„Noch nie gewagt“: Fondation Beyeler zeigt Picasso, wie er in Europa noch nicht zu sehen war Kultur | 11.02.2019 | Tanja Senn

Die aufwendigste. Die hochkarätigste. Die teuerste. Bei der Ankündigung der Picasso-Ausstellung in der Fondation Beyeler im schweizerischen Riehen geizte Kurator Raphaël Bouvier nicht mit Superlativen. „Die Ausstellung wird einer der kulturellen Höhepunkte in Europa sein“, kündigt er an.

Welche herausragende Bedeutung die Schau hat, zeigt auch, dass zur ersten Bekanntgabe sogar die Enkelin, Diana Widmaier Picasso, angereist ist. Sie macht deutlich, warum die Ausstellung solch einen besonderen Stellenwert hat: Zu sehen sind Gemälde und Skulpturen aus der sogenannten Blauen und Rosa Periode von 1901 bis 1906 – Werke, die nicht nur rar sind und sich zum Großteil in privaten Sammlungen befinden, sondern die auch in der ganzen Welt verstreut sind.

So kommen die Leihgaben etwa aus dem Metropolitan Museum of Art in New York, der Tate in London, der National Gallery in Washington, D. C., dem Moskauer Pushkin State Museum of Fine Arts oder dem Centre Pompidou und dem Musée de l’Orangerie in Paris.

Aus dem Cleveland Museum of Art in Ohio ist „La Vie“ nach Basel gereist, „ein Meilenstein der Kunst des 20. Jahrhunderts und eines der eindrucksvollsten Bilder der Moderne“, freut sich Bouvier. Vor 35 Jahren war das Werk zuletzt im deutschsprachigen Raum zu sehen. Mit dabei ist auch das Gemälde „Fillette à la corbeille fleurie“ von 1905. Das Werk wurde im Mai beim New Yorker Auktionshaus Christie’s für 115 Millionen US-Dollar versteigert. Insgesamt beträgt der Wert der 75 Bilder rund 4 Milliarden Schweizer Franken.

Für den Transport und die Versicherung muss die Fondation mehrere Millionen Euro investieren, erzählte Direktor Sam Keller. Schließlich kann die Fondation nicht auf die eigene Sammlung zurückgreifen. So umfassend diese ist – Picasso mache den größten Teil der Beyeler-Sammlung aus –, diese beiden Perioden, die den genialen Künstler zum Kubismus hingeführt haben, fehlen im Bestand. In dem stammt das erste Werk, eine Studie zu den „Demoiselles d’Avignon“, aus dem Jahr 1907.

„Es war uns schon lange ein Bedürfnis zu zeigen, wie Picasso dahin kam“, sagt Keller. Denn ab 1901 hat sich der junge, aufstrebende Künstler in seiner von der Farbe Blau dominierten Phase vor allem mit der Misere und den seelischen Abgründen der Menschen beschäftigt. Ab 1905 drehte sich dann in der Rosa Periode alles um die Hoffnungen und Sehnsüchte der Zirkusleute. „Besonders die Artisten haben ihn fasziniert“, weiß seine Enkelin, „Er hat sie nicht nur gemalt, sondern auch selbst gekannt.“

Doch auch wenn das Basler Museum keine Werke der beiden Perioden hat: Neben der Sonderausstellung werden auch Teile der eigenen Picasso-Sammlung zu sehen sein. „Wir verwandeln die komplette Fondation in ein Picasso-Museum“, verrät Bouvier, „das ist etwas, das wir noch nie gewagt haben.“

Es ist sehr unwahrscheinlich, dass es, wenn die Fondation Ende Mai die Werke wieder abhängt, in Europa noch einmal möglich sein wird, eine so prominent besetzte, reichhaltige Ausstellung des jungen Picasso erleben zu können.

Info

Der junge PICASSO – Blaue und Rosa Periode
3. Februar bis 26. Mai 2019
Fondation Beyeler, Riehen

Veranstaltungen

Blaue Stunde im Café Parisien
Während der Ausstellung verwandelt sich das Untergeschoss in ein „Café Parisien“. Jeden Mittwoch von 18 bis 20 Uhr ist hier die „Blaue Stunde“ mit Veranstaltungen wie dem Vortrag „Picasso. Bleu et rose“ von Laurent Le Bon, Präsident des Musée national Picasso-Paris (13.2.), Burlesque-Tanz von Anja Pavlova (20.2.) oder „Le beau est toujours bizarre“ mit dem Ballett des Theater Basel.

Bildnachweise

PABLO PICASSO, FEMME EN CHEMISE (MADELEINE), 1904-1905
Öl auf Leinwand, 72.7 x 60 cm / London, Tate, Vermächtnis C. Frank Stoop, 1933 / © Succession Picasso / 2018, ProLitteris, Zürich
Foto: © Tate, London 2018

PABLO PICASSO, ARLEQUIN ASSIS SUR FOND ROUGE, 1905
Aquarell und Tusche auf Karton, 57.5 x 41.2 cm / Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie, Museum Berggruen / © Succession Picasso / 2018 ProLitteris, Zürich
Foto: © bpk / Nationalgalerie, SMB, Museum Berggruen / Jens Ziehe

PABLO PICASSO, ARLEQUIN ASSIS, 1901
Öl auf Leinwand, 83.2 x 61.3 cm / New York, The Metropolitan Museum of Art, Erworben, Herr und Frau John L. Loeb, 1960 / © Succession Picasso / 2018, ProLitteris, Zürich
Foto: © 2017. The Metropolitan Museum of Art/Art Resource/Scala, Florenz

PABLO PICASSO, AUTOPORTRAIT, 1901
Öl auf Leinwand, 81 x 60 cm / Musée national Picasso – Paris / © Succession Picasso / 2018, ProLitteris, Zürich
Foto: © RMN-Grand Palais (Musée national Picasso-Paris) / Mathieu Rabeau

PABLO PICASSO, FAMILLE DE SALTIMBANQUES AVEC UN SINGE, 1905
Gouache, Aquarell und Tusche auf Karton / 104 x 75 cm, Göteborg Konstmuseum, Ankauf, 1922 / © Succession Picasso / 2018, ProLitteris, Zurich
Foto: © Göteborg Konstmuseum