Z’Basel am Rhy: Frauenstadtrundgang zum Rhein Freizeit | 03.05.2019 | Stella Schewe

Fähre-Klingental-Basel

Warum ist der Rhein männlich, wird als „Vater Rhein“ bezeichnet? Und seit wann gibt es Fährifrauen? Diesen Fragen geht „Z’Basel am mym Rhy“ nach, die neue Tour des Vereins Frauenstadtrundgang Basel.

Er ist Wahrzeichen, Herzstück und spielt seit der Antike eine zentrale Rolle in der Basler Geschichte: der Rhein. Ihm hat Johann Peter Hebel sein Gedicht „Z’Basel am mym Rhy“ gewidmet hat, das zu einer Art Hymne der Stadt wurde. „Aber hätte er nicht auch ‚Mutter Rhein’ heißen können?“, fragt Maja Adler zu Beginn der Tour herausfordernd. Schließlich seien die meisten Flüsse grammatikalisch doch weiblich … „Ha! So weit kommt’s noch“, entgegnet Peter Roth, der zweite Guide – mit langem, blau-gesträhnten Rauschebart als Vater Rhein verkleidet. „Ich bin ein mächtiger Fluss, und die Römer haben sich die großen Flüsse nun mal männlich vorgestellt. Also heißt es ‚pater Rhenus’!“

Das Wissen der beiden ist profund. Mehrere Jahre lang hat das Team von „Frauenstadtrundgang Basel“ – Studentinnen und Wissenschaftlerinnen der Uni Basel – zum Rhein recherchiert und geforscht. Auf diesen Erkenntnissen basiert der neueste ihrer unkonventionellen Stadtrundgänge. Für alle gilt: Sie nehmen die Geschlechterrollen unter die Lupe und sind auch für Männer offen. Adler und Roth erzählen von Rheinromantik sowie Loreley und führen die Gruppe vom Kunstmuseum über die Wett­steinbrücke hinunter an den Rhein.

BaselTour-Gianna-Heim

Die schönste Art, in Basel den Rhein zu überqueren, ist mit der Fähre. Seit 1992 werden sie auch von „Fährifrauen“ gesteuert, erzählen Peter Roth und Maja Adler auf der „Rhy“-Tour.

Am anderen Ufer sieht man winzige Holzhäuschen: die Fischergalgen mit ihren großen Netzen. Wie wurden früher Fische gefangen, wo wurden sie verkauft und was geschah in den 1980er-Jahren, jenem dunklen Kapitel der Stadtgeschichte? Maja Adler zieht einen weißen Laborkittel über und rechtfertigt sich, als Sandoz-Angestellte, wegen des Chemieunfalls im Jahr 1986. Damals flossen nach dem Brand einer Lagerhalle mehrere tausend Tonnen Löschwasser mit giftigen Chemikalien in den Rhein.

In dem blutrot gefärbten Wasser ging fast die gesamte Fischpopulation zugrunde. „Ja, des isch unglücklich gsi“, räumt sie auf breitestem Schwyzerdütsch ein, doch seien sie nicht die einzig Schuldigen. Empört streckt ihr Roth, der einen Bewohner Basels darstellt, sein Plakat entgegen: „Heute Fische, morgen wir“, steht darauf. „Als ob ihr unschuldig seid. Schon immer war
die Wasserqualität schlecht wegen euren Chemikalien und Abfällen. Und jetzt sowas!“ Im Anschluss an den Chemieunfall wurde 1986 das Aktionsprogramm „Rhein“ gestartet: 2008 sichtete man den ersten Lachs, 2009 wurden in Basel167 Lachse gezählt. „Noch sind es nicht so viele, dass wir beim Rheinschwimmen auf ganze Fischschwärme stoßen würden“, bedauert Roth.

Vor unsittlichen Blicken schützen

Jetzt geht es flussabwärts bis auf Höhe des Münsters, wo früher eine Schwimmschule war. Dass Badeanstalten wegen der „sinnlichen Reizung“ nach Geschlechtern getrennt waren, verstand sich bis Ende des 19. Jahrhunderts von selbst. Danach seien von der Obrigkeit ständig neue Badeordnungen erlassen worden, erzählt Adler: für anständige Kleidung, die Unzucht zwischen Mann und Frau verbieten sollte. „Doch niemals darf bis zu den Hüften, das Mädchen seinen Körper lüften“, zitiert sie lachend aus einer alten Ausgabe der Zeitschrift „Jugend“ und erinnert an den Skandal, als 1946 in Paris der „kleinste Badeanzug der Welt“ präsentiert wurde, der Bikini. Der in öffentlichen Badeanstalten natürlich verboten gewesen sei. Wenn heute an Sommertagen
Tausende von Menschen im Rhein schwimmen, „kann zum Glück jede die Badekleidung tragen, die sie will“.

Beim nächsten Stopp an der Mittleren Brücke geht es um die Hygienebewegung des 19. Jahrhunderts: Mittels Kanalisation und Stadtreinigung sagte man damals Gift und Krankheiten wie der Cholera den Kampf an, berichtet Roth, und zeigt über die Brücke auf eine Stelle unterhalb des Hotels „Les Trois Rois“, wo der unterirdische Birsig in den Rhein fließt. Bevor er überdeckt wurde, trug er den wenig schmeichelhaften Beinamen „Cloaca Maxima“, da er zur Entsorgung von Abfällen, Essensresten und Exkrementen genutzt wurde.

Über die Brücke – bis Mitte des 18. Jahrhunderts die einzige Verbindung zwischen Groß- und Kleinbasel – geht es flussabwärts zur letzten Station, der Anlegestelle der Klingentalfähre. Hier erinnern Adler und Roth an die erste „Fähri“, die 1854 über den Rhein fuhr und liebevoll „Rhymucke“ genannt wurde. Bis zur ersten „Fährifrau“ sollte es allerdings lange dauern: Erst 1992 trat Barbara Buser ihren Dienst an – anfangs noch argwöhnisch beäugt. „Schiffe werden doch von Männern gesteuert“, sagt Roth, der einen Passagier von damals spielt. „Ich bin mir jetzt nicht so sicher, ob Sie die Fähre auch wirklich fahren können!“ Sie konnte. Aktuell besteht das Team des Fähri-Vereins aus sechs Frauen und 43 Männern. Wenn auch langsam, aber der Rhein ist im Fluss – auch in Sachen Gleichberechtigung.

Info

Frauenstadtrundgang Basel
„Z’Basel an mym Rhy“
12. Mai, 14 Uhr, 19. Juni, 18 Uhr
Treffpunkt: Zschokke Brunnen beim Kunstmuseum
www.frauenstadtrundgang-basel.ch

Fotos: ©Basel Tourismus,  Gianna Heim