Freiburger zeigen: Mit Räucherstäbchen lernt man besser Forschung | 25.06.2020 | Till Neumann

Räucherstäbchen in Schale

Mit Duft zu besseren Noten? Das ist möglich, zeigen drei Freiburger. Sie haben Schüler mit Räucherstäbchen lernen lassen. Das Ergebnis: Ihre Lernleistung steigerte sich um 30 Prozent. Warum das so ist, erzählen die Experten dem chilli.

Lernen mit Räucherstäbchen? Das klingt esoterisch. Doch die Wirkung von Gerüchen auf Lernprozesse wird schon seit den 50er-Jahren erforscht. In Freiburg ist dazu ein international beachtetes Experiment gelungen: Erstmals hat eine Untersuchung außerhalb des Schlaflabors den konkreten Effekt von Gerüchen aufs Lernen belegt.

Verantwortlich sind Jürgen Kornmeier und Franziska Neumann. Der 52-Jährige ist Leiter der Forschungsgruppe Wahrnehmung und Kognition im Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene (IGPP) und Wissenschaftler an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Freiburger Uniklinik. Die 26-Jährige ist Referendarin mit den Fächern Biologie und Englisch.

Die Idee zum Experiment hatte Neumann. Für die Abschlussarbeit ihres Lehramtsstudiums in Freiburg kontaktierte sie ihre ehemalige Schule mit dem Vorschlag: Zwei 6. Klassen sollen mit Rosenduft-Räucherstäbchen für einen Englisch-Vokabeltest lernen. Die Abschlussarbeit wurde vom dritten Autor der Studie betreut: Vitus Oberhauser aus der Freiburger Biologie-Fakultät.

Lehrer Collage

Legen Erstaunliches vor: Privatdozent Jürgen Kornmeier und Referendarin Franziska Neumann

„Manche waren ein bisschen verwirrt“, erinnert sich Neumann. Verständlich. Schließlich sollten die Schüler die Räucherstäbchen nicht nur beim Lernen neben sich haben, sondern auch beim Schlafen. „Wichtige Infos werden nachts konsolidiert“, erklärt Kornmeier. Das sei wie das Speichern auf einer Festplatte. In der sogenannten Slow-Wave-Sleep-Phase würden gelernte Muster noch mal abgespielt und in den Langzeitspeicher überspielt. „Der vielleicht entscheidende Moment“, sagt Kornmeier.

Kurios auch: Die Schüler mussten die Räucherstäbchen nicht mal anzünden. „Der Geruch war stark genug“, berichtet Neumann. Zum Schlafen konnten sie diese einfach neben das Bett legen. Und auch beim Test hatten sie die Stäbchen dabei. „Voll easy“ sei daher das Experiment für die Teilnehmer gewesen.

Die Grundlage ihres Experiments: Lerninhalte werden mit Düften assoziiert. Die Gerüche finden ebenfalls Eingang ins Langzeitgedächtnis, erklärt Kornmeier. Die Ergebnisse sind erstaunlich: Eine rund 30 Prozent bessere Lernleistung erzielten die Duft-Pauker im Vergleich zu Versuchen ohne Räucherstäbchen. Das heißt konkret: Eine Klasse steigerte sich von der Note 2,75 auf eine 2,5. Die zweite sogar von einer 3,25 auf eine 2,0. Die Kontrollgruppen ohne Duft blieben jeweils konstant.

Test ist „voll easy“

Der Zufall wollte, dass Neumanns Arbeit so hohe Wellen schlug. Ihre Ergebnisse stellte sie in einem Seminar bei Jürgen Kornmeier vor. Der sagte sich: Wenn die Ergebnisse valide sind, muss das die Welt erfahren. So half er ihr, eine wissenschaftliche Publikation zu verfassen. Die Ergebnisse sind im Wissenschaftsjournal Scientific Reports erschienen.

Dennoch bleiben viele Fragen offen: Wie gut funktionieren sonstige Duftstoffe? Wie gut klappt die Methode mit anderen Lerninhalten? Verliert sich der Effekt bei mehrfacher Wiederholung? „Vieles weiß man noch nicht“, sagen die zwei Forscher.

Räucherstäbchen sind in deutschen Klassenzimmern weiter eine Seltenheit. Die angehende Lehrerin Franziska Neumann könnte sich vorstellen, das zu ändern. Sie selbst hat mit Duft für ihre Abschlussarbeit in Chemie gelernt. Die Note war gut.

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Fotos: © iStock/Patrick Daxenbichler,  privat