»Produktivität ist gestiegen« : Firma Mewa testet 4-Tage-Woche erfolgreich – andere straucheln Gesellschaft | 21.03.2025 | Till Neumann

Illustration 4 Tage Woche

Weniger arbeiten zu gleichem Lohn? Das nennt sich echte 4-Tage-Woche. Die Firma Mewa aus Kirchzarten testet das Modell seit Oktober. Der Geschäftsführende Gesellschafter Eric Päutz ist begeistert. Untersuchungen zeigen jedoch: Nicht überall klappt das so einwandfrei.

Noch 2024 wurde bei der Firma Mewa regulär gearbeitet: Fünf Tage die Woche, 40 Stunden lang. Eric Päutz wollte das ändern. Mit einer echten 4-Tage-Woche. Also 32 Stunden bei gleichbleibendem Gehalt.

Päutz stellt klar: „Es geht mit Sicherheit nicht, wenn ich sage, ich mache jetzt mal acht Stunden weniger die Woche. Und schau, wie es funktioniert.“ Entscheidend sei: „Man muss die betrieblichen Prozesse anpassen.“ Also hat der studierte VWLer sich vorab eineinhalb Jahre Zeit genommen: einlesen, Untersuchungen studieren, mit Experten sprechen.

Im Oktober ging es los für seine 14 Angestellten: „Die Mitarbeiter waren begeistert, aber auch perplex: Wie soll das funktionieren?“ Päutz’ Ansatz war, die Prozessoptimierungen nicht von oben nach unten zu machen, sondern mit dem Team. Seine Frage: Was läuft nicht optimal? Daraufhin seien Vorschläge gekommen.

Kerngeschäft von Mewa ist die Belieferung von Unternehmen mit Kaffee- und Snackautomaten sowie Kalt­getränken. Die Automaten werden bei regelmäßigen Touren aufgefüllt. Ein Verbesserungsvorschlag war: nicht eine Tour für alles zu machen. Sondern die Touren nach Produkten aufzuteilen. Eine für Kaffee, eine für Snacks, eine für Getränke. „Das haben wir gemacht und relativ schnell gemerkt: Wir müssen Kunden gar nicht dreimal die Woche anfahren.“ Es reichen teilweise auch zwei Touren. Das Ergebnis mittlerweile: „Wir haben 20 Prozent weniger gefahrene Kilometer.“

Eric Päutz: „Man braucht Mut und einen Chef, der dafür brennt.“

Eric Päutz: „Man braucht Mut

und einen Chef, der dafür brennt.“

Die 4-Tage-Woche hat im Team zu einer Aufteilung geführt. Im Januar arbeitete die eine Teamhälfte von Montag bis Donnerstag. Die andere von Dienstag bis Freitag. Im Februar wurde gedreht. Auch er macht seit Januar die 4-Tage-Woche. „Man merkt, dass das Unternehmen auch einen Tag ohne Chef funktionieren kann.“

Er möchte, dass seine Angestellten den freien Tag für Arztbesuche, Haushalt oder Erholung nutzen. Seine Sorge sei gewesen, dass anderswo gejobbt werde. Verbieten könne er das nicht. Doch das Team habe gemeinsam beschlossen, dass am freien Tag nicht gearbeitet wird.

Bisher hat sich das Experiment gelohnt: „Die Produktivität ist gestiegen“, berichtet Päutz. Mitarbeiter seien motivierter, aufgeweckter, konstruktiver. Und dafür weniger frustriert, weil sie nicht wahrgenommen werden, ihre Vorschläge nicht ernst genommen würden. „Das hat sich gedreht und klappt wunderbar.“

Päutz betont: „Man braucht Mut und einen Chef, der dafür brennt.“ Er müsse seinen Leuten vertrauen. Und die müssten alle mitziehen. Ein weiterer Aspekt: Teilzeitkräfte haben im Mewa-System keinen Platz mehr. „Wir setzen nur noch auf Vollzeitbeschäftigte. Die jedoch gefühlt wie in Teilzeit arbeiten.“ Für Päutz ist das Modell die Zukunft: „Man muss sich davon lösen, dass alles, was gut war, in der Vergangenheit ist“, betont Päutz. Bis zum 30. April geht der Test. Dann werde evaluiert, Mewa mache aber definitiv so weiter.

Auch bei anderen funktioniert das. Eine Studie der Universität Münster hat 2024 über sechs Monate 40 Unternehmen begleitet, die das Modell erproben. Zum Beispiel das Holzindustrieunternehmen Finnholz aus dem Münsterland. Es hat den Freitag zum Frei-Tag erklärt, um die Belegschaft zu motivieren.

Das sei vielerorts gelungen, berichtet Studienleiterin Julia Backmann gegenüber der Tagesschau. Sie gibt allerdings zu bedenken, dass dieser Push verpuffen könne, wenn das Modell flächendeckend existiere. Dennoch: Die teilnehmenden Unternehmen hätten größtenteils stabile Umsätze und Gewinne verzeichnet – bei geringeren Arbeitszeiten. Der Grund: Prozesse sind wie bei Mewa optimiert worden. Das Stresslevel – gemessen mit Fitnessuhren – gesunken.

Nur 20 Prozent der mitmachenden Firmen kehren wieder zur 5-Tage-Woche zurück. 39 Prozent wollen die Vier-Tage-Woche dauerhaft behalten, 34 Prozent verlängern die Testphase.

Schlecht gelaufen ist es, so die Tagesschau, bei einem Reisebüro in Münster. Da viele Kunde samstags buchen wollen, sei das Team mit sieben Angestellten montags in E-Mails ertrunken.

Einen anderen Weg schlägt Griechenland ein. Im Juni 2024 hat die Regierung dort veranlasst, dass eine 6-­Tage-Woche möglich ist. Für den sechsten Tag gibt es 40 Prozent mehr Gehalt. Wenn der ein Sonn- oder Feiertag ist, gibt es 115 Prozent zusätzlich. Das soll den Fachkräftemangel und die Schwarzarbeit bekämpfen. Gewerkschaften und Arbeitsrechtler kritisieren das Modell. 

Illustration: © Freepik; Foto: © MEWA