Tradition im Trend: Holzbauten sind im Kommen Bauen & Wohnen | 05.11.2021 | Tanja Senn

Weißtannenschindelhaus

In Deutschland ist fast jeder fünfte Neubau aus dem nachwachsenden Rohstoff. Die hohen Holzpreise könnten dieser für den Klimaschutz so wichtigen Entwicklung jedoch einen Dämpfer verpassen.

116 neue Wohnungen bilden im Freiburger Süden das größte Holzbauprojekt der Stadt. In Lörrach soll das erste klimaneutrale Gewerbegebiet Deutschlands in Holzbauweise entstehen. Und in Pforzheim wird gerade das Hochhaus CARL gebaut – das höchste Holzgebäude Baden-Württembergs. Es sind drei von unzähligen Bauvorhaben, die zeigen: der traditionelle Baustoff liegt im Trend. So wurden 2019 im Ländle mehr als ein Drittel aller Genehmigungen für Holzbauten ausgestellt.

Kein Wunder, schließlich sind die Vorteile mannigfaltig. Die Bauzeiten sind kürzer, zudem bieten die Häuser einen guten Dämmschutz, mehr Platz durch die dünneren Wände und ein gesundes Raumklima. Auch der Brand- und Schallschutz steht professionell ausgeführten Holzbauten nicht im Weg.

Die enormen Kosten für Schnittholz könnten dem Trend nun jedoch schaden. „In den letzen Monaten war die Situation dramatisch“, erzählt Christian Lehmann, Planer und Inhaber von lehmann_holz_bauten aus St. Georgen. „Im Schwarzwald gibt es zahlreiche Holzbauer, die aufgrund der hohen Materialkosten bei vollen Auftragsbüchern Minus machen. Für manche Firmen ist das existenzbedrohend.“ Der Grund: Die großen Sägewerke im Schwarzwald, die vorher fast nur regionale Abnehmer hatten, seien von Importeuren aus China oder Nordamerika überrollt worden, die ihre Ware zum dreifachen Preis gekauft haben. „Denen wurde das Holz aus der Hand gerissen“, weiß der Holzbauer.

Weißtannenschindelhaus

Typisches Schwarzwaldholz: Die Weißtanne verleiht diesem Ferienhaus in Hofsgrund, das von lehmann_holz_bauten gebaut wurde, seinen besonderen Charme.

30 Tonnen CO2 pro Haus

Aktuell beruhige sich der Markt zwar wieder, doch die alten Preise werde es nicht wieder geben. Für manche Bauherren sei das ein Grund, berichtet Lehmann, Alternativen für bereits geplante Holzgebäude zu suchen.

Es ist ein Schritt zurück, denn das wohl wichtigste Argument für heimische Hölzer ist der Beitrag zum Klimaschutz: In Holzhäusern wird über Jahre hinweg Kohlenstoff gebunden. So sind in dem Holz, das für ein durchschnittliches Einfamilienhaus verwendet wird, rund 30 Tonnen CO2 gespeichert.

Auch dem Wald schadet der Boom der Holzindustrie nicht, weiß Thomas Fillbrandt, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Professur für Forstliche Verfahrenstechnik an der Uni Freiburg. Nahezu im gesamten Schwarzwald werde eine nachhaltige Forstwirtschaft betrieben, bei der dem Wald nur einzelne Bäume entnommen werden. Die Lücken schließen sich durch nachwachsende Pflanzen von alleine.

Dass man gerade in den Wäldern des Südschwarzwalds immer wieder auf kahle Flächen stößt, hängt hingegen mit der andauernden Trockenheit zusammen. Vor allem die Fichte – der durch die großen Monokulturen in der REGIO wichtigste Baum für den Holzbau – leidet unter Wasserstress, der den Nadelbaum besonders anfällig für den Befall von Borkenkäfern macht. „In fünf bis zehn Jahren werden die Fichten knapp“, prognostiziert der Forscher.

Mehrere Initiativen suchen daher intensiv nach Alternativen, die den kommenden Klimawandel besser überstehen. Doch egal ob Weißtanne, Buche, Douglasie oder Kiefer – jeder dieser Bäume bringt auch Nachteile mit sich. „Wir dürfen deswegen keinesfalls den Fehler machen, wieder eine einzige Art als Monokultur zu pflanzen“, warnt Fillbrandt. „Denn ob ein Baum mit den sich ändernden Klimabedingungen zurechtkommt und sich hier auch im höheren Alter noch wohlfühlt, wissen wir erst in 70 bis 80 Jahren.“

Fotos: © lehmann_holz_bauten