Fahrtenschreiber-Festival in Freiburg STADTGEPLAUDER | 07.07.2016

Freiburg hat ein neues Festival, ein kleines Literatur-Festival, das auf den Namen „Fahrtenschreiber“ hört. Zehn Autoren mit ausgeprägter Reiseerfahrung reisen am 8. und 9. Juli an und lesen im Alten Wiehrebahnhof und im Theater im Marienbad. Veranstalter sind das Freiburger Literaturbüro und das Deutsche Seminar an der Universität. In einem ziemlich prallen Programm begegnen sich Autoren und Übersetzer, Wissenschaftler und Publizisten, Studierende und Interessierte, die miteinander über das Schreiben in einer globalisierten Welt ins Gespräch kommen wollen. Und sicher auch mit dem Publikum.

Fahrtenschreiber? Ist das nicht das Gerät, das fein säuberlich sämtliche Lenk- und Ruhezeiten, Um- und Abwege, Geschwindigkeiten und außergewöhnliche Vorkommnisse aufzeichnet? „Ja“, sagt Martin Bruch, der Leiter des Literaturbüros: So wie ein Fahrtenschreiber „jede Bewegung ganz genau registriert“, so sei genaue Beobachtung, exakte Wahrnehmung die Grundlage jeglichen Schreibens, unabhängig davon, wie kreativ die Interpretation oder wie poetisch die Verdichtung des Erlebten ausfalle.
 
Fahrtenschreiber können also auch Menschen sein, die genau beobachtend unterwegs sind und ihre persönlichen Schlüsse aus ungewöhnlichen Erlebnissen oder der Begegnung mit anderen Menschen, unbekannten Landschaften, neuen Geschichten oder fremd anmutenden Gefühlen aufschreiben. Und zehn solche interkulturelle Fahrtenschreiber sind beim Freiburger Festival zu Gast: Autoren, die mindestens eins gemein haben: Sie haben schon viele Wege zurückgelegt, sind aus verschiedenen Teilen der Welt in verschiedene andere Teile gezogen, leben – und schreiben – mit, in und zwischen mehreren Sprachen.
 
Unter ihnen sind etwa Angelika Overath, Ilma Rakusa, Shida Bazyar und Artur Becker. Unter ihnen ist auch der „andalusische Schwarzwälder“ José F.A. Oliver aus Hausach, zu dessen frühen lyrischen Arbeiten ein Gedicht namens „Fahrtenschreiber“ gehört. Er wird sich mit der Madrider Germanistin Ana Ruiz über interkulturelle Literatur unterhalten, wobei sein eigenes, von der poetischen Auseinandersetzung mit verschiedenen Sprachen und Kulturen geprägtes Werk viel Raum einnehmen wird. Er wird auch aus seinem neuen Buch lesen: „21 Gedichte aus Istanbul 4 Briefe & 10 Fotow:orte“.
 
Der vielseitige Dichter tritt dabei nicht nur als Autor, sondern auch als Mitgestalter des vom Literatursommer Baden-Württemberg geförderten Festivals in Erscheinung. In einer Poetik-Schreibwerkstatt hat Oliver mit 25 Studierenden Skizzen, Gedichte und Prosaminiaturen um die Begriffe Herkunft, Ankunft und Zukunft erarbeitet – und dabei Räume geschaffen, in denen „die Poesie, die jeder Mensch in sich trägt, freigelassen werden kann.“
 
Die hier entstandenen Texte werden in einer szenischen Lesung mit Schauspielern und dem algerischen Tänzer Salim Ben Mammar präsentiert. Bevor das Festival danach mit einem Fest ausklingt, gibt es noch eine „Ohrfeige“: Abbas Khider liest aus seinem so betitelten Buch, das in diesem Frühjahr für viel Aufsehen sorgte.
 
Fahrtenschreiber – Festival für Literatur einer globalisierten Welt
8. und 9. Juli 2016
Literaturbüro Freiburg, Urachstr. 40 (Alter Wiehrebahnhof)
Theater im Marienbad, Marienstr. 4
Infos & Programm:
www.fahrtenschreiber-festival.com
 
 
Text: Erika Weisser / Illustration: © Andreas Töpfer, nach Fotografien (v.l.o.n.r.u.) von: Timm Kölln, Magdalena Becker, Joachim Gern, Heike Steinweg, Giorgio von Arb, Peter von Felbert, UIMP, Marie-Christine Gollner-Schmid, Yves Noir, Peter-Andreas Hassiepen, Kirill Golovchenko