Wir schaffen es nicht ohne die Impfzentren: ZIZ mindestens bis 15. August offen Gesellschaft | 17.06.2021 | Liliane Herzberg

Daniel Strowitzki Ist zuständig für das ZIZ: FWTM-Geschäftsführer Daniel Strowitzki.

Pro Stunde 130 Euro verdienen Ärztinnen und Ärzte in Baden-Württembergs Impfzentren. Mediziner·innen sowie ihr Personal in Haus- und Facharztpraxen erhalten 20 Euro pro Impfung. Trotz hoher Kosten braucht Deutschland die Impfzentren weiter dringend. Haus-ärztinnen und -ärzte operieren an ihrer Belastungsgrenze.

Bis zu 1,5 Millionen Euro monatlich sowie einmalig 300.000 Euro werden den neun zentralen Impfzentren (ZIZ) in Baden-Württemberg vom Land bereitgestellt. Die 50 Kreisimpfzentren (KIZ) kosten das Land bis zu 755.000 Euro pro Monat und einmal 150.000 Euro. Obendrauf kommt noch die IT-Ausstattung. Die Mediziner werden mit 130 Euro am besten entlohnt, medizinische Fachangestellte erhalten pro Stunde bis zu 50 Euro, alle weiteren Mitarbeitenden bis zu 27,60 Euro.

„Noch laufen die Impfzentren offiziell bis 30. Juni, eine Verlängerung bis 15. August ist innerhalb der Landesregierung jedoch bereits beschlossen“, verrät Florian Mader, Pressereferent des Landesgesundheitsministeriums. Ziel sei es, ab Herbst, wenn voraussichtlich alle einmal durchgeimpft sind, die Impfungen dort anzusiedeln, wo sie hingehören: in die Hausarztpraxen. Der Unmut mancher Mediziner·innen sei bekannt. „Beim Vergleich mit den Impfzentren liegt hier allerdings ein Missverständnis vor: Die Ärztinnen und Ärzte in den Impfzentren erhalten einen Stundenlohn. Daher lässt sich die Entlohnung nicht eins zu eins vergleichen“, betont Mader.

Pascal Seith

Wünscht sich bessere Entlohnung: Freiburger Hausarzt Pascal Seith.

In Baden-Württemberg bieten bereits mehr als 6000 Praxen Impfungen an, rund 1,3 Millionen Impfdosen wurden dort bis Ende Mai verabreicht, in Freiburg waren es 44.463. Haus- und Fachmediziner·innen erhalten dabei 20 Euro pro Impfung vom Bund. Darin enthalten sind alle Kosten, etwa fürs Personal und die Miete. „Die Praxen sind augenblicklich extrem belastet. Der Aufwand, den sie für die Impfungen betreiben müssen, ist hoch“, sagt Kai Sonntag, Leiter der Pressestelle der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KV). Die Impfstofflieferungen seien zu unzuverlässig, als dass sie eine gute Planung zulassen würden: „Das wiederum führt bei den Praxen und den Patienten zu viel Unmut.“ 

Ähnliches schildert auch der Freiburger Hausarzt Pascal Seith: „Für die Vor- und Nachbereitungs sowie Dokumentationsarbeit sind 20 Euro dürftig. Wünschenswert wären mindestens 30 Euro.“ Rund 60 Impfungen wöchentlich verabreiche er in seiner Praxis. „Wir können alle zehn Minuten eine Impfung verabreichen, dann kommen wir auch auf 120 Euro pro Stunde, das ist aber nur die Zeit, in der aktiv geimpft wird.“ Aber er müsse ja auch alle anderen Patienten versorgen. Der 44-Jährige wolle dennoch keine Neiddebatte führen: „Wir schaffen es ohne die Impfzentren aktuell nicht, wir sind als Praxen jetzt schon zum Teil an unserer Belastungsgrenze.“

Klar ist für Seith, dass mit der anfänglichen Konzentration auf Impfzentren der Geschwindigkeit Vorrang vor der Wirtschaftlichkeit gewährt wurde. Das sei aber auch sinnvoll gewesen, weil der Impfstoff knapp war und ist: „Die sozialen Unruhen hätten deutlich zugenommen, wenn die wenigen Dosen auf spezielle Hausärzte aufgeteilt worden wären.“

Insgesamt arbeiten im ZIZ aktuell rund 900 Mitarbeitende sieben Tage die Woche im Drei-Schicht-Betrieb. 3500 Impfdosen pro Tag werden verabreicht, aber das sei nicht die volle Auslastung ihrer Kapazitäten, sagt Daniel Strowitzki, Geschäftsführer der Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH  (FWTM), die zusammen mit dem Uniklinikum fürs ZIZ verantwortlich ist. Der Impfstoff sei weiterhin knapp. Er verstehe deshalb auch nicht, wieso die Priorisierung komplett aufgehoben werde und somit eine noch höhere Nachfrage erzeugt wird. „Das läuft doch konträr zueinander.“ Die FWTM stellt dem Land für die Nutzung der Messehallen übrigens monatlich 175.000 Euro in Rechnung.

Fotos: © jr; Louisa Stark