Es klapperten die Mühlen – Die Kraft des Wassers erfahren Freizeit | 04.04.2020 | Nicole Kemper
Klein-Venedig im Breisgau: Wer auf den Spuren historischer Wasserkraft durch Emmendingen radelt, findet ein Gewirr von Gräben und Kanälen vor.
Seit Jahrhunderten wird das Wasser der Elz in ein künstlich geschaffenes System von Bachläufen geleitet, das das Stadtbild mitprägt. Der Vorteil war vielseitig; mit Hilfe von Wehranlagen ließen sich die Wassermengen zum Betreiben von Mühlrädern, zur Bewässerung von Äckern und Feldern und zum Hochwasserschutz steuern.
Auch heute plätschert der Bach nicht ungenutzt: Mehrere moderne Wasserkraftwerke dienen der Stromerzeugung. Der Fahrradlehrpfad Mühlbach-Rundweg informiert an 15 Stationen über die Mühlen und Kraftwerke entlang der Wasserwege. Die engmaschige Beschilderung mit einem gelben Quadrat hilft, dem immer mal wieder zwischen Privatgrundstücken oder in Kraftwerken verschwindenden Mühlbach auch auf dem Asphalt folgen zu können. Dennoch heißt es: Augen auf! Manches Mal wird die Orientierung im Zickzack der innerstädtischen Radwege zur Schnitzeljagd; leicht ist eines der Schilder übersehen und der Anschluss verpasst. Im Optimalfall ist der Flyer zum Mühlbach-Rundweg griffbereit, der nicht nur den Streckenverlauf zeigt, sondern auch alle Stationen ausführlich beschreibt.
Station Nr. 1, das Kollmarsreuter Wehr, ist gleichzeitig der offizielle Start- und Endpunkt der Fahrradroute, die mit dem Mühlbach nach Riegel und an der Elz wieder zum Ausgangsort führt. Wer mit der Bahn anreist und in Kollmarsreute aussteigt, gelangt in wenigen Minuten an das Wehr. Hier wird der Mühlbach „geboren“, der Radweg verlässt gemeinsam mit ihm die Elz und führt zunächst zu einem schmucken Steinhäuschen – erbaut vor knapp einhundert Jahren aus den Trümmern der einstigen Colmarsreuther Mühle. An einigen folgenden Stationen wird deutlich, dass auch der Lehrpfad schon seine Geschichte hat: Witterung und Graffiti-Sprüher haben den Informationstafeln in den vergangenen 17 Jahren teilweise bis zur Unleserlichkeit zugesetzt, auch hier tut der Flyer gute Dienste. So informiert dieser beispielsweise über zwei Kraftwerke, deren historische Wurzeln in der Hanfspinnerei und Juteverarbeitung liegen. An Station 5 im Vollrath᾿schen Park befindet sich eine ganz andere Besonderheit: An einer Wasserkreuzung finden der aus Freiamt kommende Brettenbach und der Mühlbach kurz zusammen, um dann wieder getrennte Wasserwege zu gehen. Die historische Anekdote dazu: Im 19. Jahrhundert befand sich hier ein Männerbad. Von 1882 bis 1903 durften Erwachsene oberhalb der Brettenbach-Ablass-Schleuse baden, Schüler, Gehilfen und Lehrlinge mussten sich ihre Badestelle unterhalb der Schleuse suchen.
An der Elz entlang, vorbei an alten Mühlsteinen und der Kollmarsreuter Mühle (o.r.), lädt zur Halbzeitpause am Zusammenfluss von Mühlbach und Elz die Riegeler Brauerei (o. l.) zum Kunstgenuss in der Messmer Foundation.
An einem alten Mühlstein vorbei führt der Weg durch die Emmendinger Innenstadt und über den Marktplatz. Dienstag- und freitagvormittags findet hier der Wochenmarkt statt – eine gute Gelegenheit, gesunden Reiseproviant zu erstehen. Allerdings macht es das Verkaufsgetümmel etwas schwieriger, den Weg nicht aus dem Auge zu verlieren. Die grobe Richtung stimmt wohl, denn das gelbe Quadrat zeigt sich plötzlich wieder, um auf dem Weg aus Emmendingen heraus zu mehreren Kraftwerken an ehemaligen Mühlenstandorten zu führen. So befindet sich das heutige Kraftwerk der Großschlächterei Färber auf dem Gelände der Niederemmendinger Papiermühle. Unweit des Wasserkraftwerks Mundinger Mühle können die restaurierten Anlagen der historischen Mühle besichtigt werden.
An der Teninger Hammerschmiede und dem Kraftwerk des Köndringer Sägewerks vorbei geht es auf einem unbefestigten Weg zur Neumühle, die im Köndringer Kirchenbuch schon im Jahr 1595 erwähnt wurde. Diese läutet das Ende des Lehrpfads ein – an der letzten Station mit der Nummer 15 mündet der Mühlbach wieder in die Elz. Am Zusammenfluss ist die ehemalige Riegeler Brauerei bereits in Sicht – eine Halbzeitpause im Biergarten oder Kulturgenuss in der Messmer Foundation bieten sich da geradezu an. Wer Lust auf ein kühles Bad bekommen hat, kann auch noch einen Stopp am Köndringer Baggersee einlegen, bevor es auf den flotten Rückweg an der Elz geht.
Mühlbach-Rundweg
Länge: ca. 30 km entlang Mühlbach und Elz
Auf- und Abstieg: 41 Höhenmeter
Anfahrt: Rheintalbahn Freiburg – Offenburg, Haltestelle Kollmarsreute Bf.
Zur Vorbereitung und Orientierung: Flyer Mühlbach-Rundweg, erhältlich in der Tourist-Information Emmendingen, online unter emmendingen.de
Einkehr-Tipp: Riegeler Biergarten
Wo? Hauptstraße 9, 79359 Riegel
www.riegeler-biergarten.de
Fotos: © Nicole Kemper
