Die dubiose Dubai-Geschichte: FWTM-Chef kritisiert Land, Fraktionen im Rathaus sind aufgeschreckt STADTGEPLAUDER | 20.03.2022 | Lars Bargmann

Baden-Wuerttemberg Haus

Noch bis Ende März läuft die Weltausstellung in Dubai. Aber sie wird nicht nur ein Nachspiel haben: The Länd fordert von seinen Partnern Millionen Euro zurück. Wilhelm Bauer, Technologiebeauftragter des Wirtschaftsministeriums, muss sein Amt vorerst ruhen lassen. Der ehemalige Freiburger CDU-Stadtrat Daniel Sander wurde als Geschäftsführer der Ingenieurkammer Baden-Württemberg geschasst und sieht sich gegebenenfalls auch hohen Forderungen gegenüber, und Daniel Strowitzki, Geschäftsführer der Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH (FWTM) sowie der Expo GmbHsitzt in seinem Büro und sagt: „So geht man nicht mit seinen Partnern um.“

Es sei „frustrierend“, wenn man über die Presse erfährt, dass das Land eine Regressforderung in Millionenhöhe einfordern will, so Strowitzki. Das Wirtschaftsministerium hat ein Rechtsgutachten beauftragt, das zu dem Schluss kommt, dass es mehrere Millionen von der Baden-Württemberg Expo 2020 Dubai GmbH zurückfordern kann. 15 Millionen Euro hat der Pavillon in Dubai insgesamt gekostet. Mit 2,8 Millionen hatte sich das Land sicher beteiligt, der Rest sollte durch Sponsoren aufgebracht werden. Das aber war weitgehend ausgeblieben. Mündliche Zusagen von namhaften Unternehmen im Ländle wurden nicht mit Taten untermauert.

Von den Millionenforderungen weiß Strowitzki bis heute nur aus der Presse. Kein Telefonat, keine E-Mail vom Land, nichts. Die Expo-Gesellschafter – je 38 Prozent halten die FMMI, eine Tochter der FWTM, und die Ingenieurkammer, 24 Prozent das Fraunhofer Institut für Arbeitswissenschaft und Organisation (IAO), dessen Leiter Wilhelm Bauer ist – haben jetzt auch Anwaltskanzleien eingeschaltet. Die Freiburger Wirtschaftsanwälte von FGVW. Bei einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung der FWTM hat deren Jurist unlängst den Mitgliedern den Sachstand erläutert. „Wir gehen sehr zuversichtlich in eine etwaige gerichtliche Auseinandersetzung mit dem Land“, sagt Strowitzki.

Daniel Sander, von 2009 bis 2014 als CDU-Stadtrat auch in dem Gremium vertreten und seit 2011 bis zu seiner Kündigung Hauptgeschäftsführer der Ingenieurkammer Baden-Württemberg, hatte seinerzeit die Initialzündung für das Konstrukt gegeben, dass die Expo GmbH im Auftrag des Landes den Auftritt abwickelt. Im Herbst 2018 hatte Stefanie Hinz, damals Abteilungsleiterin im Wirtschaftsministerium und heute Landespolizeipräsidentin, Daniel Sander gegenüber den Expo-Machern in Dubai (der Expo LLC) als „Generalkommissar“ des Projekts benannt.

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Mit Hingucker-Qualitäten: Der Baden-Württemberg-Pavillon in Dubai kostet mit Betrieb 15 Millionen Euro. Rund 500.000 werden ihn Ende März besucht haben. 30 Euro pro Kontakt. Es gibt teurere Kontaktpreise. Trotzdem beherrscht der Zoff die Szenerie.

Mit diesem Titel ist offenbar das Recht verbunden, für das Land Verträge zu unterzeichnen. Ende Januar 2019 unterzeichnete Sander in dieser Rolle in Dubai im Beisein der damaligen Wirtschafts-Staatssekretärin Katrin Schütz (CDU) einen Vertrag über den Bau des Pavillons. Als Vertragspartner firmierte jedoch nicht die private Expo GmbH, sondern das Land. Nur dass in Stuttgart davon offenbar zu wenige oder nicht die richtigen etwas wussten. Oder wissen wollen. Dubioses in Dubai.

Sander soll gegenüber dem Ministerium am 8. Februar 2019 bestätigt haben, dass das wirtschaftliche Risiko bei der Expo GmbH liege. Erst aber als dann die Sponsorengelder nicht kamen, kam Druck auf den Kessel.

Vom 15. Oktober 2020 bis 15. Januar gab es im Stuttgarter Landtag einen Untersuchungsausschuss mit zehn Verhandlungstagen. Sander saß sieben Stunden vor dem Gremium. Der Abschlussbericht umfasst 740 Seiten. 26 Zeugen wurden vernommen. Eine Anfrage des Wirtschaftsmagazins business im Breisgau ließ Sander unbeantwortet.

Nach diesem Untersuchungsausschuss gab das Wirtschaftsministerium das Gutachten in Auftrag, auf das das Land nun seine Millionenforderungen stützt – es aber nicht an seine Partner herausrückt. „Wir kennen die Inhalte nicht“, sagt Strowitzki. Dass der damalige Hauptgeschäftsführer der Ingenieurkammer mit der Abgabe der Erklärung seine Kompetenzen überschritte habe, führe „nicht zu einer Enthaftung der Projektpartner“, heißt es. Die Kanzlei CMS soll die Ansprüche erst außergerichtlich, notfalls aber auch gerichtlich durchfechten.

Die Fraktionen im Freiburger Rathaus wurden ebenfalls durch die Presse aufgeschreckt. Und verlangen Aufklärung. Die aber kann Strowitzki – noch – nicht leisten. Die Grünen kritisieren in einem Schreiben an OB Martin Horn, dass im Beteiligungsbericht nie ein Risiko aus der Expo-Beteiligung genannt worden ist. „Bis zu den Presseberichten“, sagt Strowitzki, „gab es kein Risiko.“

Fotos: © Erik Arazas