Horche Se Mol! – „Eine wahrhaftige Bewahrerin“ STADTGEPLAUDER | 08.10.2024 | Erika Weisser

Karl Dischinger am Grab

Am 10. Oktober 1974 starb eine der großen deutschsprachigen Schriftstellerinnen: Marie Luise Kaschnitz, die einige Jahre ihres Lebens in Bollschweil verbrachte und dort begraben ist. Zum 50. Todestag gibt es am 12. und 13. Oktober Gedenkfeiern, an denen Karl Dischinger vom örtlichen Kaschnitz-Arbeitskreis sehr engagiert mitwirkt.

Was ist das für ein Arbeitskreis?

Wir sind im Projekt Agenda Bollschweil 21 entstanden, in dem vor 20 Jahren ein paar Bürger zusammenkamen, um zu überlegen, was es für den Zusammenhalt und die Entwicklung des Dorfes braucht. Mein Anliegen war es, das Andenken an Marie Luise Kaschnitz zu stärken. Zeit ihres Lebens hat diese Dichterin Bollschweil als einen ihrer drei wichtigen Lebensorte genannt – neben Rom und Frankfurt. Sie wurde 1925 hier getraut, hat über lange Zeiträume im Schloss Bollschweil gelebt, hat dem Ort mit ihrem Buch „Beschreibung eines Dorfes“ ein literarisches Denkmal gesetzt. Sie ist seit 1967 Ehrenbürgerin und die Grundschule trägt ihren Namen. Wir wollen die Erinnerung wachhalten mit Führungen, Veranstaltungen, Vorträgen.

Wie kamen Sie selbst mit Marie Luise Kaschnitz in Berührung?

Ich habe 1968 Horst Bieneks Film zu „Beschreibung eines Dorfes“ im Fernsehen gesehen. Das Buch war 1966 erschienen und Bollschweil mein Nachbardorf. Kaschnitz’ Schilderung des Gemeindelebens als etwas aus den Lebensläufen der Menschen Gewachsenes, im Zusammenhang mit Natur, Alltag und Arbeit Entstandenem hat mich damals schon fasziniert. Als ich später nach Bollschweil heiratete, habe ich mich intensiver mit ihrem Werk beschäftigt. Ihre tiefgründigen Gedanken, auch zu Glauben und Religion haben mich als kirchlich engagierten Menschen besonders beeindruckt.

Die Gedenkfeier am 13. Oktober ist in der Kirche

Genau. Wir vom Arbeitskreis werden dort und auf dem Friedhof Gedichte aus ihrem posthum erschienenen Zyklus „Gesang vom Menschenleben“ rezitieren. Mit vielen autobiografischen Elementen thematisiert sie darin die inneren und äußeren Einflüsse auf eine Lebensbahn – und zeigt sich als wahrhaftige Bewahrerin eines würdigen Umgangs miteinander. Ergänzt wird unsere Hommage an Marie Luise Kaschnitz durch den Kirchenchor, mit Liedern, die sie teils in ihrem Werk erwähnt hat.

Foto: © Eeva Aichner