Die Gemüse-Genossen: Einblick in die Gartencoop Freiburg STADTGEPLAUDER | 09.03.2021 | Heide Bergmann

Gartencoop Freiburg

Bio-Gemüse, geerntet vor den Toren der Stadt – die Gartencoop Freiburg liefert kistenweise gesunden Genuss für mehr als 300 Haushalte. Die Mitglieder können dann „ihr“ Gemüse genießen: Sie sind nicht nur Konsumenten, sondern packen selbst mit an.

Kisten mit Lauch, Radicchio, Grünkohl, Butterrüben, Rotkohl, Pastinaken, Möhren stapeln sich in dem kleinen Lagerraum. Es duftet nach frischer Petersilie und Sellerie. Am Morgen wurde das Bio-Gemüse in der Gartencoop bei Tunsel, in der Nähe von Bad Krozingen, geerntet, abgewogen und in Kisten gepackt. Im Car-Sharing-Transporter gings zum Umschlagplatz in der Stadt, wo es in Fahrrad-Anhängern zu den 18 Verteilpunkten gebracht wurde.

Wie jeden Donnerstag holt Svenja Fugmann ihre Gemüseration am Tennenbacher Platz ab. Seit zehn Jahren ist sie Mitglied der Gartencoop: „Die Idee, die Ernte zu teilen, egal, was es gibt, Verantwortung zu übernehmen, ein Teil der Gemeinschaft zu sein und möglichst klimaneutral zu wirtschaften, haben mich überzeugt. Ich dachte damals: Das ist mein Projekt.“

Solidarische Landwirtschaft

Sie, ihr Mann und ihr vierjähriger Sohn ernähren sich aus der Coop-Kiste und möchten nicht mehr darauf verzichten. Denn es ist auch „ihr“ Gemüse und es schmeckt besonders gut. Die wöchentliche Lieferung der Gartencoop ist mehr als eine Abo-Kiste: Als Mitglieder in der Gartencoop sind die Fugmanns nicht nur Konsumenten, sie teilen sich die Arbeit, das Risiko und die Ernte.

Mehr als 300 Initiativen der „Solidarischen Landwirtschaft“ gibt es bundesweit, rund um Freiburg sind es vier. Die Idee ist einfach: Erzeuger und Verbraucher schließen sich zusammen und wirtschaften dadurch kostengünstig, ökologisch, regional und selbstbestimmt. So auch die Gartencoop, die 2010 gegründet wurde und heute 300 Mitglieder hat. 2020 erhielt sie den Klimaschutzpreis der Stadt Freiburg.

Gartencoop Freiburg Hofstelle

Palmkohl und Vulkanspargel neben Lauch und Radieschen: Als Kooperative kann die Gartencoop auch Sorten anbauen, die nicht marktfähig sind.

In Tunsel hat die Coop zehn Hektar Land gepachtet und eine Hofstelle mit Lagerräumen gemietet. Sieben fest angestellte Gärtner und Gärtnerinnen arbeiten vor Ort. Im Freiland und in unbeheizten Folientunneln werden 70 verschiedene Gemüsekulturen angebaut sowie Kartoffeln und Getreide. Alles samenfeste Sorten. Auch eine Streuobstwiese gehört dazu.

Krumm und köstlich

Kurze Wege, wenig Maschineneinsatz, viel Handarbeit, eine nachhaltige Humuswirtschaft und solidarisches Handeln sind wesentlich für die Coop. Die Mitglieder zahlen eine einmalige Einlage von 400 Euro sowie einen monatlichen Beitrag nach Selbsteinschätzung. Die Finanzen und alle wichtigen Fragen des Betriebs werden basisdemokratisch beschlossen. An fünf halben Tagen im Jahr helfen die Mitglieder beim Jäten, Ernten und Packen von Gemüse und übernehmen Fahrradtransporte. „Alles ist gut organisiert“, erzählt Fugmann, „und in zehn Jahren Routine geworden. An Erntetagen wird gekocht. Es ist immer eine tolle Atmosphäre. Jung und Alt sitzen dann zusammen, manche bringen ihre Kinder mit. Es ist bunt mit so vielen verschiedenen Menschen.“

Als Kooperative ist die Gartencoop weitgehend unabhängig von den Marktmechanismen und hat keinen Druck, sich auf wenige, marktfähige Sorten zu spezialisieren. So baut sie auch alte, fast vergessene Sorten an wie Palmkohl, Vulkanspargel oder Kiwano und erhält so die biologische Vielfalt. Samenfeste Sorten zu verwenden hat noch einen Vorteil: Man kann sie nachbauen und muss den Samen nicht zukaufen. Auch das ist Fugmann und den Coop-Mitgliedern wichtig. „Es geht darum, den Agrarkonzernen etwas entgegenzusetzen und ihren großen Teil ein bisschen kleiner zu machen.“ Geschmacklich überzeugen diese Sorten allemal. „Wenn man an samenfeste Sorten gewöhnt ist, dann schmeckt einem das gewöhnliche Gemüse, zum Beispiel im Restaurant, nicht mehr.“

Gartencoop Freiburg Ernte

Bei der Ernte in Tunsel wird auch nicht so perfektes Gemüse verwertet. In die Kisten kommt das, was es gerade gibt: im Winter meist Lagergemüse, im Sommer große Mengen an frischem Salat, Tomaten oder Gurken. Den Inhalt der Kiste nicht auswählen zu können, war für Fugmann anfangs noch ungewohnt: „Ich hatte noch nie Pastinaken gesehen, Rüben oder Haferwurzeln. Aber dann hab ich gelernt, wie man sie kocht. Jetzt ist es normal. Ich bekomme die Kiste, guck rein und weiß, okay, am Wochenende gibt es das und das. Im Sommer hatten wir jede Mengen Gurken. Ich hab mich erkundigt, wie man sie einmacht. Inzwischen sind die eingelegten Gurken bei uns der Hit.“

Als Umweltpädagogin im Leitungsteam der Freiburger Ökostation hat Svenja Fugmann häufig mit Fragen dazu zu tun, wie sich der ökologische Fußabdruck verkleinern lässt. „Ein wichtiger Punkt ist, beim regionalen Erzeuger einzukaufen. Auch Lebensmittel nicht zu verschwenden. Einfach den Blick ändern und Gemüse kaufen, das nicht der Norm entspricht. Auch mal krummes nehmen, zu großes, zu kleines, es ist trotzdem wertvoll.“

Info

www.gartencoop.org

Fotos: © cc-by-sa/Gartencoop Freiburg