Einsatz für die Schaufensterdoktorin: IHK unterstützt Kommunen mit Innenstadtberatung Handel | 02.03.2023 | Pascal Lienhard

Innenstadt Oberkirch im Ortenaukreis Diese Innenstadt hat das Coaching bereits hinter sich: Oberkirch im Ortenaukreis.

Deutsche Innenstädte kränkeln. Eine Universallösung zur Rettung der Citys gibt es nicht. Dafür aber individuelle Unterstützung. Vom Land gefördert schickt die Industrie- und Handelskammer Südlicher Oberrhein (IHK) Innenstadtberater in Kommunen. Gerade ist das Projekt in die zweite Runde gegangen.

„Innenstädte sind Zentren der Begegnung, des Lebens und des Handels“, sagte Alwin Wagner, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK unlängst vor Journalisten. Doch die Citys seien bedroht. Durch die Nachwehen der Pandemie, die gestiegenen Energiepreise, Probleme mit Lieferketten und den Krieg in der Ukraine. Zum anderen wirkten sich langfristige Prozesse wie nachlassende Besucherfrequenz, Digitalisierungsrückstand oder Fachkräftemangel auf die Innenstädte aus.

„Wir können die Transformation und Vitalisierung der Innenstädte schaffen“, sagt Wagner. Das gelinge aber nur gemeinsam mit anderen Akteuren. Daher kommt IHK-Innenstadtberater Thomas Kaiser nicht mit vorgefertigten Lösungen in die Kommunen, die ihn um Hilfe bitten. Er setzt vor Ort auf Bündnisse, um Zukunftskonzepte für die City zu entwerfen.

Bisher hat Kaiser sieben Orte begleitet. Dank der Förderung des Landesministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus wird das Angebot nun um zwei Jahre verlängert. Aus Stuttgart erhalten die IHK-Innenstadtberaterteams 1,7 Millionen Euro, davon gehen 214.000 Euro an die IHK Südlicher Oberrhein. Teilnehmen können in diesem und im nächsten Jahr bis zu zwölf Gemeinden für je sechs Monate. Die Kommunen müssen 10.000 bis 50.000 Einwohner haben. Kleinere Städte können von der Förderung profitieren, wenn sie ein relevantes touristisches
Potenzial oder einen gewissen Handelsumsatz haben.

Die Stadt Oberkirch hat sich bereits 2021 erfolgreich um die IHK-Beratung beworben – und viel mitgenommen. Wirtschaftsförderin Nadine Klasen spricht von einem großen Mehrwert für die Stadt. Direkt zu Beginn der Betreuung wurde die Innenstadt ausführlich analysiert. „In der Startphase fühle ich mich wie ein Arzt, der erst einmal den Puls misst“, sagt Berater Kaiser. Er holte Akteure aus der Politik ebenso an den Tisch wie Eigentümer, zudem initiierte er Befragungen. Am Ende der Betreuung steht nun ein Masterplan mit 37 Einzelmaßnahmen.

Zu dem Programm des Beraters gehörte in Oberkirch der Besuch einer Schaufensterdoktorin. Diese analysierte die Außendarstellung von Gastronomie und Handel und unterbreitete Optimierungsvorschläge. Gerade umgesetzt werden unter anderem ein digitaler Einkaufsführer sowie  die Erweiterung des bestehenden Gutscheinsystems.

Zu den Kommunen, die Kaiser dieses und kommendes Jahr begleiten wird, gehört auch die Breisgauer Kommune Kenzingen. Gleich zu Beginn will der Fachmann ein Bündnis aus örtlichen Betrieben, Stadtverwaltung, Handels- und Gewerbevereinen sowie Vertretern des Tourismus schmieden. Anfang März will sich Kaiser auf einem Stadtspaziergang einen ersten Überblick über die Gemeinde verschaffen.

Der Berater sieht Zielkonflikte. Dazu gehört die Frage nach Mobilität. Der verkehrsberuhigten oder autofreien Innenstadt steht der Wunsch der Händler nach Erreichbarkeit entgegen. „Diese Kämpfe muss man durchstehen und am Ende gemeinsam entscheiden, welchen Weg eine Kommune in Zukunft nehmen soll“, sagt Kaiser.

Foto: © Stadt Oberkirch