Auf großer Leinwand: Kleine Kinos behaupten sich Freizeit | 07.03.2019 | Erika Weisser

Kino

Es gab Zeiten, da hatte fast jeder größere Ort mindestens ein Kino, das die große Welt in die Provinz brachte. In den 1950er-Jahren wurde das Kino zum beliebtesten Freizeitvergnügen. Das änderte sich mit dem Einzug des Fernsehens, der so manchem Kino den Garaus machte. Es gab jedoch Menschen, die tatkräftig für den Erhalt der Kinos sorgten.

Krone-Theater Titisee-Neustadt

Frühstückskino und Filmkunst

Kino Krone Theater

Wer ins Neustädter Krone-Theater will, muss gut zu Fuß sein. Doch es lohnt die Mühen des Aufstiegs: Das auf halber Höhe zwischen unterer und oberer Stadt am verkehrsfreien Sträßchen „Hirschenbuckel“ gelegene Kino bietet in zwei Sälen mit insgesamt knapp 200 Plätzen ein ganz außerordentliches Repertoire. Jeden Abend und an den Wochenenden auch nachmittags: Da gibt es dann ausgesuchte Kinder- und Familienfilme.

Seit 20 Jahren betreibt Leopold Winterhalder das 1949 eröffnete Filmtheater, das damals das kleinere von zwei Kinos am Ort war. Und er hat es für die Region Hochschwarzwald erhalten, wiederbelebt und „ihm ein ganz neues Profil gegeben“. So steht es in der Begründung der Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg für die Verleihung des mit 15.000 Euro dotierten Kino-Spitzenpreises für „ein herausragendes Jahresprogramm“, der 2015 an das Krone-Theater ging.

Zum Programm gehören neben „einem breiten Spektrum“ an aktuellen Hollywood- und Arthausfilmen auch Sonderveranstaltungen wie das Frühstückskino, das Winterhalder jeden ersten Sonntag im Monat in Kooperation mit einem benachbarten Gasthaus anbietet. Oder Premieren mit Gästen: Die nächste ist am 5. März, wenn Veit Helmer seinen „Lokführer, der die Liebe suchte“ präsentiert. Am 8. März gibt es zum Weltfrauentag außerdem den Schweizer Frauenwahlrechtsfilm „Die göttliche Ordnung“.

Der kinobegeisterte Neueinsteiger unterstützt aber auch die Kommunalen Kinos in Lenzkirch und Bad Krozingen – und organisiert seit einiger Zeit Filmkunst-Wochenenden im ehemaligen französischen Truppenkino in Donaueschingen.

www.krone-theater.de

 

Kinos Rio, Scala & Hali Haslach im Kinzigtal

Bald in dritter Generation

Kino Rio

Das „Scala“ wurde vor 68 Jahren als erstes Kino der Familie Prinzbach gegründet, das zweite, „Hali“, kam vor 65 Jahren dazu und das dritte, das „Rio“, wird heuer 60 Jahre alt. „Doch eigentlich“, sagt der derzeitige Betreiber Curt Prinzbach, „begann alles schon vor 100 Jahren“: 1919 richtete der Wirt des „Bayrischen Hofs“ in einem Saal einen Kinematografen ein und gründete die Haslacher Lichtspiele (Hali), die seine Eltern 1954 übernahmen.

Da war Curt Prinzbach vier Jahre alt und erlebte fortan die „goldenen Kinozeiten“, denen in den 1960ern mit dem „großen Kinosterben“ ein allmähliches Ende gesetzt wurde. Auch das hat er noch in Erinnerung: Ohne das gleichzeitig geführte Elektrogeschäft hätte das Familienunternehmen damals „keine Überlebenschance gehabt“. Doch es habe – allerdings mit „mordsmäßigen“ Investitionen – alle weiteren Krisen überstanden. Auch den Rückzug ins Heimkino, der Mitte der 1980er-Jahre nach einer vorübergehenden Renaissance des Kinos als gemeinsamer Erlebnisraum erneut einsetzte. Oder die Umstellung auf Digitalfilme, bei der „so manches Kino auf der Strecke blieb“.

Selbst wenn es „jetzt wieder kritischer“ werde, ist Prinzbach überzeugt, dass das Kino Zukunft hat – nicht nur sein eigenes, das seine Tochter einst in dritter Generation übernehmen wird. Es komme aber darauf an, die richtige Mischung von Kassenschlagern und anspruchsvolleren Produktionen zu finden, um ein großes Publikum anzusprechen. Die Erfahrung hat er zuletzt mit den Filmen „Bohemian Rhapsody“ und „Der Junge muss an die frische Luft“ gemacht, die bei ihm wochenlang liefen und ganz unterschiedliche Menschen begeisterten.

www.kinohaslach.de

 

Löwen-Lichtspiele Kenzingen

Große Oper im kleinen Kino

 Kino Loewen-Lichtspiel

Das Kenzinger Kino gehört zu den ältesten in der REGIO. Die in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof gelegenen „Löwen-Lichtspiele“ wurden nach Angaben der heutigen Geschäftsführerin Christel Kauschwitz bereits in den 1920er-Jahren gegründet. Während des Zweiten Weltkriegs wurde der Betrieb zwar unterbrochen, doch nur wenige Jahre danach eröffnete das Kino wieder. 1964 hat Kauschwitz das Kino von ihrem Vater übernommen und das kleine Familienunternehmen seither durch gute und schlechte Zeiten gebracht.

