Gemeinsam für ein gutes Leben – Wohnen im Alter Gesund & Fit | 15.06.2025 | Marianne Ambs

Menschen am Esstisch

Wohngemeinschaften und Pflegewohngruppen werden als Alternative zum Pflegeheim oder zur häuslichen Pflege immer beliebter. In städtischen Quartieren oder ländlichen Gemeinden sind ambulant betreute Wohngruppen eine Möglichkeit, in der bekannten Umgebung gut versorgt älter zu werden. Sie sind auch ein Baustein für eine Pflegekultur, bei der die Gemeinschaft als Ganzes Verantwortung für die zu Pflegenden übernimmt.

Aktiv und selbstbestimmt, möglichst in den eigenen vier Wänden: So wollen Menschen bei zunehmendem Alter leben. Doch was passiert, wenn körperliche Beeinträchtigungen das Alleinleben unmöglich machen? Konzepte wie Pflegeheime und die Pflege zu Hause, die größtenteils von Angehörigen geleistet wird, stoßen an ihre Grenzen. Deshalb erproben seit etwa 20 Jahren ambulante Wohn- und Betreuungsformen das Prinzip der Mitverantwortung. In Pflege-­Wohngemeinschaften und Demenz-WGs leben die Pflegebedürftigen gemeinsam und gut betreut in einer familiären Umgebung. Die Bewohner der WGs und ihre Angehörigen sind an der Gestaltung des Zusammenlebens beteiligt, helfen mit, engagieren sich in der Selbstverwaltung und bei der Alltagsgestaltung. Menschen aus dem Dorf oder aus dem Quartier kommen vorbei, unterstützen das professionelle Pflegepersonal. Im Miteinander haben Einsamkeit und Isolation bestenfalls keine Chance. Die zu Pflegenden sind aufgehoben in einer sorgenden Gemeinschaft im Sinne einer geteilten Verantwortung.

Miteinander und Füreinander

Auch in Freiburg und in den Landkreisen im Dreiländereck wurden in den vergangenen Jahren Pflege­wohngruppen und Demenz-­WGs eingerichtet. Einige sind ­privat organisiert, andere wurden in Kooperation mit einem freien Träger oder gemeinsam mit der Kommune ins Leben gerufen. Als Modellprojekt gilt landesweit der von einem Bürgerverein getragene „Schwanenhof“ in der Kaiserstuhl­gemeinde Eichstetten. Er wurde vor mehr als 25 Jahren von der Bürgergemeinschaft Eichstetten gegründet. 2008 wurde die Pflegewohngruppe Adlergarten im „Schwanenhof“ eingerichtet, wo pflegebedürftige sowie an Demenz erkrankte Menschen ein neues Zuhause finden – mitten im Dorf. Bis zu 11 Personen können im Adlergarten in einer behindertengerechten Wohnung gemeinsam leben; neben den eigenen Zimmern gibt es ein gemeinsames Wohnzimmer, eine große Küche und Sanitärräume. Der Alltag in der Adlergarten-Gruppe wird gemeinsam gestaltet, ausgebildete Alltagsbegleiterinnen und Alltagsbegleiter sowie Ehrenamtliche aus dem Team der Bürgergemeinschaft übernehmen rund um die Uhr die Versorgung der Bewohner. Die professionelle Pflege über die Alltagsbetreuung hinaus wird in Kooperation mit der örtlichen Sozialstation geleistet.

Mutter und Tochter trinken Kaffee

Die Tochter kommt zu einer Tasse Kaffee vorbei, in Gemeinschaft wird gekocht und gegessen: So kommt in Pflege-WGs bestenfalls keine Einsamkeit auf.

