Die Retter der Tafelrunde verleihen Geschirr mit Geschichte STADTGEPLAUDER | 30.01.2016

Zu Weihnachten 1954 von deinem Bruder Fredi“ steht in Goldlettern auf der Tasse. Das Service daneben hatte einst eine Großtante zur Kommunion verschenkt. Und das Kaffeegedeck gegenüber war mal Teil einer Aussteuer, die länger zum Haushalt gehörte als der Ehemann. Wenn Marta und Daniel Theuerkaufer eine Kaffeetafel bestücken, hat jede Tasse, jeder Teller und jedes Milchkännchen eine Geschichte. Die Retter der Tafelrunde verleihen Porzellan und Deko aus den 40er- bis 70er-Jahren – und haben mittlerweile eine immense Sammlung zusammengetragen.

Shabby Chic hat bei ihnen keine Chance: Die Sammlung der Jungunternehmer enthält nur tatsächlich alte Gedecke.

Inventur ist bei den Freiburger Jungunternehmern eine tagelange Angelegenheit: 218 Sammeltassen, 30 Kaffeekannen, 15 Milchkännchen, 11 Zuckerdosen, 28 Blumenvasen und viele weitere Stücke wollen gezählt, fotografiert und winterfest verpackt werden. Die Hochzeitssaison ist rum, das Ehepaar kann wieder durchatmen.

Anfragen für Weihnachts- oder Silvesterfeiern gibt es bisher kaum, dafür sind sie im Sommer jedes Wochenende unterwegs. Sie stellen das Porzellan für Feiern zusammen, verpacken es, bauen es auf Wunsch auf, dekorieren und binden Blumenschmuck, spülen das Geschirr nach der Feier ab. Und wenn gerade keine Hochzeit ansteht, sind sie auf Flohmärkten oder in Secondhandläden unterwegs, um zwischen Tand und Trödel die eine Zuckerdose zu finden, die genau in ihre Sammlung passt.

Dabei betreiben sie und ihr Mann den Verleih nur nebenberuflich – zum Leben reicht der Umsatz nicht. 3,60 Euro kostet ein 3er-Gedeck pro Person für eine Gesellschaft mit mehr als 50 Gästen. „Jeder soll es sich leisten können“, sagt Daniel Theuerkaufer. Und wenn eine Anfrage aus Hamburg kommt, steigt das Ehepaar auch mal kurzentschlossen ins Auto und bringt das Porzellan zu einer Feier in die Hansestadt. Seine Kundschaft hat das seit 2014 bestehende Jungunternehmen nämlich nicht nur in Freiburg, sondern mittlerweile auch in anderen deutschen Städten und der Schweiz.

Die Nachfrage steigt: Der Used Look ist in, Vintage ist das Modewort der Einrichtungsindustrie, doch bei den Theuerkaufers wird nicht auf alt gemacht. „Anbieter von Shabby Chic gibt es immer mehr“, beschreibt der hauptberufliche Mediengestalter den Trend, „aber wirklich altes Geschirr, wie wir es haben, bieten in Deutschland nur zwei, drei andere zum Verleih an.“

Verliehen werden sogar Lieblingsstücke – in der Hoffnung, dass alles wieder heil zurückkommt. Deshalb gibt es auch nur ein Fest, für das sie ihr Porzellan nicht verleihen: den Polterabend.

Text: Tanja Bruckert / Fotos: © Die Retter der Tafelrunde / Daniel Theuerkaufer, weiundihrtag.de