Keine Blindgänger am Flugplatz: 150.000 Euro für sehr wenig Beute STADTGEPLAUDER | 20.02.2018 | Philip Thomas

Von wegen Bombenstimmung beim Stadionbau: Die Kampfmittelbergungsfirma hat auf dem Areal der geplanten neuen Arena am Flugplatz kaum Explosives zutage gefördert. Die Ausbeute beschränkt sich nach dem Ende der Untersuchungen am vergangenen Freitag auf Granatensplitter, Gewichte von Brandbomben, alte Leitungen, Zeltnägel und anderen Eisenschrott.

Unerwartet war für die Experten aber die Anzahl der Verdachtspunkte auf dem Feld. Die war so hoch, dass die Arbeit im weichen Boden einen Monat länger dauerte und mit 150.000 Euro um ein Drittel teurer wurde, als ursprünglich geplant. Max Wachter, Bauleiter des Projekts, war trotzdem zufrieden: „Ich freue mich über alles, was keine Bombe ist.“

Im Wolfswinkel steigt bei Heimspielen des Sportclubs Freiburg bald kein Flugzeug mehr auf. Um sicher zu gehen, dass auch in den kommenden Jahren nichts in die Luft fliegt, hatte eine Kampfmittelbergungsfirma das Gelände überprüft. chilli-Volontär Philip Thomas war bei Beginn der Arbeiten vor Ort.

An einem hellen Herbsttag stehen Journalisten auf dem Waldparkplatz hinter dem Wolfswinkel und haben die falschen Schuhe an. Richard Neymeyer, der mit orangener Warnweste ausgestattete Leiter Verkehrswegebau beim städtischen Garten- und Tiefbauamt, rät lächelnd zu Schuhen mit Stahlkappen. Schließlich sei der Freiburger Flugplatz technisch gesehen eine Baustelle und Turnschuhe seien da fehl am Platz. Die Aufgabe von Neymeyer: das 26 Hektar große Areal auf Bomben und weitere Kampfstoffe absuchen. Im schlimmsten Fall bleiben also immerhin die Fußspitzen übrig.

Neymeyer, der mindestens mit dem Fund von Munition rechnet, zeigt eine Karte des Gebiets, auf dem bald das neue SC-Stadion stehen soll. Flughäfen waren in den Kriegsjahren ein beliebtes Angriffsziel für Bomber. Durch die deutsche Flugabwehr rückte das Freiburger Rollfeld zusätzlich in den Fokus der Alliierten. Die Karte ist voll von Markierungen: 959 Verdachtspunkte sind verzeichnet. „Von der Fliegerbombe bis zum Zelthering kann das erstmal alles sein“, sagt Neymeyer.

Umgeben ist das Sperrgebiet von einem langen Zaun, der nur durch ein gesichertes Tor unterbrochen wird. Mitten auf dem Feld steht ein Bagger, der sich durch die unzähligen Holzmarkierungen systematisch eine Schneise gebahnt hat. Auf dem Weg Richtung gelbes Gerät stoppt Michael Siegler die Gruppe: Der bullige Mitarbeiter des Kampfmittelbergungsteams trug zwar auch eine Warnweste, Schutz bietet die aber nicht. „Mein Schutz ist, im Zweifelsfall zu wissen, was zu tun ist“, sagt er entschlossen.

Schon 2011 macht der Papstbesuch den Acker zur kontrollierten Pilgerstätte. Dass die Fußballarena bald tausende Fußball-Gläubige anlocken wird, lässt ihn kalt: „Das interessiert mich gar nicht, Fußballer verdienen mir alle zu viel.“

Weiter hinten sondiert ein anderer Mitarbeiter mit einem Metalldetektor den Rasen. Ob das Gerät gerade ausschlägt, kann man so weit weg nicht hören. Während des Sondierens ist ein Sicherheitsabstand von 50 Metern einzuhalten. „Brandmunition ist dünnwandig, da können Gase austreten und die sind hochgiftig“, sagt Siegler laut und der Tross hält gerne an. Auf einer Skala von eins bis zehn beurteilt er das aktuelle Risiko auf dem Feld als acht.

Als die Untersuchung unterbrochen wird, geht die Gruppe zum Bagger. Der ist extra leicht gehalten, um den Boden nicht unnötig zu provozieren. Bei der Schaufel baumelt ein kleiner roter Eimer. Darin liegen krumme und verrostete Fragmente, die Siegler und sein Team aus der Erde geborgen haben. „Zivilschrott“, bemerkt Siegler, „für die wirklich gefährlichen Dinger musst du nach Afghanistan, das hier geht ja alles noch.“ Der Feuerwerker weiß, wovon er spricht: Siegler war bei der Bundeswehr und ist bereits seit 20 Jahren im explosiven Gewerbe. Ungefähr 100 Fliegerbomben hat er schon aufgespürt. „Das ist ein Job, Montag bis Freitag. Routine gibt es in diesem Beruf aber auf keinen Fall, man ist sich der Gefahr schon bewusst.“

Fotos: Philip Thomas