Schon früh gebranded – Hekatron-CEO Petra Riesterer bilanziert „herausforderndes“ Jahr Unternehmen | 31.07.2025 | Lars Bargmann

Petra Riesterer

Ein Brückentag ist für Petra Riesterer kein Grund, sich nicht zu einem Pressegespräch zu verabreden. Die Geschäftsführerin der Hekatron Brandschutz bilanziert am idyllisch gelegenen Firmensitz in Sulzburg das weniger idyllische Jahr 2024, spricht über den heiß umkämpften Brandschutzmarkt, über Firmenkultur und Zukunftsvisionen und am Ende auch kurz über ihren Kater.

2024 arbeiteten 1026 Menschen für die Hekatron-Gruppe, die ein – wie es so schön euphemistisch heißt – „herausforderndes“ Geschäftsjahr hinter sich hat. 230 Millionen Euro hat die Gruppe umgesetzt, stolze 37 Millionen weniger als 2023 – was allerdings auch ein besonderes Jahr war. „In 2022 war auch bei uns wegen der Lieferkettenprobleme eine Bauteilknappheit da. Dann haben wir 2023 alles ausgeliefert, was von unseren Kunden auch mit Weitsicht bestellt wurde, die Kunden haben wieder ihre Lager befüllt, deswegen waren die Umsätze so hoch.“ Fürs laufende Jahr rechnet Riesterer mit einem normalen Umsatzniveau. „Das erste Halbjahr war jetzt wieder sehr zufriedenstellend.“

Auch im schwierigen Jahr 2024 aber hat Hekatron gut 18 Millionen Euro in Forschung und Entwicklung investiert, noch im laufenden sollen zwei oder drei technische Innovationen auf den Markt kommen. Die hohen Energiekosten in Deutschland belasten die Bilanz kaum: Nur 0,5 Prozent der Kosten wendet Hekatron dafür auf.

Von der gewittrigen Großwetterlage mit einem nicht nur zollwütigen US-Präsidenten, Brandherden im Nahen Osten und dem Ukraine-Krieg sei Hekatron auch wenig betroffen. „Wir verkaufen nur in Deutschland. Allerdings schauen wir bei der Beschaffung genau auf Asien. China und Taiwan sind bei der Bauteileherstellung extrem wichtig für uns, deswegen sind wir schon in Habachtstellung, was zwischen den USA und China passiert. Und wenn es nötig ist, werden wir unsere Beschaffungsstrategie anpassen.“

Als die gebürtige Freiburgerin vor dreieinhalb Jahren auf die Kommandobrücke befördert wurde, damit steht 60 Jahre nach der Firmengründerin Hildegard Döring erstmals wieder eine Frau an der Spitze, wollte sie noch eine kurze Auszeit nehmen. Dieser Plan löste sich aber wegen der vielen weltweiten Krisen schnell in Rauch auf.

Die Ausläufer der Pandemie mit gerissenen Lieferketten, der Despot aus dem Kreml marschierte in die Ukraine ein: Der Vertrieb war massiv beeinträchtigt, und mitten in dieser Krise startete Riesterer einen Transformationsprozess mit einem dicken roten Stift in der Hand. Durchaus auch gegen interne Widerstände. „Ich war überzeugt, dass wir genau jetzt diese Veränderungen nach innen brauchen, trotz des großen Drucks von außen.“ Allein die Budgets für Innovation und Weiterbildung, an denen ging Riesterers Rotstift vorbei.

Aktuell gibt es in Sulzburg keine ­Probleme, Bestellungen abzuarbeiten. Nach der jüngsten Lieferkrise hat Hekatron die Lagerkapazitäten vervierfacht. „Wir haben ein sehr gutes strategisches Einkaufsmanagement.“ Und noch eins habe die Lieferkrise bewirkt: „Wir sind heute wesentlich resilienter und viel digitaler. Viele Prozesse, ­die wir früher händisch gemacht haben, sind jetzt über Tools programmiert.“

Während andere Branchen wie die Bauwirtschaft oder die Automobilbranche stark zu kämpfen haben, „läuft die ­Sicherheitstechnik und insbesondere der Brandschutz relativ stabil“, so Riesterer.

Petra Riesterer: „Männer kommunizieren anders.“

Petra Riesterer: „Männer kommunizieren anders.“

„Wir merken, dass unsere Kunden im Gebäudebestand viel zu tun haben. Wir haben die Sensoren, das sind die empfindlichsten Nasen im Gebäude. Und die müssen nach einer gewissen Zeit aktualisiert werden. Das gibt uns in dem Bereich auch eine gewisse Stabilität.“

Der Markt ist heiß umkämpft. Da wirbt dann schon auch mal ein Konkurrent am Kreisverkehr direkt vor der Hekatron-Haustür um Fachkräfte. „Wir erleben einen immer stärkeren Wettbewerb und auch einen intensiven Preiskampf“, sagt die Chefin.

