Das Wasser malen lassen: Land-Art-Künstlerin Susanne Allgaier Kultur | 03.04.2020 | Liliane Herzberg

Susanne Allgaier

Ein Schuhabstreifer, Äste, ein Bach, eine alte Matratze – Susanne Allgaier arbeitet mit dem, was ihr gerade zwischen die Finger kommt. Seit nunmehr 33 Jahren lebt sie von und für die Kunst und hat dennoch das Gefühl, gerade erst loszulegen.

Wenn man die Künstlerin in ihrem Atelier besucht, betritt man einen Ort, der fast märchenhaft wirkt: Efeu rankt sich mutig um die Scheune, die Gänseblümchen im Garten recken ihre Köpfe der Sonne entgegen – wohin der Blick auch schweift, überall stehen oder hängen Allgaiers Kunstwerke.

Ihre Projekte entstehen als Teil eines Prozesses: „Ich schaue mir genau an, was mich umgibt, dann sehe ich, was das sein kann, und es formt sich unter der Hand“, schwärmt die 62-Jährige fröhlich. Skizzen und Pläne ihrer Werke mache sie schon, doch oft werde etwas ganz anderes daraus, als ursprünglich geplant. „Ich gehe dazu in eine materialdienliche Haltung und frage mich, was das Material fordert.“

Kunst war für die dreifache Mutter immer schon so selbstverständlich wie Essen oder Trinken. Seit jeher hat sie es geliebt, ungewöhnliche Räume zu bespielen: „Einmal habe ich einen ausgebrannten Bahnhof mit Kunst zum Thema Burn-out bearbeitet“, erinnert sie sich. Aber erst als ihre Kinder aus dem Haus waren, konnte sie sich mit Leib und Seele der Kunst widmen.

Heute lebt die in Stuttgart geborene Allgaier in Freiburg und baut sich seit zwei Jahren auch hier einen Kundenstamm auf – fünf Mal hat sie bereits ihr Atelier geöffnet. „Es ist immer der Prüfstand, ob das, was mir in meiner Arbeit wichtig ist, auch dem Kunden kommuniziert wird“, betont Allgaier. Sie dürfe sich bei ihrer Kunst aber nie fragen, ob sich diese verkaufen lasse, „denn das entzieht mir die Kraft, die ich brauche, um zu gestalten.“

Aktuell arbeitet sie an Werken mit dem Gewässer vor ihrem Haus: „Das Element Wasser ist herrlich. Solange ich am Bach lebe, werde ich ihn auch in meine Kunst einfließen lassen“, schwärmt Allgaier und erklärt, wie sie das eigentlich meint. „Ich habe eine Konstruktion gebaut, mit der ich Papier und Farbe so installieren kann, dass der Bach durch seine natürliche Bewegung den Pinsel bewegt und Gemälde entstehen.“ Jedes Mal sehen die Ergebnisse völlig unterschiedlich aus. Denn der Bach ist mal ruhig und zurückhaltend, mal wild und ungestüm. „Ich habe nur die Werke aussortiert, bei denen ich mich eingemischt habe. Alles, was in meinem Atelier hängt, ist allein das Werk des Baches.“

Susanne Allgaier Bach

Susanne Allgaier schafft aktuell Kunstwerke mit dem Gewässer vor ihrem Haus.

Die nächste Idee sind Schifflein, denen sie einen Stift als Mast bauen will, um sie auf dem Wasser auszusetzen. Über den Schiffen werde sie Papiere spannen und dann erneut die Natur malen lassen, so die Künstlerin. Und sie hat noch viele Ideen, findet beim Zeigen, Erklären, begeisterten Vorführen kaum ein Ende, wuselt von einer Ecke zur nächsten und weiß überall etwas zu gestalten. Was auch immer ihr zwischen die Finger kommt, es hat Potenzial für Mehr. Und wird vielleicht schon bei der nächsten Ausstellung als Kunstwerk zu sehen sein.

Info

Atelier in Freiburg-Zähringen
Pochgasse 70
79104 Freiburg
Besuchstermine nach Vereinbarung
www.susanneallgaier.de

Fotos: © Lilliane Herzberg