Gesunder Verzicht: Neuer Lebensstil durch Fasten Gesundheit | 06.03.2019 | Isabel Barquero

Landschaft Schnee wandern Gruppe

Tee, frische Säfte und Gemüsebrühe: Beim Heilfasten wird freiwillig für einen bestimmten Zeitraum auf feste Nahrung verzichtet. Das tut nicht nur dem Körper gut, sondern auch der Seele.

Am sechsten März beginnt die Fastenzeit – vierzig Tage des Verzichts. Doch immer mehr Menschen fasten nicht aus religiösen, sondern aus gesundheitlichen Gründen. „Fasten ist der freiwillige Verzicht auf feste Nahrung für einen bestimmten Zeitraum“ – so lautet die Definition des Arztes Otto Buchinger. Bei seiner Version des Heilfastens wird vollständig auf festes Essen und Genussmittel wie Nikotin oder Schokolade verzichtet. „Für den Körper ist das die perfekte Entgiftung. Fastenwochen sind wie ein Neustart, alles wird auf Null gesetzt“, sagt Nicole Kimmel, ärztlich geprüfte Fastenleiterin. Sie ist die Gründerin und Inhaberin von „Erlebnisfasten“. 

Seit einem Jahr führt die 39-Jährige ein eigenes Fastenhaus in St. Blasien-Menzenschwand. Dort bietet sie Fasten als Erlebnis und Rund-um-Paket an: Neben Wanderungen und verschiedenen Aqua- sowie Sportangeboten gibt es auch Informationen für danach und fachliche Betreuung. Für Kimmel ist Fasten zum Alltag geworden: „Jede Fastenwoche verschiebt den Fokus auf die wichtigen Dinge, so konzentriert man sich wieder auf die wesentlichen Sachen.“ Man werde achtsamer, zum Beispiel durch langsameres Essen oder dauerhaftes Verzichten auf Genussmittel. 

Angefangen hat sie nach einer schweren Darmerkrankung in der Familie. „Danach habe ich mich zum ersten Mal mit Fasten beschäftigt und gemerkt, wie gut mir das tut.“ Nach einer Weiterbildung und etlichen Kursen parallel zu ihrem damaligen Beruf, hat sie mit 35 Jahren den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt. „Es läuft super, das Haus ist gut besucht, wir haben etwa 800 Gäste im Jahr.“ Die größte Nachfrage bestehe im Frühjahr.

Bei „Erlebnisfasten“ bietet Kimmel die zwei beliebtesten und einfachsten Fasten-Methoden an:
Fasten nach Buchinger und Basenfasten. Bei Letzterem verzichtet man nicht komplett aufs Essen, sondern nimmt noch Obst, Gemüse und Salat zu sich. Kimmel selbst bevorzugt das Fasten nach Buchinger. „Ich bin eher der Typ: Alles weg. Ganz oder gar nicht.“

Nicole Kimmel

„Jede Fastenwoche verschiebt den Fokus auf die wichtigen Dinge“, ist sich Fastenleiterin Nicole Kimmel (rechts) sicher.

Im Grunde eignet sich das Fasten für jeden: Allerdings darf Kimmel in ihrem Haus nur „Fasten für Gesunde“ anbieten, da keine Aufsicht eines Arztes besteht. Bestimmte Gruppen wie Schwangere, Kinder und Jugendliche, Suchtkranke, Menschen mit chronischen Erkrankungen oder Patienten unter dauerhafter Medikation sowie psychisch Kranke dürfen aus gesundheitlichen Gründen nicht nach der Buchinger-Methode fasten.

Doch was genau passiert beim Fasten mit dem Körper? „Wird dem Körper keine Nahrung von außen zur Energiegewinnung zugeführt, schaltet er auf eine Ernährung von innen – den sogenannten Fastenstoffwechsel – um“, erklärt die Fastenleiterin. „Zu Beginn des Fastens deckt der Körper seinen Energiebedarf aus dem Kohlenhydratvorrat der Leber. In den folgenden Tagen findet eine vermehrte Glucose-Neubildung statt.“ Fettreserven stehen zur Energiegewinnung zur Verfügung. 

Dass man durchs Fasten ein paar Pfunde verliert, ist ein schöner Nebeneffekt – ob der allerdings langfristig ist, ist umstritten. „Viele setzen das Fasten als schnelle Diät ein, machen es falsch und so kommt es zum Jo-Jo-Effekt“, sagt Kimmel. Heilfasten sei keine Diät, stellt die Expertin klar, im Fokus stehe die Umstellung des Stoffwechsels. So kann das Heilfasten höchstens den Einstieg in eine Ernährungsumstellung bilden.

Der häufigste Fehler sei der Verzicht auf das Abführen. Dabei sei das erste Abführen – etwa mit Glaubersalz – ein wichtiger Startschuss in die Fastenwoche, so Kimmel. Gefastet werden sollte, besonders bei den ersten Malen, unter Anleitung von Ärzten oder ärztlich geprüften Fastenleitern. Kimmel empfiehlt: ein bis zweimal pro Jahr jeweils acht Tage lang – ein Entlastungstag, fünf Fastentage und zwei Aufbautage. Nebenwirkungen wie Schwindel oder Kopfschmerzen können auftreten, vergehen aber schnell wieder. 

Mehr Selbstvertrauen

Führt man die gewünschte Fastenmethode richtig durch, leidet man nicht unter Hunger. Die volle körperliche und geistige Leistungsfähigkeit bleibt trotzdem erhalten. Sollte doch irgendwann mal ein Hungergefühl auftreten, empfiehlt Kimmel, viel zu trinken. 

Neben der körperlichen Wirkung bringe das Fasten auch seelische und geistige Veränderungen mit sich. „Wenn man eine Fastenwoche geschafft hat, hat man das Gefühl, man schafft alles“, so Kimmel. Viele würden sich danach wohler und vitaler fühlen oder hätten einen gesteigerten Geschmackssinn. Die Fastenzeit gebe zudem mehr Selbstbewusstsein und Vertrauen. Außerdem sei der Erholungseffekt einer Fastenwoche so hoch wie der eines dreiwöchigen normalen Urlaubs. 

Für Kimmel zählt vor allem eins: „Die Besinnung auf eigene Bedürfnisse wird gestärkt sowie die Kreativität. Man denkt viel klarer.“ Das Fasten gibt ihr und den Teilnehmern ein Gefühl der Leichtigkeit und Freiheit.

Tipps für eine gelungene Fastenkur

  • Zwei Entlastungstage mit leichter Kost, bei der auf Zwischenmahlzeiten, Genussmittel, schwere Speisen und Fertiggerichte verzichtet wird.
  • Zwei bis drei Liter Wasser pro Tag trinken, gut geeignet sind Heilwässer mit vielen Mineralstoffen und basisch wirkendem Hydrogencarbonat.
  • An jedem Fastentag mindestens 60 Minuten an der frischen Luft bewegen. Deutlich gesteigerter Puls, mehr Körperwärme und leichtes Schwitzen sind gute Hinweise für die richtige Belastungsintensität und -dauer.
  • Während des Fastens täglich für mindestens 30 Minuten aktive Entspannung sorgen. Die ideale Ruhezeit liegt in der Mittagspause.
  • Nach dem Fasten langsam und bewusst beginnen, wieder zu essen und zu trinken. Gesund sind gering verarbeitete Lebensmittel und vorwiegend pflanzliche Kost.

Fotos: © Nicole Kimmel