„Das hat kein Herz“: Neuer Standort für Musikzentrale erhitzt Gemüter STADTGEPLAUDER | 17.06.2020 | Till Neumann

Musikzentrale

Die ambitionierte Musikzentrale auf dem Güterbahnhof könnte Geschichte sein. Das Rathaus bietet dem Verein Multicore als Alternative ein Untergeschoss in der Karlsruher Straße an (Bild oben, rechtes Gebäude). Viele Wünsche können dort nicht erfüllt werden. Doch losgehen könnte es schon in Kürze.

Ende März fiel der Groschen: In einer Telefonkonferenz mit Stadtverwaltung, Kulturamt und Popsupport wurde Multicore informiert, dass ein neuer Standort für die Musikzentrale auf dem Tisch ist. An der Karlsruher Straße 52 – nicht weit vom Güterbahnhof – ist ein Kellergeschoss mit rund 650 Quadratmetern verfügbar. Dort könnten noch in diesem Jahr Proberäume eingerichtet werden.

Die Wunschlösung auf dem sogenannten D4-Areal am Güterbahnhof scheint damit vom Tisch. Die Reaktionen von Multicore-Chef Franck Mitaine und seinem Team sind emotional: In einer dreiseitigen Pressemitteilung wettern sie Anfang Mai gegen die neuen Pläne. „Äußerst verärgert“ zeigt sich der Vereinsvorstand darüber, dass ohne sein Wissen „Fakten geschaffen“ wurden.

Die Enttäuschung ist verständlich: Das Ziel von Multicore ist nicht nur, dringend benötigte Proberäume zu schaffen. Die umtriebige Musikerinitiative will ein Ensemble, ergänzt durch Konzertsaal, Studio und Künstlerresidenz. In der Karlsruher Straße sind jedoch lediglich Proberäume möglich. „10 bis 15 Stück“, schätzt Mitaine. Sein Team erarbeitet derzeit ein Nutzungskonzept dafür. Dennoch sagt der Multicore Chef zum Standort: „Das hat kein Herz.“

 Franck Mitaine und Tilo Buchholz.

Enttäuscht: Multicore-Chef Franck Mitaine (links) kritisiert den Popbeauftragten Tilo Buchholz.

Zwei weitere Punkte kritisiert die Vereinsspitze: Zum einen habe sie das Rathaus nicht ausreichend in die Planungen eingebunden. Zum anderen habe Popsupport Tilo Buchholz – angestellt bei der Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH (FWTM) – seine Rolle als Scharnier zwischen Verwaltung und Szene „in grober Weise verletzt“. Buchholz lobt Multicore für ihre gute Lobbyarbeit und kann die Enttäuschung verstehen. Er gibt aber zu bedenken: „Anspruch und Wirklichkeit sind zwei Faktoren.“ Im dünnen Haushalt sei eine Investition von vier bis fünf Millionen unwahrscheinlich. Zumal die Lage von D4 im Wohngebiet Schwierigkeiten mit sich bringe: Lärm für Anwohner und fehlende Stellplätze.

Der Popbeauftragte – selbst Musiker bei „The Brothers“ –  betont dennoch: „Ich finde das Konzept der Musikzentrale weiterhin gut.“ Könne der Gemeinderat eine Mehrheit dafür gewinnen, sei vieles möglich. Seine Scharnierfunktion sieht er gewährleistet: „Ich sitze zwischen den Stühlen, kriege den Mittelweg aber ganz gut hin.“

Die Option Karlsruher Straße 52 scheint ebenfalls ein Mittelweg – zwischen Projektpleite und Traumlösung. Die Fläche entspricht in etwa der von einer Etage auf D4. Das war die Größe, die zuletzt noch angedacht war in den Planungen der Verwaltung. Entscheider ist dort auch Baubürgermeister Martin Haag. Im September zeigte er sich bei der Multicore-Podiumsdiskussion auf dem Zollhallenplatz zur Musikzentrale gesprächsbereit. Nun stellt er klar: „Die Vorstellungen des Vereins Multicore und die Notwendigkeiten der Stadt waren nicht miteinander zu vereinbaren.“ Schließlich sollen ins Gebäude auch Räume für die Quartiersarbeit und ein Jugendtreff kommen. Und aufs Dach ein Bolzplatz. „Notwendig gewesen wäre eine deutliche Reduzierung des von Multicore gewünschten Programms, was für Multicore aber nicht möglich war“, sagt Haag.

Für den Baubürgermeister ist D4 für die Musiker vom Tisch. Die Karlsruher Straße ermögliche dafür die „zeitnahe Realisierung bezahlbarer Bandproberäume“. Man werde sich nun „ausschließlich darauf konzentrieren“. Multicore sieht das anders: Ihr Ziel bleibt eine große Lösung.

Fotos: © tln, Peter Hermann, Jannes Schilling

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