Die Kommunen sind gefordert: Mathias Hecht über Sinn und Unsinn der Grundsteuerreform business im Breisgau | 17.05.2019 | Lars Bargmann

Um die Grundsteuerreform wird weiter heftig gerungen. Nachdem das Bundesverfassungsgericht im April 2018 die Grundsteuer in der bisherigen Form für verfassungswidrig erklärt hatte, muss die Bundesregierung bis zum Jahresende eine Neuregelung finden.

Den Verantwortlichen ist entschlossenes Handeln zu empfehlen, denn wenn bis dahin kein neues Gesetz in Kraft tritt, fällt die Steuer ersatzlos weg und den Kommunen gehen jährlich 14 Milliarden Euro verloren. Allein in Baden-Württemberg sind es 1,7 Milliarden Euro.

Die Finanzminister von Bund und Ländern verständigten sich Anfang Februar über erste Eckpunkte für die Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts. Der Kompromiss beruht auf einem vom Bund favorisierten wertabhängigen Modell auf Basis durchschnittlicher Nettokaltmieten, beinhaltet aber auch Ansätze eines Flächenmodells – das vor allem die CSU in Bayern fordert.

Demnach knüpft die Bemessungsgrundlage für Wohngrundstücke an die durchschnittlichen Nettokaltmieten an. Ausnahmen sind vorgesehen bei Mieten, die von der durchschnittlichen Miete um mehr als 30 Prozent abweichen. Soweit für gemischt genutzte Grundstücke sowie Geschäftsgrundstücke weder tatsächlich vereinbarte Mieten vorliegen, noch ortsübliche ermittelt werden können, ist anstelle des Ertragswertverfahrens ein vereinfachtes Sachwertverfahren anzuwenden.

Ausgangspunkt für die Bewertung von Grund und Boden sind weiterhin die (bisherigen) Bodenrichtwerte. Die Finanzverwaltung kann ergänzende Vorgaben zur Bestimmung der Bodenrichtwertzonen machen, und die Gutachterausschüsse der Kommunen können Bodenrichtwertzonen zu noch größeren Zonen zusammenfassen. Das Baujahr ist für die Ermittlung des Grundstückswerts ein notwendiger Bewertungsparameter. Für ältere Gebäude genügt in der Steuererklärung die Angabe: Erbaut vor 1948.

Werden Schwarmstädte noch teurer?

Für die Grundsteuer A (Land- und Forstwirtschaft) wird ein Ertragswertverfahren eingeführt. Die Grundsteuer B betrifft alle sonstigen Grundstücke und Immobilien. Die Kommunen können zudem optional eine Grundsteuer C auf unbebaute baureife Grundstücke erheben. Die Reform soll, so Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), aufkommensneutral sein.

Zudem sollen die Mehrbelastungen für die Steuerzahler nicht wesentlich steigen. Der Bund rechnet damit, dass die Kommunen, die sich aufgrund der neuen Bewertungsgrundlagen ergebenden höheren Grundstückswerte für Eigentümer und Mieter, letztere sind über die Umlage der Grundsteuer auf die Mietnebenkosten indirekt belastet, über niedrigere Hebesätze ausgleichen werden. Allerdings sind sie hier unabhängig.

Gerade in Schwarmstädten wie Freiburg werden sich durch die Reform höhere Messbeträge ergeben. Um der Gefahr einer steigenden Steuerlast vor allem in solchen Ballungszentren zu begegnen, wurde nachträglich eine Regelung in das Eckpunktepapier aufgenommen, nach der für bestimmte Wohnungen (etwa für den sozialen Wohnungsbau oder für kommunale und genossenschaftliche Wohnungsgesellschaften) die Steuermesszahl abgesenkt werden soll.

Die Reformpläne werden dennoch nicht zu Unrecht stark kritisiert. Zum einen bestehen am jetzigen Entwurf verfassungsrechtliche Bedenken, weswegen Scholz einem Bericht der „Wirtschaftswoche“ zufolge vor der weiteren Beratung des Entwurfs Verfassungsrechtler hinzuziehen möchte. Zum anderen wird die Gefahr steigender Mehrbelastungen für den Steuerzahler als hoch eingeschätzt, da der Gesetzgeber keinen Einfluss und damit auch keine Garantien dafür habe, dass die Kommunen tatsächlich die höheren Grundstückswerte durch sinkende Hebesätze ausgleichen werden.

Die Kommunen sind hier gefordert, ihre Werkzeuge nicht zum Nachteil der Mieter einzusetzen. Zudem wird das gesamte Modell, bei dem 36 Millionen Grundstücke und Gebäude neu bewertet werden müssen, für zu bürokratisch gehalten.

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