Der Musk-Effekt – Nach dem politischen Outing des Milliardärs befindet sich Tesla im freien Fall business im Breisgau | 21.05.2025 | Philip Thomas & Lars Bargmann

mit blauer Farbe besprühter Tesla-Standort Statement in Farbe: Aktivisten der „Neuen Generation“ haben den Tesla-Standort in Gundelfingen mit blauer Farbe besprüht

Nach Anfeindungen auf offener Straße und Angriffen auf Showrooms in Südbaden versuchen zahlreiche Auto­besitzer, ihren Tesla – auch unter Wert – loszuwerden. Andere distanzieren sich per Aufkleber von Firmenboss Elon Musk. Europaweit sind die Verkaufszahlen des einstigen Vorzeigefahrzeugs eingebrochen. Die Tesla-Pressestelle antwortet nicht auf Anfragen.

Mit Zahnseide, Föhn und Fingernagel wird das ehemalige Symbol für moderne und umweltverträgliche Mobilität von der Motorhaube gekratzt: das Tesla‑Emblem. „Debadging“ nennen tausendfach geklickte Internetvideos diese Praxis. Wiederum andere Fahrzeughalter fügten ihrem Elektroauto noch einen Aufkleber hinzu. „I bought this before Elon went crazy“, lautet etwa die Botschaft der Sticker, die auch auf Südbadens Straßen zu sehen sind. Oder auch FCK ELN.

Hergestellt und verkauft werden die Anti-Elon-Folien unter anderem von Patrik Schneider aus Pforzheim. „Im September wurde ich an einer Tankstelle angemacht und Trump-Supporter genannt, dabei habe ich damit gar nichts zu tun“, erinnert er sich. Weil er von seinem Tesla aber überzeugt war, kam dem Grafikdesigner die Idee, sich per Statement vom Milliardär zu distanzieren.

Nachdem Elon Musk kurz nach der Amtseinführung von Donald Trump bei einer Rede eine Armbewegung machte, die getrost als Hitlergruß verstanden werden darf, explodierte die Nachfrage nach den Klebern. „Wir haben pro Tag 1000 Sticker verkauft, insgesamt 20.000 in zwei Monaten“, sagt Schneider. Neben Bestellungen gingen aber auch Drohungen bei ihm ein: „Ich war Hass und Hetze ausgesetzt, unser Auto wurde beschmiert.“

Opfer von Farb-Attacken wurden in diesem politisch aufgeladenen Konflikt auch die Tesla-Showrooms im Freiburger Gewerbegebiet Haid und Gundelfingen. Auf dem Gehweg vor dem Tesla-Showroom in Freiburgs Westen prangt zum Redaktionsschluss ein noch lesbares Graffito: „Elon Musk is a Facist“. Bis auf vier Fahrzeuge mit Berliner Kennzeichen ist der Parkplatz an der Burkheimer Straße wie leergefegt.

Denn Musk ist unmittelbar mit Tesla verknüpft. Er ist das Gesicht und das lautstarke Sprachrohr der Marke. Und hatte in der Vergangenheit auch Verkaufsargumente, findet Dominik Mutter, Projekt- und Bauleiter bei der Trötschler Industrie- und Gewerbebau GmbH mit Sitz in der March.

»Wurde blöd angepöbelt«

Steuerliche Vergünstigungen bringen dem 35-Jährigen 200 Euro netto im Monat. „Als Tesla auf den Markt kam, war das preis-leistungs-mäßig das sinnvollste Auto auf dem Markt“, sagt er. Heute sieht er seinen Firmenwagen mit anderen Augen: „Die Thematik Tesla mit Elon Musk hat sich deutlich zugespitzt. Ich hatte jetzt auch schon zwei Situationen, wo ich wirklich blöd angepöbelt wurde.“

Auch das Autohaus in Gundelfingen wurde Anfang April mit Farbe besprüht. Hinter der Tat steht die „Neue Generation“, ein Nachfolger der Letzten Generation. Die Freiburger Polizei geht jeweils von einem Schaden in Höhe von mehr als 10.000 Euro aus.

Laut den Aktivisten handelt es sich beim Anstrich um AfD-Blau. Firmenboss Musk hatte sich immer wieder in den deutschen Bundestagswahlkampf eingemischt. Ende Januar war der Milliardär zum Wahlkampfauftakt der vom Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremen“ Partei zugeschaltet und sicherte der AfD seine volle Unterstützung zu.

Musks politisches Engagement sorgte für eine Vollbremsung bei Tesla. Ein Blick in die Neuzulassungen beim Kraftfahrt-Bundesamt zeigt, dass hierzulande im März insgesamt 42.521 batteriebetriebene Pkw neu auf die Straße kamen. Das ist ein Zuwachs von 35,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat März. Tesla konnte davon allerdings nicht profitieren.

Im Gegenteil: Bei den Ami-Autos ging die Zahl im Vergleich zum März 2024 um 42,5 Prozent auf insgesamt 2229 Wagen zurück. Europaweit sanken die Verkaufszahlen des US-Autobauers im Vergleich zum Vorjahr um fast die Hälfte (49 Prozent), berichtet der europäische Autoherstellerverband ACEA.

Auch auf dem Gebrauchtwagenmarkt fährt Tesla hinterher. Viele Anbieter werden ihre Wagen nicht los: Ein Verkäufer, der aktuell seinen gebrauchten Tesla Model S Performance aus dem Jahr 2013 verkaufen und anonym bleiben möchte, sagt: „Wir haben es selbst erst vor einem halben Jahr gekauft und sind tatsächlich mit dem Preis schon einiges runtergegangen. Der Wertverlust des Autos aufgrund der politischen Situation ist wirklich enorm.“ Neu hat das Gefährt mit umgerechnet 789 PS einen Listenpreis von knapp 99.000 Euro. „Inzwischen wären wir bei 15.000 Euro bereit für einen Verkauf“, sagt er.

»Der Wertverlust ist wirklich enorm«

An der Börse legte der Konzern ebenfalls eine Vollbremsung hin. In den Tagen vor Trumps Amtseinführung am 20. Januar lag die Tesla-Aktie bei knapp 460 Euro. Zum Redaktionsschluss ist ein Papier rund 242 Euro wert. Um den sinkenden Kurs zu bremsen, rührten Musk und Trump Mitte März vor dem Weißen Haus die Werbetrommel für Tesla. Der Markt reagierte kaum. Vielleicht auch, weil laut einer Umfrage der American EV Jobs Alliance im November 44 Prozent aller Republikaner den Kauf von Elektrofahrzeugen grundsätzlich ausschließen.

Auto mit FCK ELN Sticker

Statement in Buchstaben: Immer mehr Tesla-Fahrer dokumentieren ihre Haltung zum Firmenchef.

Der Lack ist ab. Und der Autokonzern selbst schweigt zum Skandal, versucht den Sturm auszusitzen und scheint einen medialen Blackout verordnet zu haben: Auch auf Anfragen von business im Breisgau antwortet Tesla nicht. 

Fotos: © Neue Generation, Lars Bargmann