Heimspiel: „Lust auf Auseinandersetzung“ STADTGEPLAUDER | 16.09.2020 | Erika Weisser

Monika Stein

Im Oktober wählen die Mitglieder der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) einen neuen Landesvorstand für Baden-Württemberg. Monika Stein, derzeit noch Lehrerin an der Karlschule, hat beste Chancen, zur neuen Vorsitzenden gewählt zu werden: Sie ist die einzige Kandidatin.Im Falle ihrer Wahl wird die 50-jährige Stadträtin auch ihr Mandat und den Vorsitz in der Fraktion „Eine Stadt für alle“ niederlegen. Der Abschied von der Schule und der Kommunalpolitik fällt ihr allerdings schwer.

„Als die derzeitige Vorsitzende Doro Moritz mich im Februar anmailte und fragte, ob wir telefonieren könnten, habe ich erst einmal einen halben Herzkasper gekriegt. Ich wusste ja, dass sie dieses Jahr aufhören würde und man eine Nachfolgerin suchte. Meine Vermutung, dass ich damit gemeint sein könnte, hat sich bestätigt, als sie mir persönlich nahelegte, für das Amt zu kandidieren. Ich bin zwar seit 26 Jahren Mitglied in der GEW, da ich mich aber erst seit einem Jahr aktiv engagiere, war dieses Angebot doch sehr überraschend und ließ mich wild überlegen.

Denn eigentlich war und ist mein Leben in Freiburg ja gerade perfekt. Und eigentlich hatte ich den Plan, bis zu meiner Pensionierung an der Karlschule zu bleiben. Meine Arbeit an dieser super bunten Schule hat mir immer viel Spaß gemacht, ich habe mich in diesem tollen Job total wohlgefühlt und habe meine Schülerinnen und Schüler meiner 8. Klasse auch richtig gern. So war die Videokonferenz, in der ich ihnen mitteilte, dass ich im kommenden Schuljahr nicht mehr bei ihnen sein würde, auch der allerschlimmste Moment in dem ganzen monatelangen Abwägungs- und Entscheidungsprozess. Da sind nicht nur bei einigen Jugendlichen Tränen geflossen.

Natürlich fällt mir auch der Abschied von der Gemeinderatsarbeit sehr schwer. Schließlich hat meine kommunalpolitische Stimme durch den OB-Wahlkampf von 2018 deutlich mehr Gewicht und Einfluss bekommen. Mein Ansehen ist auch bei Menschen gestiegen, die mich vorher nicht wirklich ernst genommen haben. Und ich hoffe, dass alle, die mich gewählt haben, nun nicht enttäuscht sind.

Auf der anderen Seite habe ich immer die Überzeugung vertreten, dass mehr Frauen in Leitungspositionen gehören. Und nun, da ich selbst ein solches Angebot erhalten habe, hätte ich kein gutes Argument gehabt, es auszuschlagen. So eine Chance bietet sich nur ganz selten im Leben und ich habe sie ergriffen, auch wenn mir das meine ursprünglichen Pläne zerhagelt hat. Und ich bin sicher, dass ich meine bisherige Arbeit in gute Hände übergeben kann – sowohl beim neuen Klassenlehrer meiner Schüler*innen als auch bei meiner Gemeinderatsnachfolgerin Emriye Gül, die ich sehr schätze.

Ich freue mich aber auch auf meine neuen Aufgaben, falls ich denn wirklich gewählt werde am 23. Oktober. Auch wenn ich weiß, dass dicke Bretter gebohrt werden müssen, um ein gutes, für alle gleichermaßen zugängliches Bildungssystem zu schaffen. Doch das bin ich gewöhnt. Außerdem habe ich große Lust auf die direkte Auseinandersetzung mit der
Kultusministerin Susanne Eisenmann.“

Foto: © Felix Groteloh