E = einfach? – Wie ein neuer Gebäudetyp günstigeres Bauen ermöglichen soll Stadtentwicklung | 15.09.2024 | Lars Bargmann

Eine Hand mit einem E

Als Antwort auf die Mangelware bezahlbare Wohnungen und hohe Baukosten will die Bundesregierung den neuen Gebäudetyp E einführen. E = einfach. Oder auch E = experimentell. Das Kabinett soll den Gesetzesentwurf aus dem Hause von Justizminister Marco Buschmann im Herbst beschließen. 

Der Normen- und Bauvorschriftenwahnsinn ist in den vergangenen Jahren immer weiter eskaliert. Der Preis: Kaltmieten rund um 20 Euro, Quadratmeterpreise weit oberhalb 7000 Euro. Für normal verdienende Verbraucher kaum bezahlbar. Branchenverbände, aber auch Politiker fordern schon lange, den dichten Bauvorschriftenwald zu lichten.Bauen muss wieder einfacher und preisgünstiger gemacht werden, ohne Abstriche bei der Sicherheit“, sagt Bauministerin Klara Geywitz. 

Zivilrechtlich geht es vor allem um den Gebäudebauvertrag zwischen fachkundigen Unternehmen oder auch Institutionen. So soll etwa ein Bauträger mit Architekten, Fachplanern, Rohbauern oder ausführenden Firmen Verträge schließen können, die ein einfacheres Gebäude – egal ob Wohn- oder Bürogebäude – rechtssicher ermöglichen, auch wenn es nicht nach allen Regeln der Technik hergestellt wird. Was heute unabdingbar ist. Ausgenommen davon sind allein Sicherheitsstandards. 

So wäre es künftig etwa kein Mangel mehr, wenn der Schallschutz „nur“ nach der DIN 4109 gebaut wird. Oder wenn die Heizung im tiefen Winter in den Räumen nur 19 Grad schafft. Oder wenn der Übergang zwischen Wohnzimmer und Balkon in einer 20 Zentimeter hohen Stufe besteht. Oder es gar keinen Keller oder Balkon gibt. „Es ist möglich, solche Standards nun deutlich zu senken“, sagt Nicolas Schill von der Baurechtspezialisten-Kanzlei Steiger, Schill und Kollegen in Staufen. Dafür brauche es aber auch die richtigen Vertragswerke. 

Der Gesetzgeber will auch das innovative oder experimentelle Bauen ermöglichen. Bisher kann dies leicht gegen die verbindlichen anerkannten Regeln der Technik verstoßen – gerade weil es neu ist. Nun beseitigt das Gesetz diesen Mangel. 

Für den privaten Häuslebauer bedeutet das neue Gesetz – nichts. Er ist Verbraucher und wird nach wie vor geschützt. Genau das aber ist die Krux am neuen Gesetz: Solange nur Profis am Werk sind – ein Projektentwickler beauftragt einen Generalunternehmer, der seine Subunternehmen beauftragt und am Ende kauft ein institutioneller Anleger das Gebäude und vermietet die Flächen –, kann das Bauen einfacher und damit auch günstiger werden. 

Sobald aber am Ende der Kette ein Käufer etwa einer Eigentumswohnung steht, ist es mit „einfach“ vorbei. Es sei denn, der Käufer verzichtet auf bestimmte Merkmale. „Da muss der Verkäufer dann höllisch aufpassen, dass er rechtssichere Verträge macht“, sagt Schill. Man muss kein Prophet sein, um zu prognostizieren, dass sich hier ein weiteres Feld für juristische Auseinandersetzungen öffnet. 

So sagt nicht zuletzt der Vize-Hauptgeschäftsführer des Zentralen Immobilien Ausschusses, Gunther Adler, es komme nun „entscheidend auf die Konkretisierung sowohl der zivilrechtlichen Regelungen, der Haftung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), als auch der baurechtlichen Vorgaben an, um Rechtsunsicherheiten zu vermeiden“. So einfach ist der Gebäudetyp E also noch nicht. 

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