Bullerbüs Rückkehr: Freiburg wird sicherer – falsche Polizisten vor Gericht STADTGEPLAUDER | 29.04.2018 | Tanja Senn

Die Zahl der Straftaten sinkt, die Aufklärungsquote ist auf ihrem Höchststand: Freiburg ist nicht nur objektiv sicherer, auch bei den Bürgern kehrt langsam wieder das Bullerbü-Gefühl zurück.

Das bekommt auch das neu eingeführte Frauennachttaxi zu spüren – auch drei Monate nach Start ist die Nachfrage noch mau. An anderer Stelle ist jedoch Alarm angesagt: Betrügereien durch sogenannte „falsche Polizisten“ steigen explosionsartig.

„Wir konnten den unrühmlichen Spitzenplatz leider nicht abgeben.“ Man merkt Polizeipräsident Bernhard Rotzinger an, dass er bei der Vorstellung der jährlichen Kriminalitätsstatistik gerne mal etwas anderes verkünden würde. Aber Freiburg ist nach wie vor die kriminellste Großstadt im Land. Trotzdem: Die Zahl der Straftaten ist seit ihrem Höhepunkt im Jahr 2015 stetig gesunken. Die Aufklärungsrate hat zum ersten Mal in den vergangenen zehn Jahren die 60-Prozent-Marke durchbrochen.

„Freiburg ist objektiv sicherer geworden“, freute sich auch Thomas Strobel bei seinem Besuch in der Bächlestadt. Der Innenminister führt das auf die Sicherheitspartnerschaft zwischen Stadt und Land zurück, die seit einem Jahr besteht. Die zusätzlichen Polizisten haben bis Ende vergangenen Jahres mehr als 14.000 Personen kontrolliert und mehr als 300 festgenommen. Zusätzlich patrouillieren kommunale Ordnungshüter die Altstadt. Ab dem Sommer soll ein Ausbau der Videoüberwachung folgen.

Das selbstgesteckte Ziel von zehn Prozent weniger Gewaltstraftaten in Freiburg wurde zwar haushoch verfehlt – tatsächlich ist die Zahl nur um 5,4 Prozent auf 872 Fälle gesunken –, im Bereich der Altstadt zeigt sich jedoch ein deutlicher Erfolg: Hier sind die Gewaltverbrechen um satte 16 Prozent gesunken.

Vielleicht wirkt sich die höhere Polizeipräsenz auch auf die Nachfrage der Nachttaxis aus, die Frauen seit Ende vergangenen Jahres am Wochenende für sieben Euro nach Hause bringen. Von Dezember bis März haben diesen Service gerade einmal 60 Frauen genutzt. Damit die Stadt jedoch wie vereinbart höchstens 60.000 Euro pro Jahr zuschießen muss, müssen pro Nacht mindestens vier Frauen befördert werden. Davon ist das Projekt momentan noch weit entfernt.

Echt oder nicht? In Freiburg treiben immer mehr „falsche Polizisten“ ihr Unwesen – vier von ihnen wurden nun angeklagt.

Kritiker führen die geringe Nutzung vor allem auf den etwas abgelegenen Abfahrtsort „Auf der Zinnen“ beim Drogeriemarkt Müller zurück, von dem aus die Taxis bis zur Fertigstellung der Haltestelle Siegesdenkmal starten. Die aktuelle Statistik der Polizei zeigt jedoch noch ein ganz anderes Problem: Grund, sich in der Altstadt unwohl zu fühlen, haben demnach eher Männer als Frauen. So wurden hier im vergangenen Jahr 205 Männer Opfer von Straßenkriminalität wie Raubüberfällen oder schwerer Körperverletzung. Die Zahl der weiblichen Opfer lag im selben Zeitraum gerade einmal bei 26. Im Vergleich zum Vorjahr sind das deutlich weniger: So gab es 2016 noch zwölf Prozent mehr männliche und sogar 42 Prozent mehr weibliche Opfer.

Stark zugenommen hat in Freiburg jedoch eine ganz andere Opfergruppe: die Senioren. Immer mehr ältere Menschen werden Opfer von Betrug. Während vor einigen Jahren vor allem Enkeltrickbetrüger und Schockanrufer aktiv waren, geben sich Betrüger nun meist als Polizisten aus. 2014 wurden in Freiburg nur neun solcher Betrugsfälle erfasst, vergangenes Jahr waren es bereits 194. Die Polizei geht zudem von einer hohen Dunkelziffer aus. „Wir haben hier einen explosionsartigen Anstieg eines Phänomens, das uns auch die nächsten Jahre in Atem halten wird“, so Rotzinger, „das macht uns große Sorgen.“

Dass es sich dabei nicht um Lappalien handelt, zeigt ein Fall, der derzeit vor dem Landgericht Freiburg verhandelt wird. Vier Angeklagte sollen als vermeintliche Polizeibeamte ältere Menschen angerufen haben. Den Opfern wurde vorgespielt, dass ihr Vermögen in Gefahr sei. Deshalb würde jemand kommen, um ihr Vermögen in Sicherheit zu bringen. Durch vier solcher Taten sollen die Angeklagten mehr als 250.000 Euro erbeutet haben. „Hinter den Fällen verbergen sich oft Tragödien“, weiß auch Peter Egetemaier, Chef der Freiburger Kriminalpolizei: „Da werden die Leute teilweise um den letzten Cent gebracht.“

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