Heftig hochgekocht: Beschluss zu Veggie-Mensen spaltet (nicht nur) Freiburg STADTGEPLAUDER | 10.12.2022 | Pascal Lienhard

Essen in einer Mensa-Theke

Wenn es nicht gerade um den SC Freiburg geht, taucht die Breisgaumetropole selten in der nationalen Presse auf. Anders bei einer Entscheidung, die der Gemeinderat unlängst fällte: „Freiburg will Fleisch an Schulen verbieten“, titelte die Bild. Was dramatisch klingt, ist Folge einer pragmatischen Überlegung – mit Verboten hat das wenig zu tun.

Vom nächsten Schuljahr an soll es in Freiburgs städtischen Grundschulen und Kitas nur noch vegetarisches Essen geben. Den Vorschlag hatte die Stadtverwaltung in den Gemeinderat eingebracht. Die Begründung: Mit nur einem Menü sollten vor allem erwartete Preissteigerungen für warmes Essen gedämpft werden, Caterer könnten günstiger kalkulieren und anbieten. Die Vereinfachung helfe auch Schulen und der Verwaltung.

Aktuell leben in Deutschland rund 7,9 Millionen Vegetarier*innen. Tendenz steigend. Wenn ein Menü möglichst viele Personen ansprechen soll, muss es folglich vegetarisch sein. Schon heute bietet ein Fünftel der städtischen Kitas ausschließlich vegetarisches Essen an. Obwohl das Angebot reduziert wird, soll der Elternbeitrag in Schulen schrittweise auf 4,80 Euro steigen.

Pascal Lienhard

Liefert die Fakten: f79 Volontär Pascal Lienhard

Der Gemeinderat stimmte im Oktober mit 27 zu 14 Stimmen dem Vorschlag der Verwaltung zu. Ein normaler Vorgang in einer demokratischen Institution. Doch keine lokalpolitische Entscheidung der vergangenen Monate hat in Freiburg für so viele Diskussionen gesorgt. Im chilli Magazin spricht Stadträtin Gerlinde Schrempp (Freie Wähler) von einer „vor allem ideologisch motivierten Mehrheit im Gemeinderat“. Auch der Gesamtelternbeirat sowie die Schülerunion hatten die Entscheidung  kritisiert. Stadträtin Vanessa Carboni (Die Grünen) hingegen verteidigt den Beschluss: Die Versorgung der Schulkinder werde nun „einfacher, qualitativer und klimafreundlicher“.

Auch abseits Freiburgs fühlt sich manch einer genötigt, zum Beschluss Stellung zu nehmen. CDU-Mitglied Peter Hauk, baden-württembergischer Minister für  Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, erklärte, dass er als Vater in Freiburg gegen das vegetarische Schulessen klagen würde. Auch die Bild thematisierte das Thema gewohnt polemisch mit Sätzen wie „Freiburg will Fleisch an Schulen verbieten!“. „Mir schmeckt’s nicht“, schrieb ein Bild-Autor.

Bis in die USA drang die Kunde des südbadischen Gemeinderatsbeschlusses: Die Nachrichten- und Meinungsseite „Breitbart“, nicht zuletzt für Fake News und verschwörungserzählerische Inhalte bekannt, berichtete unter dem Titel „Great Reset“ (der große Neustart). Hinter der Verschwörungserzählung steht die krude Vorstellung, dass „globale Finanzeliten“ in einer neuen Weltordnung politisch und wirtschaftlich die Kontrolle übernehmen wollten. Auf Twitter wurde der Artikel vom texanischen Senator Ted Cruz geteilt. Der Republikaner versah seinen Post mit der Bemerkung, dass die Entscheidung des Freiburger Gemeinderats der „Vision der Demokraten“ für die USA entspreche. Soll heißen: Biden und Co. finden die Freiburger Idee gut.

Bei so vielen Meinungsbekundungen stellt sich die Frage: Wie stehen eigentlich Schüler*innen zur Entscheidung?

Fotos: © freepik.com, Till Neumann

Will mehr als Gemüse: Freiburger Schülerin findet Veggie-Kantinen falschh