Wie sie als junge Frau überhaupt zu Elektrotechnik gekommen ist? „Am Ende ist wahrscheinlich schon mein Vater die Ursache, seines Zeichens Elektrotechniker. Ich war schon als Mädchen der beste Handlanger. Ich weiß genau, wann ich wie wohin leuchten muss, wie man den Hammer richtig reicht.“ Der Beruf ist ihr schon früh buchstäblich in Fleisch und Blut übergegangen: Eine Narbe am Knie zeugt heute noch von einem kleinen Malheur. Es ist eine Lötzinn-Narbe. „Wir haben da was an unserem Auto gelötet. Ich bin also quasi gebrandet.“

Vater und der Hang zum logischen Denken führten über Mathematik und Physik dann in die Elektrotechnik. Alles schwer männerlastig. In der Männerdomäne musste sie sich immer wieder behaupten. „Männer kommunizieren anders, sehr klar und einfach. Da kann man sich auch mal fetzen und am Abend trinkt man dann was zusammen. Das schätze ich extrem.“ Auch damit hat sich Riesterer intensiv beschäftigt. Eine Trainerin hat mal zu ihr gesagt: „Wenn du nach Italien fährst, dann legst du dir ja auch ein paar Brocken Italienisch zu.“ Ein guter Tipp. Also lernte Riesterer Männertalk. Mittlerweile hält sie darüber selber Vorträge, gibt anderen Frauen Tipps, wie sie am besten durch männerdominierte Arbeitsleben navigieren.

Auf dem Weg durch die Firma ist an einer Wand im Treppen­haus Blau auf Weiß der Slogan „Wir sind Le­bens­beschützer­*innen“ zu lesen. Mit einem großen „H“ in einem Herz. Riesterer hat ihn ausgetüftelt. „Mit dem Lebensbeschützer haben wir einen sinnstiftenden Purpose, einen wunderbaren Anknüpfungspunkt, um Menschen für uns zu gewinnen.“ Sei es Fachpersonal oder auch neue Azubis. Seit 40 Jahren bildet der Betrieb nun aus – und geht mit der Zeit: Mittlerweile kann man in Sulzburg etwa auch E-Commerce-Kaufmann oder -Kauffrau werden. Aktuell sind 40 Azubis und dual Studierende an Bord.

Riesterer selbst hat ihre Ausbildung auch bei Hekatron gemacht. Vor 30 Jahren. Da wehte noch ein ganz anderer Wind, da hat sie den Personaler weder geduzt noch gefragt, ob sie die Unterlagen auch per Whats-App schicken kann. „Früher haben sich die Unternehmen die Azubis ausgesucht, heute suchen sich die Azubis die Unternehmen aus“, sagt Marketingleiter Jens Mielke. Vor 20 Jahren kam Riesterer dann zurück in die Firma, als System-Ingenieurin. Und arbeitete sich nach oben: „Weil ich neben meiner Kernaufgabe immer auch links und rechts geguckt, Dinge getan habe, weil ich der Überzeugung war, dass das getan werden muss.“

Auf der Agenda Richtung Zukunft stehen neben der Personalentwicklung – Riesterer will die „attraktivste Arbeitgeberin südlich von Freiburg“ werden – Nachhaltigkeit und Digitalisierung weit oben. „Wir haben Business-Teams gegründet, die immer aus IT-Experten und Mitarbeitern aus anderen Bereichen bestehen. Wir gehen wirklich durchs ganze Unternehmen und schauen, was die KI bringen wird, wie wir was optimieren können, wie auch eine strategische Personalplanung aussieht.“

Riesterer und ihr Kollege Arno Hohmann, der die Schwester Technik GmbH leitet, werden weiter in den Standort investieren, das Vertriebsbüro in Heitersheim mit rund 40 Beschäftigten zurück ans Stammhaus holen. Der Standort in Neuenburg mit ebenfalls 40 Menschen bleibt bestehen.

Wer mit Petra Riesterer spricht, erlebt einen sehr positiven, vorwärtsgetriebenen, wachen und gedankenschnellen Geist, der sich – wie in der aktuellen Bilanz – auch mal Kratzspuren holt. Selten im Berufsalltag, zuverlässig aber vom heimischen Kater: „Der flippt“, sie zeigt auf die Kratzspuren am Arm, „manchmal ohne jede Vorwarnung einfach aus.“ Das macht Riesterer nicht. Sonst würde sie nicht einen der großen Arbeitgeber in der Region führen können. 

Fotos: © Baschi Bender