Im Ameisenhaufen von Guangzhou: Freiburger Student recherchiert in China STADTGEPLAUDER | 04.07.2016

Recherche unter Extrem-Bedingungen: Der Freiburger Journalismus-Student Clément Grégoire ist gerade von einer Studienreise nach China zurückgekehrt. Dort recherchierte der 28-Jährige vier Wochen lang unter widrigen Umständen. In der 18-Millionen-Einwohner-Metropole kam er sich vor wie in einem Ameisenhaufen.

Beeindruckt: Clément Grégoire (links) hat vier Wochen in Guangzhou recherchiert.

Kommunikativ: Clément Grégoire in einem Lebensmittelladen

Als Grégoire am 30. Mai aus dem Flugzeug steigt, ist er ziemlich erschöpft. Vier kraftraubende Wochen liegen hinter ihm, Wochen, in denen er an seine Grenzen gelangte. Aber auch beeindruckende Wochen, in denen er in die Kultur Chinas eintauchen konnte. Zugleich war die Exkursion Abschluss seines zweijährigen Masterstudiums Deutsch-Französische Journalistik in Freiburg und Straßburg. Das Doppeldiplom hat er nun in der Tasche.

 
Mit 50 Studienkollegen der Straßburger Journalistenschule CUEJ war Grégoire einen Monat zuvor auf eine Exkursion ins Reich der Mitte gestartet. Darunter auch sechs Freiburger Studenten, die ihr zweites Master-Studienjahr in Straßburg absolvieren. Das exotische Ziel: Guangzhou. Mit 18 Millionen Einwohnern eine der größten Städte des Planeten. Die Mega-Metropole im Perlfluss-Delta wird wegen ihrer wirtschaftlichen Bedeutung auch „Fabrik der Welt“ genannt. „Es ist unglaublich, ich habe noch nie so viele Häuser gesehen“, erzählt Grégoire. Auf den mehr als 60 Kilometern vom Flughafen zum Hotel reihte sich eins ans andere. „Ein Dschungel an Gebäuden“, berichtet der Journalist.

 
Viel Zeit für touristische Streifzüge war nicht: Die Studenten erarbeiteten in Guangzhou Fernseh-, Radio- und Print-Beiträge rund um die rasante Entwicklung der pulsierenden Stadt. Kein leichtes Unterfangen, wenn man wie Grégoire auf Chinesisch nur Ni Hao (Guten Tag) sagen kann. „Studenten von der Uni haben uns begleitet, um zu übersetzen“, erzählt er. Zwei junge Chinesinnen unterstützten ihn bei der Recherche. Doch der Belgier konnte mit ihnen weder Deutsch noch Französisch sprechen. „Sie haben Englisch geredet, aber nicht wirklich gut“, sagt Grégoire.

Die schillernde Metropole hat ihn beeindruckt.

Hoch hinaus: Ein Restaurant über den Dächern der Stadt

Auskunftsfreudige Ansprechpartner in Guangzhou zu finden, war die erste Hürde. Sich mit diesen zu verständigen, die zweite: „Wir haben einen Wirtschaftsexperten zum Interview getroffen, er konnte nur ein paar Wörter Englisch“, berichtet Grégoire. Also führte seine Übersetzerin das Gespräch auf Chinesisch. Eine Dreiviertelstunde saß er neben ihr und verstand nur Bahnhof. Rückfragen stellen? Unmöglich. Kurz darauf schickte seine Begleiterin ihm die Übersetzung ins Englische. „Sie hat offenbar mit dem Google-Translator gearbeitet. Vieles in dem Text war nicht wirklich klar“, erinnert sich Grégoire. Seinen Beitrag hat er dennoch fertig bekommen: „Ist nicht überragend geworden, aber immerhin.“

 
Schwer beeindruckt haben ihn die vielen Menschen: „In der Metro am Morgen ist es krass. So viele Leute, so dicht gedrängt“, erzählt der Master-Absolvent. „In Guangzhou ist das Normalität. Für mich war es wie in einem Ameisenhaufen.“ Überrascht haben ihn auch die vielen Grünflächen der Stadt. Die Luft dort sei besser als gedacht.

 
Riesige Einkaufscenter prägen das Bild der Hafenstadt. „Das ist ziemlich amerikanisch, die Chinesen stehen drauf“, sagt Grégoire. Anstatt sich abends in eine gemütliche Bar zu setzen, verbringen viele dort ihre freie Zeit lieber in Shoppingmalls. Beliebt bei jungen Menschen seien Karaokeabende. Wobei feiern die Ausnahme ist. „Die letzten Metros fahren um 22.30 Uhr. Die Wohnheime der Studenten schließen schon um 23.30 Uhr, berichtet Grégoire.

 18 Millionen Menschen wohnen in der Hafenstadt.

Dynamisch: Guanzhou wächst rasant – auch in die Höhe.

Selten sind auch Katzen, Hunde und Schlangen auf dem Teller. Diese würden in der Metropole zum Essen serviert, heißt es in Reiseführern. Grégoire hat davon nichts mitbekommen. „Ich habe sehr, sehr gut gegessen, total lecker“, schwärmt der Belgier. Es habe viel Gemüse gegeben, dazu Reis oder Nudeln. Aber auch viel Fleisch. Als Vegetarier habe man es aber schwer. Ein gutes Essen gebe es für etwa 15 Yuan, also gerade mal zwei Euro.

 
In den Straßen Guangzhous hat Grégoire viele teure Autos gesehen. Wer dort Geld habe, zeige das gerne. Riesige Straßen seien in den vergangenen Jahren gebaut worden. Doch viele seien wie leergefegt: „Man hat das Gefühl, irgendwas stimmt nicht“, erinnert er sich. „Die Straßen wurden gebaut, aber keiner braucht sie.“

Sein Studium hat Clément Grégoire jetzt abgeschlossen. Derzeit arbeitet er bei einer französischen Zeitung in der Bretagne. An Freiburg denkt er gerne zurück. Was er am meisten vermisst? „Ein Bier auf dem Schlossberg, chillen im Grethergelände oder Kino beim Aka-Filmclub.“ Drei Dinge, die auch eine 18-Millionen-Stadt wie Guangzhou nicht zu bieten hat.

Bis in die Wolken: Der Fernsehturm Canton Tower ist 600 Meter hoch.

Monumental: Der Canton Tower ist 600 Meter hoch.

Deutsch-Französische Journalistik

Binationale Journalistik kann man am Frankreich-Zentrum der Universität Freiburg studieren. Bei dem zweijährigen Masterstudiengang mit zwölf Plätzen (sechs Deutsche, sechs Franzosen) lernen die Studenten im ersten Jahr in Freiburg. Das zweite Jahr verbringen sie an der Straßburger Journalistenschule CUEJ. Dort spezialisieren sie sich auf Print und Online, Radio oder TV. Der forschungs- und praxisorientierte Studiengang verknüpft medientheoretisches Wissen, Fragen zu Europa und den deutsch-französischen Beziehungen mit journalistischen Kompetenzen.

Absolventen haben ein Doppeldiplom, das Wege in den französischen und deutschen Arbeitsmarkt eröffnet. Das Studium startet ausschließlich im Wintersemester. Die Bewerbungsfrist endet am 30. Juni. Das Frankreich-Zentrum bietet zudem zwei weitere binationale Studiengänge an: „Interkulturelle Studien – Deutschland und Frankreich“ und „Internationale Wirtschaftsbeziehungen“.

Text: Till Neumann / Fotos: © Matthieu Gorisse-Mondoloni, privat