Das Freiburger Modell

Nach dem Eichstetter Modell wurde auch die Wohngruppe am Mühlbach in Umkirch eingerichtet, weitere Pflege-WGs in Freiburg und in den Landkreisen sind zum Beispiel die Demenz-WG „WOGE“ in Freiburg-Vauban, die Hirschen-­WG des Vereins „Labyrinth“ in Freiburg-Ebnet, die WG Mittendrin in Staufen oder die WG Ursulinen­hof in Oberried sowie zwei Wohngruppen des Vereins „WeGe“ in Emmendingen. Alle diese Wohngruppen sind selbstverwaltet, meist steht ein Bürgerverein dahinter, das Bewohnergremium ist an allen wichtigen Entscheidungen beteiligt, Kommunen und Pflegedienste sind kompetente Partner. Diese Wohngruppen in Freiburg, Emmendingen und im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald gehören zum „Netzwerk ­Freiburger Modell“. Sie sind ähnlich strukturiert. Eine wichtige Stütze in den Pflegewohngruppen sind neben den professionellen Pflegekräften die Ehrenamtlichen. Sie helfen mit, den Alltag in der Wohngruppe zu gestalten, nehmen WG-Bewohner mit auf Spaziergänge, lesen vor oder kommen einfach nur zum Kaffeeplausch vorbei. Die Pflegewohngruppen haben viele Vorteile: Die Bewohner können im eigenen Dorf, im eigenen Quartier bleiben, in dem sie schon ihr ganzes Leben, zumindest aber eine lange Zeit verbracht haben. Hier wohnen Angehörige und Freunde, hier ist das Lieblingscafé um die Ecke. Im besten Fall sind die weiteren WG-­Bewohner alte Bekannte. Die Wohnsituation ist überschaubar, keine langen Heimflure und ständig wechselndes Personal. In der Pflege-WG hat zwar jeder Bewohner, jede Bewohnerin ein eigenes Zimmer, gekocht wird aber gemeinsam in der Küche, gegessen im Gemeinschaftsraum. Dort ist immer ­Leben, hier wird gebastelt, gesungen und gespielt. Die Angehörigen sind willkommen, unterstützen die hauptamt­lichen Kräfte auf viel­fache Weise.

3 Personen am Esstisch

Erinnerungen teilen, Wünsche äußern, über den Alltag sprechen – am gemeinsamen Mittagstisch ist dazu Gelegenheit.

Geteilte Kosten

Auch finanziell rechnet sich der Umzug in eine Pflege-WG. Viele Unkosten können geteilt werden. Wird die Wohngemeinschaft ambulant betreut, zahlt die Pflegekasse den Bewohnern einen Wohngruppenzuschlag. Auch bauliche Anpassungen zur Barrierefreiheit wie ein Treppenlift oder eine Rollstuhlrampe können staatlich gefördert werden. Zudem kann für die Neugründung einer ambulant ­betreuten Wohngruppe bei den Pflegekassen eine Anschubfinanzierung beantragt werden.

Der Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald ist überzeugt, dass Pflege-Wohngruppen im Sinne einer geteilten Verantwortung gerade im ländlichen Raum die Zukunft gehört. Deshalb unterstützt der Kreis Kommunen auf dem Weg zu nachhaltigen Pflege- und Sorgestrukturen. Im Rahmen des Förder­programms „Quartiersimpulse“ setzt er „Leuchtturmprojekte – für eine neue Sorge- und Pflegekultur“ um. Sechs Modellgemeinden wurden ausgewählt. Dort unterstützen die Mitarbeiterinnen der Fachstelle Bürgerschaftliches Engagement im Landratsamt die ­Gemeinden beim Aufbau einer „Sorgenden Gemeinschaft“. Das ganze Dorf soll mitmachen. Es geht darum, Netzwerke zu schaffen, in die auch bestehende Angebote und Strukturen, etwa in den Vereinen, eingebunden werden können.

Informationen zum Freiburger Modell: freiburger-modell.de

Leuchtturmprojekte im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald: breisgau-hochschwarzwald.de unter Rubrik ­„Beratung und Hilfen/Familien/Senioren“

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