Gerangel der Krankenhäuser – St. Josefskrankenhaus öffnet Kinderintensivstation auf eigene Faust Gesundheit | 13.02.2025 | Till Neumann

Überraschende Wende: Im Zwist zwischen Uniklinikum und St. Josefskrankenhaus (SJK) prescht Letzteres vor. Es will Mitte Februar die im Sommer geschlossene Kinderintensivstation wieder eröffnen. Die Fronten verhärten sich damit weiter.
Braucht Freiburg zwei Neonatologien? Darüber gibt es seit Monaten Streit. Im September musste das SJK seine Station schließen. Der Grund: Das Uniklinikum bündelt in der neuen Kinderklinik die Kompetenzen zur Versorgung von Risiko-Neugeborenen.
Eine Petition sammelte damals Unterschriften für den Erhalt der „individuellen Freiburger Geburtshilfe im St. Josefskrankenhaus“. Doch die Uni hielt dagegen: „Die Zusammenführung an einem Ort stärkt die medizinische Versorgung in der Region.“
Nun der Paukenschlag: Das SJK unter Leitung des Trägers Artemed will seine Neonatologie Mitte Februar reaktivieren. Uniklinikum und Sozialministerium haben davon aus den Medien erfahren. Die Chefin der Geburtshilfe Bärbel Basters-Hoffmann findet den Schritt richtig: „Quasi täglich“ hätten sie zuletzt Anfragen erhalten. Von werdenden Eltern sowie Kinder- und Frauenärzten. Selbst Kinderärzte und Hebammen aus der Uniklinik fänden die Lage nicht gut.

Umstritten: Braucht es zwei Kinderintensivstationen? Bärbel Basters-Hoffmann sagt ja.
Basters-Hoffmann: „Für eine Stadt wie Freiburg ist es wenig, wenn ich nur einen Anbieter habe.“ Die Uniklinik tue sicherlich ihr Allerbestes, um alle zu versorgen. Doch sie bezweifelt, dass die Kapazität reicht, um allen die gewünschte Individualität und den nötigen Raum zu geben. Neugeborene könnten wegen Kapazitätsmängeln verstärkt in andere Umlandkliniken verlegt werden müssen. Basters-Hoffmann wünscht sich Vielfalt. Hochrisikogeburten seien in der Uniklinik bestens aufgehoben. Niedrigrisikofälle würden jedoch vom Wissen des SJK profitieren. Dort sei man auf eine individuelle,
interventionsarme Herangehensweise spezialisiert. Die Chancen, ohne Kaiserschnitt zu gebären, seien groß.
Uniklinikumssprecher Benjamin Waschow widerspricht: „Die Aussagen, wonach es seit der zentralen Bündelung der neonatologischen Versorgung in der neuen Kinder- und Jugendklinik zu einer Verschlechterung der Versorgung gekommen sei, weisen wir auf das Schärfste zurück.“ Die Neonatologie dort gehöre fachlich, räumlich und technisch zu den modernsten in Europa.
Waschow betont: „Aus medizinischer Sicht ist die Zentralisation dieser hochkomplexen Versorgung absolut zu befürworten und wird von Fachkreisen gefordert.“ Eine Wiedereröffnung der Neonatologie am SJK würde die medizinische Versorgung für Neugeborene in Freiburg nicht verbessern. Wie in der Vergangenheit habe es vereinzelt Verlegungen in andere Neonatologien gegeben. Das sei nichts Ungewöhnliches. Aber: „Es gab keine Häufung von Verlegungen nach der Schließung der Neonatologie des SJK.“ Die Informationspolitik des Artemed-Konzerns findet er nach wie vor irritierend. Sie hinterlasse mehr Fragen als Antworten.
Rückendeckung bekommt Waschow vom Vorstandsvorsitzenden des Evangelischen Diakoniekrankenhauses Michael Decker: „Eine zweite Neonatologie in Freiburg ist aus unserer Sicht in Zeiten zunehmender Spezialisierung nicht erforderlich.“ Sein Haus kooperiere sehr eng und vertrauensvoll mit dem Universitätsklinikum Freiburg.
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