134 Millionen Euro für den Klimaschutz – Bauverein Breisgau feiert 125-jähriges Bestehen Genossenschaften | 23.06.2024 | Lars Bargmann

Der Gründungsbau des Bauvereins an der Emmendinger Straße Hat sich gut gehalten: Der Gründungsbau des Bauvereins an der Emmendinger Straße.

Es war der 18. Februar 1899, als 119 Männer und 3 Frauen die Genossenschaft gründeten, die heute Bauverein Breisgau heißt. Seit jenem Tag vor 125 Jahren steht bezahlbares Wohnen für die Mitglieder zuverlässig ganz weit oben auf der Agenda. In den mittlerweile 5118 Wohnungen der Genossen kostete der Quadratmeter Ende 2022 nur 7,66 Euro Kaltmiete. Weit unterm Durchschnitt. Zeit für einen Blick zurück und nach vorn.

Nach vorne heißt bei den Genossen, vor allem auch den Gebäudebestand bis 2045 klimaneutral zu machen. 134 Millionen Euro muss der BVB dafür aufwenden. Zusätzlich zu den Investitionen in den Neubau. Der allerdings ist derzeit von vielen Feinden umzingelt: hohe Baukosten, teure Grundstücke, die Bauflation, die hohen Zinsen, die zu niedrigen Förderungen, die Regulatorik der öffentlichen Hand, auch der in Freiburg. „In den vergangenen Jahren wurde alles immer weiter verschärft, der Schallschutz und der Brandschutz sind nur zwei Beispiele“, sagte der Vorstandsvorsitzende Marc ­Ullrich unlängst vor Journalisten.

Bereiche, in denen der BVB viele Häuser hat, würden in Freiburg zudem „mit Erhaltungssatzungen überzogen“ (was die Handlungsfähigkeit der Eigentümer einschränkt). Und das politische Ziel des Rathauses, Grundstücke nur im Erb­baurecht zu vergeben (also zu verleihen), erschwere den Neubau zusätzlich. Ohne staatliche Förderung sei sozialer Mietwohnungsbau – wie er in Freiburg immer mit einem 50-Prozent-Anteil gefordert wird – derzeit nicht möglich. Erst ein Förderprogramm mit einem Zinssatz von einem Prozent würde das wieder ermöglichen, betonte Ullrich.

Klimaschutz und Denkmalschutz sind auch kein Liebespärchen. Wie die 216 Wohneinheiten in der denkmalgeschützten Gartenstadt dekarbonisiert werden sollen, wird noch viel Hirnschmalz erfordern. Nicht zuletzt, weil es danach immer noch bezahlbar sein soll.

Faksimile des Protokolls der 
Gründungsversammlung

Fundstück: Faksimile des Protokolls der Gründungsversammlung.

Ullrichs Vorstandskollege Jörg Straub hat bei der Recherche, was seit 1899 alles so in den Akten zu finden ist, übrigens ein Schreiben vom Kaiserlichen Rechtsamt des Inneren aus dem Jahr 1912 gefunden: „Da stand sinngemäß drin, ihr müsst die Miete erhöhen, aber unsere Vorgänger haben ‚nein‘ gesagt.“ Stattdessen war das gleichsam das Initial zur Gründung der hauseigenen Spareinrichtung. Die Mieten blieben günstig.

Das Modell des genossenschaftlichen Wohnens hat in den vergangenen zehn Jahren enorm an Bedeutung gewonnen. Zählte der Bauverein 2012 noch 17.387 Mitglieder, sind es heute schon mehr als 25.500. Ins alte Dreisamstadion würden die gar nicht mehr reinpassen.

Wenige Tage nach der Presskonferenz zum 125-Jährigen feierte der Bauverein den Spatenstich für sein erstes Stiftungshaus in Kirchzarten: 100 Prozent geförderter Wohnraum (zum Zeitpunkt des Antrags gab es noch wirkungsvolle Förderung), in einem KfW-55-Effizienzhaus auf einem von der Gemeinde subventionierten Grundstück. So geht’s. Der Zentrale Immobilienausschuss in Berlin zeichnete das Projekt mit dem renommierten ZIA Innovationsradar aus.

Während der BVB in Kirchzarten mit der katholischen Erzbischof-Hermann-Stiftung kooperiert, hat sie in St. Georgen mit dem Haus Lukas am Mettweg sogar ein ökumenisches Projekt realisiert: Auf einem evangelischen Grundstück bezuschusst die katholische Erzdiözese die Mieten mit 1,50 Euro pro Quadratmeter. Darüber hätten sich sicherlich auch die 119 Gründungsmänner und 3 Frauen gefreut.

Fotos: © bar, Bauverein