Schluss mit Schnief: Pollenallergie im Fokus Gesundheit | 14.12.2019 | Arwen Stock

Heuschnupfen

Aufatmen heißt es aktuell für Heuschnupfengeplagte. Doch meist geht es im Januar wieder los mit dem Schniefen. Ob und wie man sich als Allergiker auf die blühende Saison vorbereiten kann, verrät die Freiburger Allergologin und HNO-Ärztin Tanja Hildenbrand.

Meist verdrängt man im Herbst und Winter, wie schrecklich es im Frühjahr und Sommer immer ist: Draußen traumhaftes Wetter, drinnen sehnt der Allergiker leidend den Dauerregen herbei – und das, obwohl er am liebsten die ganze Wetterwonne genießen würde. Heuschnupfen nennt sich dieses Leiden, das die meisten Allergiker betrifft.

„Man kann sich nicht wirklich auf die Pollensaison vorbereiten“, sagt Tanja Hildenbrand. Die 41-Jährige ist promovierte Fachärztin für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde (HNO), Allergologin und Oberärztin an der HNO-Klinik des Uniklinikums Freiburg. Laut ihr gibt es jedoch die Möglichkeit der Desensibilisierung oder Hyposensibilisierung: Man beginnt vor der Saison. Am Anfang werden in der Regel wöchentlich aufsteigende Dosen des Allergens gespritzt. Es gibt auch Schemata mit häufigeren Injektionen zur schnelleren Aufdosierung. Die Dosen sind teils modifizierte Allergen-Aufbereitungen, die auch als Arzneimittel zugelassen werden müssen. Später wechselt das Schema zu monatlichen Injektionen.

„Die Spritzentherapie ist immer noch der Goldstandard“, betont Hildenbrand. Doch es gebe auch noch andere Präparate wie Tropfen und Tabletten. Diese De- oder Hyposensibilisierung sei die einzige ursächliche Therapie der Allergie.

Standardmäßig wird bei Verdacht auf Heuschnupfen zunächst ein Hauttest gemacht, bei dem Lösungen mit dem jeweiligen Allergen auf die Haut aufgetropft und eingepikst werden. Voraussetzung für die De- oder Hyposensibilisierung beim Facharzt sind ein positiver Allergie-Befund und nachgewiesene Beschwerden, die bereits mehr als eine Saison bestehen.

Das Ziel einer Therapie ist dann, die Immunantwort auf das Allergen zu verändern. „Gerade bei Pollenallergie haben wir eine wissenschaftlich nachgewiesene, sehr gute Wirksamkeit“, berichtet Hildenbrand. Bei Hausstaub und Schimmel sei diese gut, bei tierbezogenen Allergien leider nicht so gut. Je früher man mit der Hyposensibilisierung beginne, umso besser könne auch eine Weiterentwicklung des Heuschnupfens mit Etagenwechsel in die Bronchien zum Asthma und ein Auftreten neuer Allergien verhindert werden.

„Wenn man mit der Therapie beginnt, kann es zu allerlei allergischen Reaktionen kommen, bis hin zum allergischen Schock. Dies ist jedoch selten, in der Regel wird die Behandlung gut vertragen“, weiß Hildenbrand um die Nebenwirkungen. Es können Hautirritationen oder Schwellungen auftreten. Der Beginn muss deshalb unter der Aufsicht eines Arztes erfolgen, und die Patienten müssten noch eine halbe Stunde unter Beobachtung sein.

Alternativmedizinisch können laut Hildenbrand „bestimmte Dinge versucht werden wie Phytotherapie, Akupunktur oder Homöopathie“. Patienten würden teilweise positive Rückmeldungen dazu geben. Doch die Studienlage sei nicht gut: „In dem Bereich ist letztendlich keine Wirksamkeit erwiesen.“

Das Allergie-Faltblatt des Netzwerks „Natürlich“, das in speziellen, ebenso genannten Apotheken ausliegt, empfiehlt als Alternative oder Ergänzung zur schulmedizinischen Behandlung: Darm fit halten. 80 Prozent des Immunsystems sei in diesem Organ verankert. Eine mikrobiologische Kur verbessere die Körperabwehr ganzheitlich. Auch zu einer Umstellung auf basische Ernährung wird geraten. Die Säureausscheidung über die Haut kann man durch regelmäßige körperliche Betätigung, Schwitzen in der Sauna oder ein Basenbad sowie eine basische Hautpflege anregen. Spezielle Präparate sollen beim Ausleiten von Schadstoffen helfen, um Leber, Niere, Haut, Schleimhaut und das Lymphsystem zu entgiften.

„Es gibt wissenschaftliche Nachweise, dass das Allergierisiko sinkt, wenn Kinder mehr Kontakt zu Keimen haben, wenn also das Immunsystem mehr gefordert ist“, berichtet Hildenbrand. Probiotika werde eine hilfreiche Wirkung nachgesagt. Zu einer besonderen Ernährungsweise meint sie: „Die Nahrung spielt bei Heuschnupfen nicht generell eine Rolle, außer bei Säuglingen zur Allergieprophylaxe.“ Jedoch haben manche Pollenallergiker Kreuzallergien auf bestimmt Nahrungsmittel.

Zu den Heilungschancen einer Pollen-Allergie sagt Hildenbrand: „Man spricht bei der Behandlung nicht von Heilung, sondern von Beschwerdefreiheit.“ Mit der Desensibilisierung könne diese erreicht werden. Bei Asthma gehe es um eine bessere Kontrolle der Erkrankung.

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