Aus dem Labor in die Klinik – Freiburger Krebsforscher Robert Zeiser gewinnt höchsten deutschen Forschungspreis Forschung | 24.02.2025 | Philip Thomas

Erhält 2,5 Millionen Euro für seine Forschung: Robert Zeiser Erhält 2,5 Millionen Euro für seine Forschung: Robert Zeiser

Seit mehr als 20 Jahren erforscht Robert Zeiser Krebserkrankungen und die Rolle des Immunsystems bei der Bekämpfung von Tumoren. Seine Mission: weitere Therapien sowie Medikamente in die Zulassung bringen. Nun wurde der Freiburger mit dem höchsten deutschen Forschungspreis ausgezeichnet.

„Das ist eine riesige Anerkennung, und ich bin extrem dankbar“, freut sich Zeiser. Als einziger Arzt unter zehn Gewinnern bekommt der 49-Jährige am 19. März den Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis 2025 verliehen. Der Hämatologe forscht an mehreren Fronten gleichzeitig: So hat Zeiser das Medikament Ruxolitinib zur Behandlung von Leukämiepatienten, die eine Stammzelltransplantation erhielten, untersucht. An Mäusen konnte Zeiser zunächst zeigen, dass die Hemmung der Enzyme „Januskinase 1 und 2“ unerwünschte Abstoßreaktionen nach Stammzelltransplantationen massiv reduzieren kann.

Das Prinzip war auf den Menschen übertragbar, die Pharmaindustrie zeigte Interesse an dem therapeutischen Konzept, und das Medikament wurde sechs Jahre nach der Publikation der Daten aus dem Labor – erstmals im Jahr 2020 – in den Vereinigten Staaten zugelassen. Ein Jahr darauf gab‘s die Zulassung in der EU. „Das war extrem schnell“, betont Zeiser.

Ein weiterer Schwerpunkt ist der sogenannte Immun-Escape-Mechanismus. Dabei untersucht Zeiser mit seinem Team, welche Signale von Tumorzellen ausgehen, inwiefern sich ihr Stoffwechsel von gesunden Zellen unterscheidet und wie diese dadurch dem Immunsystem entkommen. „Wenn wir diesen Prozess besser verstehen, können wir ihn unterbrechen und die Antwort des Immunsystems verstärken“, erklärt er.

Als Leiter des Konsortiums „CRC 1479“ nimmt der Onkologe unterschiedliche Krebsarten wie Leukämie (Blutkrebs) oder Lymphdrüsenkrebs ins Visier. „Diese Tumore unterscheiden sich fundamental durch ihre Mutationen, wir suchen jedoch nach Gemeinsamkeiten“, so Zeiser. Dieser interdisziplinäre Ansatz sei eher ungewöhnlich, „aber wir wollen Grenzen überwinden. In einem Sonderforschungsbereich kann durch die Zusammenarbeit mehrerer Wissenschaftler mehr erreicht werden als in einzelnen Projekten.“

Wird Krebs so bald heilbar? „Wir machen große Fortschritte, ich glaube aber nicht, dass alle Krebserkrankungen heilbar sein werden. Krebs ist sehr komplex und hängt von vielen Faktoren ab, etwa auch vom Fitnesszustand des jeweiligen Patienten“, sagt der Experte. Die besten Entwicklungen ließen sich auf absehbare Zeit bei der Wirksamkeit sowie Nebenwirkungen von Therapien erzielen.

»Sehr gutes umfeld«

Für den Forschungsstandort Freiburg hat der 49-Jährige, der unter anderem in Tel Aviv (Israel) und Tampa (Florida) studierte und an der Stanford University (Kalifornien) beschäftigt war, Lob übrig: „Ich habe hier ein sehr gutes Umfeld, insbesondere die Zusammenarbeit verschiedener Fachdisziplinen funktioniert sehr gut in Freiburg.“ Hinter wohlhabenden US-Universitäten müsse man sich nicht verstecken: „Wir haben hier ebenfalls modernste Technologien und außerdem viele kluge Köpfe. Damit sind wir ähnlich erfolgreich, Dinge in die Klinik zu bringen.“

Den Kontakt zu von den Krankheiten betroffenen Menschen hat der Professor nicht verloren. „Mein Augenmerk als Kliniker ist nicht nur die Grundlagenforschung. Wir wollen immer etwas für Patienten entwickeln“, sagt er vor einer Visite. Diese Runden treiben ihn an, sie sind jedoch nicht immer einfach: „Ich versuche einen Ausgleich mit Familie und Sport zu finden, aber es belastet mich trotzdem, wenn Menschen sterben, die man lange begleitet hat. Das lässt einen nicht kalt.“

Aktuell beschäftigt sich Zeiser mit sogenannten Checkpoint-Inhibitoren. Die im Jahr 2018 mit dem Medizin-Nobelpreis honorierte Wirkstoffklasse wurde schnell zu einer Standard-Therapie gegen Krebs – sie kann durch ihre starke Wirkung aber auch Entzündungen, etwa des Darms, zur Folge haben. „Wir haben gezeigt, dass wir diese Nebenwirkungen mit einer Methode namens Extrakorporale Photopherese (ECP) gut behandeln können“, erklärt Zeiser. Dabei wird Patienten-Blut mit UV-Licht behandelt und so das Immunsystem beruhigt: „90 Prozent der Patienten sprechen darauf an.“

Im Februar will Zeiser diese Ergebnisse erstmals publizieren. „Das wird unser nächstes großes Thema“, sagt er. Um dafür neue Doktoranden einzustellen, kommt das Leibniz-Preisgeld in Höhe von 2,5 Millionen Euro gerade recht: „Wir wollen untersuchen, ob ECP auch bei anderen entzündlichen Erkrankungen eingesetzt werden kann.“

Fotos: © privat