„Nicht fair“: Freiburger Amazon-Mitarbeiter werden nicht nach Tarif bezahlt business im Breisgau | 22.11.2020 | Philip Thomas

Amazon hat sich bei Dachser eingemietet Neues Umschlagzentrum in alter Halle: Amazon hat sich bei Dachser eingemietet.

Mehrere Tausend Amazon-Pakete werden täglich in Freiburg und Umgebung bestellt. Dank neuem Umschlagzentrum im Gewerbegebiet Hochdorf können Bestellungen im Breisgau mit Über-Nacht-Lieferung nun noch später am Abend aufgegeben werden.Im vergangenen Jahr erzielte Amazon weltweit einen Gewinn von 11,6 Milliarden Dollar. Nach Tarif werden die mittlerweile rund 80 Mitarbeiter in Hochdorf trotzdem nicht bezahlt. Politik und Gewerkschaft zeigen sich empört.

„Wir sind mit dem neuen Standort sehr zufrieden“, sagt Martin Andersen, Regional Operations Director von Amazon Deutschland, über das neue Verteilerzentrum in Hochdorf. Durch die von der Dachser Gruppe gemieteten (wir berichteten) 5500 Quadratmeter große Halle könne Amazon Lieferketten in der Region besser steuern. Die Nachfrage in der Gegend steige. „Wir wollen so wenige Kilometer fahren wie möglich“, sagt der 47-Jährige.

Laut Andersen zahlt Amazon seinen Mitarbeitern in Hochdorf im ersten Jahr pro Stunde 11,35 Euro. Er sagt: „Wir sind nicht an den Tarif gebunden.“ Der liegt derzeit bei 12,69 Euro. „Wir glauben, dass wir trotzdem ein guter Arbeitgeber sind“, ergänzt Nadiya Lubnina aus der Amazon-Pressestelle. Die Strukturen in Amazon-Hallen seien modern, Arbeiter hätten Möglichkeiten für Feedback, für Vegetarier gebe es eigene Mikrowellen. „Außerdem verlangen wir keine Lehre und keine abgeschlossene Ausbildung“, sagt sie.

Freiburgs SPD-Stadtrat Walter Krögner, Sprecher für Umwelt, Wohnen und Arbeiten, sieht den Internet-Giganten hingegen kritisch: „Bezahlung unter Tarif geht natürlich gar nicht, weder im Hinblick auf die Beschäftigten, die dort arbeiten, noch in Bezug auf den in Konkurrenz stehenden Einzelhandel. Das ist nicht fair.“ Dem Gemeinderat seien  aber die Hände gebunden: „Wir als Stadt haben leider nicht sehr viele Möglichkeiten, insbesondere wenn sich die Standortweitergabe im rein privatrechtlichen Bereich abspielt.“

Auch für Markus Klemt, Verdi-Gewerkschaftssekretär, Landesfachbereich Handel in Baden-Württemberg in der Region Südbaden, ist der Lohn zu gering. Der Wettbewerb werde auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen. Es ist nicht der einzige Streitpunkt zwischen einem Versandhändler wie Amazon und der Gewerkschaft: „Diese Unternehmen bezeichnen sich als Logistiker. Wir sehen sie aber als Versandhändler“, erklärt er. Verdi fordert eine Bezahlung nach durchschnittlich besser bezahlten Einzelhandelsverträgen. Der dazu notwendige Druck auf den Online-Riesen lasse bisher allerdings zu wünschen übrig: „Viele Kunden interessiert nicht, wie die Arbeitsbedingungen bei Amazon sind.“

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