Emmendinger Start-Up entwickelt neuartiges Desinfektionsmittel Gesundheit | 04.01.2021 | Liliane Herzberg

Sterilius Stehen hinter Sterilius: Lovis Schumacher (rechts) und Christian Königer mit ihren Mitarbeiterinnen Esther Voßler (links) und Eva Germann.

Eine Salzlösung, Sauerstoff, Strom und ein Elektrolyseapparat: Mehr benötigen die Macher von Sterilius nicht für die Produktion ihres Desinfektionsmittels. Die Flüssigkeit wirkt gegen Viren, Bakterien, Pilze und lässt sich etwa beim Menschen, bei der Oberflächen- oder auch Trinkwasserreinigung einsetzen. Dabei verzichtet das Start-up auf Gefahrenstoffe oder Alkohol.

Das mittlerweile siebenköpfige Team von Sterilius hat von einer Ausnahmeregel profitiert, die in Deutschland von März bis Oktober wegen der Corona-Pandemie erlassen wurde und mit der sich Desinfektionsmittel vereinfacht herstellen ließ. „Wir wussten, dass es jetzt an der Zeit ist, das Projekt, das wir schon länger im Hinterkopf haben, richtig anzugehen. Wir haben uns eine Frist bis Juni gesetzt, losgearbeitet und langsam unsere Firma ins Leben gerufen“, erinnert sich Lovis Schumacher, einer von drei Gründern von Sterilius.

Biozid-Produkte, mit denen Schadorganismen zerstört werden, müssen in der EU ein zweistufiges Verfahren durchlaufen. Im ersten erfolgt die Zulassung des Wirkstoffs, im zweiten wird das Produkt genehmigt. Die erste Hürde hat Sterilius bereits geschafft, seit Oktober dürfen sie in Deutschland verkaufen, Kunden hat das Unternehmen bereits in der ganzen Republik. „400.000 Euro bis 500.000 Euro an Ausgaben werden wir nach der zweiten Zulassung bestimmt haben, die Anlage hat bereits etwa 120.000 Euro gekostet, mit 250.000 Euro hat uns die Volksbank Freiburg unterstützt“, erzählt Schumacher.

Anders als andere Kreditinstitute war die Volksbank schnell bereit, die Existenzgründung mitzufinanzieren. „Die hatten einen tollen Businessplan. Wir prüfen das Ganze dann, macht das Vorhaben Sinn, ist das in der Region umsetzbar? Es gibt Pharmakonzerne in der Gegend, auch Basel ist nicht weit“, erklärt Sabrina Graner, Firmenkundenbetreuerin der Volksbank.

Das Desinfektionsmittel wird in einem speziellen Elektrolyseverfahren aus einer Salzlösung hergestellt. In der Lösung wird Sauerstoff gespeichert. Im Kontakt mit Keimen wird der freigesetzt und entfaltet die oxidative Wirkung der Lösung. Danach zerfällt das Produkt wieder in die Bestandteile Salzlösung und Sauerstoff. Zwar dürfe Schumacher es nicht als harmlos bewerben, da jedes Biozid Mikroorganismen tötet. „Es geht grundsätzlich eine Gefahr von ihnen aus, aber in der Konzentration der Verwendung besteht keine Gefahrstoff-Einstufung gemäß CLP-Verordnung (europäische Richtlinie für die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, d. Red.).“ Ein dermatologisches Siegel garantiert die Hautverträglichkeit, es gebe keine Kontaktallergien und auch das Einatmen des Sprühnebels sei im Gegensatz zu anderen Desinfektionsprodukten unbedenklich.

Nachhaltigkeit und Regionalität – das sind die beiden Kernkomponenten, auf die Sterilius setzt, um sich von der Konkurrenz abzugrenzen. Denn die ist nicht ohne: Etwa 90 Prozent aller klassischen Desinfektionsmittel seien auf Alkoholbasis, fünf Prozent mit anderen gefährlichen Wirkstoffen und nur maximal fünf Prozent ähnlich hergestellt wie Sterilius, erklärt Schumacher.

Sterilius ist ein Multitalent. Egal ob Hände, Arbeitsflächen oder Tierfutternapf – das Desinfektionsmittel erfüllt seinen Zweck. „Es gibt verschiedene Anwendungsbereiche, und unser Mittel deckt alle ab“, so der 23-Jährige. Neben der menschlichen Hygiene, Oberflächen und dem Trinkwasser sind das auch Lebensmittel und der Veterinärbereich. „Wir sind die Zukunft, die Leute wollen weg von gefährlichen Chemikalien, und wir arbeiten komplett ohne solche Zusätze.“ Um etwaige Salzrückstände zu entfernen, müsse bei der Anwendung etwa auf Oberflächen lediglich nachgewischt werden. „Das ist ein simples Produkt, das sehr viel kann.“

Fotos: © Michael Kohler, herz