Patientenreise mit Medienbrüchen: Frisches Eigenkapital für Change IT Solutions Start-ups | 23.07.2024 | Lars Bargmann

Die Freiburger Change IT Solutions GmbH hat einen neuen Gesellschafter: Dank des InnoGrowth-Förderprogramms der baden-württembergischen Landeskreditbank (L-Bank) und der Sparkassen-Beteiligungsgesellschaft (SBG) kann die Gründungsgeschäftsführerin Doreen Dahlmann weiter expandieren.
Eine ebenso funktionierende wie wehrhafte IT ist in den deutschen Krankenhäusern etwa so häufig anzutreffen wie Business-Angels in Obdachlosenunterkünften. In fast allen großen Kliniken gibt es zig Abteilungen und jede kocht sozusagen ihr eigenes informationstechnisches Süppchen. Von der ersten Erfassung in der Notaufnahme bis zur Fachabteilung, dort dann an die richtige Stelle, zum Arzt über die Diagnose bis hin zur therapeutischen Medikamentierung – es ist oft eine Patientenreise mit Medienbrüchen, wie Dahlmann beim Redaktionsgespräch berichtet. Unterwegs gehen aus vielen Gründen Informationen verloren. Genau das ist das Spielfeld der Software sfs healthcare, auf die heute bereits sieben große Kliniken vertrauen.
Dahlmann und ihr Mitgründer Manuel Kuhn hatten im Juni 2021 die Firma gegründet – beide waren in Sachen Gesundheitssystem und IT gewissermaßen ausreichend vorbelastet. „Sfs ist ein Management-Cockpit für alle Software-Prozesse im deutschen Gesundheitssystem“, sagt Dahlmann. Die 38-Jährige hat für unterschiedliche Unternehmen schon jahrelang digitale Lösungen in Kliniken implementiert. Zuletzt als COO bei der Freiburger Mesalvo GmbH. Die Software kann die jeweils bestehende IT-Architektur, alle Prozesse, Richtlinien, Projekt- und Changemanagement zusammenführen und automatisieren. Der Markt für solche Lösungen ist sehr groß.
Dazu kommt die IT-Sicherheit: Es gibt zunehmend gezielte Angriffe auf medizinische Infrastruktur. Durch die Medien gegangen war im vergangenen Herbst etwa der Fall der Frankfurter Uniklinik, die monatelang komplett vom Netz war, Rechnungen faxen, Verbindlichkeiten, etwa auch Gehälter, auf Papier-Überweisungsträgern bei der Bank abgeben musste.
Die Freiburger Sparkasse hatte das Start-up damals im Juni 2021 mit einer ersten Tranche finanziert. Zwischendurch kamen drei Business-Angels (private Equity) an Bord, die in die Firma investierten. Wagniskapitalgeber sind aber in diesen volatilen Zeiten scheu geworden. Jetzt aber war die nächste Stufe dran. Und erst das neue Inno-Growth-Programm der L-Bank (wir berichteten) hat es ermöglicht, dass die SBG nun mit Dahlmann ins Geschäft kam. Ein Gamechanger.
600.000 Euro steht unter der geförderten Beteiligung, die SBG geht mit 200.000 Euro ins Risiko, sitzt aber als stiller Gesellschafter auch mit am Tisch, wenn am Ende des Jahres Geld zu verteilen ist. „Als die ersten guten Umsätze da waren und das Programm kam, haben wir schnell miteinander gesprochen“, sagt SBG-Beraterin Rebecca Binninger.
Der erste sfs-Kunde war die Universitätsmedizin Mannheim. „Damit haben wir endlich eine gute und automatische Dokumentation, die Transparenz über unsere Systemumgebung und sind nun auch für KRITIS-Audits und ISO-Zertifizierungen sehr gut vorbereitet“, sagt der zuständige Technikleiter Walid Sbaih am Mannheimer Uniklinikum. Heute vertrauen bundesweit sieben Kliniken auf die Software made in Freiburg.
Zuletzt hat die Universitätsmedizin Rostock einen Vertrag mit den Freiburgern, zum Gründerteam gehören auch Chinwe Johnson und Florian Evers, geschlossen. „Mit der SBG arbeiten wir, was die Geschäftserwartungen angeht, sehr seriös und zudem auf Augenhöhe zusammen, was bei manchen privaten Investoren nicht so selbstverständlich ist“, erzählt Dahlmann. Für die 38-Jährige passt es von der jeweilen Firmenkultur einfach gut zusammen.
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