Dass sie diese Herausforderung „mit Mut, Fantasie und bewundernswertem Engagement“ bewältigt habe, wurde ihr 2016 bei der Verleihung des Kinopreises der Filmförderung Baden-Württemberg bescheinigt, bei der ihr Kino den „Spitzenpreis für herausragendes Kinoprogramm“ errang. Die Löwen-Lichtspiele, hieß es, hätten sich als Kleinstadt-Kino behauptet und „zu einem der profiliertesten Programmkinos“ im Ländle entwickelt.

Ob das so ist, lässt sich täglich im großen Saal mit 179 oder im kleinen Studio mit 33 Plätzen feststellen. Schon ein Blick in das Programm zeigt, dass vorwiegend aktuelle Arthausfilme zu sehen sind. Außerdem gibt es jede Woche ein Familienprogramm, manchmal auch Vorpremieren mit Regisseuren oder Schauspielern – und, in unregelmäßigen Abständen als besonderes „Highlight“, Sonntagsmatineen mit Opernübertragungen aus dem Royal Opera House in London. Am 17. März um 11 Uhr ist Verdis „La Traviata“ zu erleben.

Auch zum Weltfrauentag am 8. März gibt es immer einen besonderen Film. Heuer ist es „Gegen den Strom“, eine isländische Produktion über eine mutige und sehr fantasiebegabte Umweltaktivistin.

www.kino-kenzingen.de

 

Kino Kandern

Themenwochen und besondere Filme

Kino Kandern

Wie so vielen kleinen Kinos abseits der Großstädte drohte auch dem Kino Kandern nach 50 Jahren Betriebsdauer einst das Aus. Und da diese Vorstellung so manchem Kanderner nicht gefiel, wurde ein Verein gegründet. Der betreibt das Filmtheater im denkmalgeschützten Gebäude nun schon seit mehr als zehn Jahren mit modernster Technik und zu günstigen Eintrittspreisen als Kommunales Kino.

In dem Saal mit seinen 257 Sitzplätzen werden von Freitag bis Sonntag abends aktuelle Filme gezeigt. Sonntagnachmittags gibt es außerdem spezielle Angebote für Kinder und Jugendliche. Zudem werden regelmäßig Themenwochen veranstaltet, und jeden zweiten Donnerstag ist „Der Besondere Film“ zu sehen. Im März: „Der Vorname“ und „Wackersdorf“. 

www.kino-kandern.de

 

Kinocenter Kehl

Platz für alle Film-Genres

Kino Kinocenter Kehl

Das nicht weit vom Bahnhof gelegene Kinocenter Kehl gibt es seit 1956. Der Vater des jetzigen Besitzers Joachim Junghans hat es gegründet, nachdem er mit einem Wanderkino von Ort zu Ort gezogen war. 1978 übernahm der Sohn die Regie – und führt diese bis heute mit Begeisterung.

Drei Säle mit insgesamt 390 Plätzen hat das Kino, in dem alle Film-Genres gespielt werden. Gelegentlich gibt es Filme in russischer und türkischer Sprache, im Programmkino „Charlot“ ist Filmkunst zu sehen, manchmal sind Regisseure zu Gast. „Jeder soll auf seine Kosten kommen und Lust auf Kino verspüren“, sagt Junghans, der es mit seinem Jahresfilmprogramm bereits zweimal unter die fünf besten Kinos in Deutschland geschafft hat. 

www.kino-kehl.de

 

Filmtheater Tivoli Achern

Saal mit Bar

Filmtheater Tivoli Achern

Seit September 2018 wird das „Tivoli“ als Kommunalkino geführt. Träger ist ein Verein, der sich bald nach der vorläufigen Schließung des Kinos gründete. Zum vielseitigen Programm gehören Kleinkunstveranstaltungen und Filme abseits des Mainstreams. Sie sind in Abendvorstellungen von Freitag bis Sonntag im gemütlichen Saal mit Bar zu sehen.

www.tivoli-achern.de

 

Engel-Lichtspiele Breisach

Neueste Technik

Engel Lichtspiele Breisach

Auch die Engel-Lichtspiele in Breisach stehen unter der Trägerschaft eines Kommunalkino-Vereins, der sich nach der Ankündigung der Schließung des Privatbetriebs Anfang 2014 bildete. Seit September 2014 gibt es dort wieder Filme zu sehen, in neuester digitaler Projektionstechnik mit 4K sowie in 3D und unter beeindruckender Akustik.

www.kino-breisach.de

 

Central Theater Müllheim

Von der Kirche ins Wohnhaus

Central-Theater Muellheim

Das Kino „Central Theater“ in Müllheim wird bereits in der dritten Generation als Familienbetrieb geführt. Schon 1936 begann der Großvater des heutigen Betreibers Michael Karg mit Filmvorführungen in einem Raum der Martinskirche. 1951 zog das Kino in das Wohnhaus an der Werderstraße, in dem es heute noch untergebracht ist.

Dort, in dem inzwischen modernisierten Saal mit der 40 Quadratmeter großen Leinwand, sind sämtliche Film-Genres zu sehen. Im Angebot sind außer regelmäßigen Filmvorführungen in Buggingen und Neuenburg auch spezielle Themenabende und Sonderveranstaltungen sowie besondere Arthausfilme. Für diese „sehr guten Filmreihen“ wurde das Kino schon mehrfach von der Landes-Filmförderung ausgezeichnet.

www.muellheim.cineprog.com

Fotos: © unsplash.com, Erika Weisser, Kino Haslach, Kino Kandern, Kinocenter Kehl, Tivoli Achern, Susanne Ehmann/BZ Müllheim