Die unendliche Geschichte um die Ganter Grundstücksgesellschaft STADTGEPLAUDER | 21.03.2021 | Lars Bargmann

Luftbild Brauerei Ganter Entwicklungsplatz Brauereigelände: Das Flaschenkellergebäude steht vorne an der Schwarzwaldstraße.

Bei der Freiburger Ganter Brauerei läuft’s in der Regel flüssig. Wenn es aber um die Entwicklung des Grundstücks geht, ist der Aggregatzustand eher als fest zu bezeichnen. Oder auch als gasförmig. Markus Scherrle, Geschäftsführer der Ganter Real Estate Nr. 1 GmbH, und Hartmut Martin, Geschäftsführer der Ganter Grundstücks GmbH, blocken Fragen zum aktuellen Stand hartnäckig ab. Ein erster Mietvertrag für den Flaschenkeller ist bereits geplatzt.

Seit nunmehr zehn Jahren geht bei der Entwicklung des Brauereiareals kaum etwas voran. Im April 2017 hatte das Freiburger Stadtmagazin chilli exklusiv berichtet, dass die zur australischen TFE Hotelkette zählende Adina Apartment Hotel einen langfristigen Pachtvertrag im insgesamt rund 18.000 Quadratmeter fassenden Flaschenkellergebäude an der Schwarzwaldstraße unterzeichnet hatte. Rund 120 Zimmer und Apartments, 191 Tiefgaragenplätze, die Eröffnung war für 2020 geplant. Das Investitionsvolumen sollte sich auf bis zu 25 Millionen Euro belaufen. Eine Baugenehmigung für den Umbau des Gebäudes liegt schon seit Jahren vor. Auch eine Visualisierung mit schicker Fassade von Schaller Architekten aus Stuttgart gibt es schon seit Jahren.

Der ehemalige Flaschenkeller biete den „perfekten Rahmen für ein neues Adina Apartment Hotel“ hatte ein Sprecher im April 2017 auf Anfrage mitgeteilt. „Freiburg hat sich zu einem der dynamischsten Hotelmärkte in Deutschland entwickelt“, begründete Adina-Entwicklungschef Matthias Niemeyer im Juli 2017 das Engagement. „Momentan fokussieren wir uns auf die Eröffnungen in diesem Jahr, und hier stehen nun als erste von fünf Wien und Köln an“, teilt eine Adina-Sprecherin heute mit. Zu den Projekten „nach 2021“ könne sie derzeit noch nichts sagen. So viel aber lässt sich sagen: Die Tonlage hat sich von Dur auf Moll verändert.

Im Juni 2017 schloss dann die Rückgrat-Gruppe um Firmenchef Rudolf Plüddemann ebenfalls einen Vertrag über 2500 Quadratmeter Fläche (wir hatten als erstes Medium berichtet), um darauf ein weiteres Fitnessstudio zu eröffnen. Fitness statt Flaschen war die Devise. „Die Sache ist tot, Ganter hat mir abgesagt, die zeitlich befristeten Verträge sind ausgelaufen“, erklärt Plüddemann jetzt auf Anfrage des business im Breisgau. Nach seinen Informationen suchen die Ganter-Verantwortlichen derzeit einen Investor, der das Ganze in die Hand nimmt. „Wir befinden uns in verschiedenen laufenden Prozessen und vertraulichen Gesprächen“, sagt Scherrle. Die Zeit sei „leider noch nicht reif, der Öffentlichkeit Informationen präsentieren zu können“.

Im Februar 2018 haben wir berichtet, dass Martin sich mit dem Freiburger Stadtplanungsamtsleiter Roland Jerusalem darauf verständigt hatte, einen Architektenwettbewerb auszuloben. Der Prozess sollte Mitte 2018 starten. Auch das ist nicht passiert. Im November hatte Scherrle dann Neuigkeiten beim Umbau des Flaschenkellers angekündigt. Der Umbau solle in der zweiten Jahreshälfte 2019 starten. Ein Trugschluss.

Ganter hat neben dem Flaschenkeller offenbar zudem massive Probleme, für die Forderung der Stadtverwaltung nach 50 Prozent sozialem Mietwohnungsbau eine Lösung zu finden. Die berühmt-berüchtigte Quote hatte der Freiburger Gemeinderat im Mai 2015 mit der knappsten und einer sehr bunten Mehrheit (25:24) gegen das Votum von Grünen, CDU, Freien Wählern und Oberbürgermeister durchgesetzt. Bislang ein nahezu wirkungsfreier Beschluss. Aber einer, der dennoch auch fast sechs Jahre später gilt und im Dietenbach für mehr als 3200 soziale Mietwohnungen sorgen soll.

Der Sozialquotenbeschluss gilt immer dann, wenn ein neuer Bebauungsplan aufgestellt wird. Das ist bei Ganter unabdingbar. Eine Lösung könnte also sein, so zu bauen. Eine andere, stattdessen Flächen ans Rathaus abzutreten, damit die Stadt auf denen dann sozialen Mietwohnungsbau herstellen kann. Diesen Weg haben in der Vergangenheit einige Projektentwickler und Bauträger beschritten. Auch zu dieser Frage aber äußern sich die Ganter-Verantwortlichen nicht.

Dabei braucht die Stadt durchaus Flächen von Ganter, um den oberflächigen Ganter-Anschluss des 325 Millionen Euro schweren Stadttunnels anständig bauen zu können. An der Ecke Schwarzwald und Fabrikstraße. Das längere Ende des Taus am ganterschen Knoten hat Baubürgermeister Martin Haag in der Hand, weil das Allgemeinwohl (Stadttunnel) vor individuellen Interessen Vorfahrt hat. Der Dezernent sagte seinerzeit zum chilli: „Wir können da ganz einfach zusammenkommen, wenn Ganter uns mit den Flächen hilft, helfen wir Ganter über das Baurecht für die geplante Bebauung.“

Auch eine neue Nutzung für die denkmalgeschützte Mälzerei zählt offenbar zu den seit Jahren ungelösten Aufgaben auf der insgesamt drei Fußballfelder großen, innenstadtnahen Entwicklungsfläche. Auf der auch rund 350 Wohnungen gebaut werden sollen. In durchaus attraktiver Lage an der Dreisam.

Die Brauerei hat unlängst beim jüngsten DLG-Wettbewerb den Gewinn von vier Goldmedaillen für Ganter-Biere gemeldet. Ob es für die Grundstücksentwicklung auch irgendwann Edelmetall gibt, ist völlig offen.

Foto: © Brauerei Ganter