vor Monaten ins Dezernat von Baubürgermeister Martin Haag geschickt. Doch der ist immer noch nicht genehmigt. „Da gibt es noch Gespräche bezüglich der Fassade“, sagt Haag.

Unmüßig hat die von Frey entworfenen Fassaden, die so viele Solarpaneele trugen, dass man schon um die Aussicht der Nutzer bangen musste, vereinfacht. Vom ursprünglichen Konzept ist nicht alles geblieben (etwa Aquaponik, Grauwasserversorgung, Gleich- und Wechselstromkreise), aber das Wichtigste (Solarmodule und ein intelligenter Batteriespeicher zur Quartiersversorgung). Und hier beginnt nun der Deutungsstreit: Reicht das neue Konzept, um vom Rathaus oder auch der Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH (FWTM) weiter als „Leuchtturm“ oder „Vorzeigeprojekt“ befördert zu werden?

Gespräche hinter den Kulissen

„Es ist gut, dass Unmüßig das angepackt hat, aber das Gebäude ist so hoch und so markant, dass es den Anspruch an ein Vorzeigeprojekt auch erfüllen muss, nicht zuletzt an der Fassade“, sagt Haag. Unmüßig rechnet vor, dass die jetzige Fassade immer noch „eine Million Euro teurer ist als eine normale“ und fragt sich, warum er dieses Geld investieren soll, wenn weder Stadt noch FWTM das Projekt unterstützen. Im Gegenteil, die FWTM habe den Turm sogar von der Homepage (visit.freiburg.de) genommen, auf der Vorzeigeprojekte der Green City gelistet sind.

Das bestätigt FWTM-Geschäftsführerin Hanna Böhme: „Ich weiß aktuell nicht, ob das noch ein Leuchtturm ist oder nicht.“ Die Frage müsse jemand beantworten, der die nötige Expertise hat. Sie wünsche sich ein „innovatives Solarfassadenkonzept“, das etwa als Modell für den Dietenbach tauge. Vermarktungsgefallen könne die FWTM nicht machen.

51 Meter hoher Turm mit Aussicht: Am Eingang zum Güterbahnhof sollen 57 Apartments, ein Boardinghouse mit 65 Apartments sowie 7000 Quadratmeter Büroflächen entstehen. Noch ist offen, wie es weitergeht. Das Investitionsvolumen liegt bei 50 Millionen Euro.

 

Ein anerkannter Experte dürfte für Unmüßig nicht schwer zu finden sein, habe er doch die Kooperationen mit dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme, der Badenova, Siemens und dem Batteriehersteller ads-tec GmbH fortgeführt. Hinter den Kulissen laufen jedenfalls derzeit Gespräche mit dem Stadtplanungsamt und bald auch mit Böhme. Dass Unmüßig in den drei Gebäuden etwas mehr Flächen nutzbar machen will, sei, so Haag, nicht das Problem.

Die zu beantwortende Kernfrage: Wie kann der Tower seiner herausragenden Kubatur auch inhaltlich gerecht werden? Nicht vergessen sollten Rathaus und FWTM dabei, dass Frey das Projekt nicht freiwillig abgegeben hat. Nur eine wirtschaftliche Lösung wird dem derzeit bekanntesten Freiburger Betonbau seinen mahnenden Ausdruck nehmen.

Visualisierung: © Unmüßig