Fokus aufs Ungewisse: Theater Freiburg stellt Spielplan 2020/21 vor Kultur | 23.09.2020 | Liliane Herzberg

Theater Freiburg

Als am Jahresanfang die Pandemie um sich griff, war auch am Freiburger Theater nichts mehr wie geplant. Stattdessen gab´s ein großes Fragezeichen, viel Hirnschmalz und schließlich einen Drei-Pha­sen-Spielplan, der an alle Gegebenheiten anpassungsfähig ist und nun im September anläuft.

„Corona schafft zwar Limits, aber ebenso Möglichkeiten und das starke Bedürfnis nach emotionaler Nähe“, erklärt Peter Carp, Intendant des Freiburger Theaters, der gerade seinen Vertrag bis 2025 verlängert hat. Die erste Phase des aktualisierten Spielplans gehe bis zum Jahresende und „ist bei uns die Corona-Zeit, in der wir viel mit den aktuellen Regeln arbeiten müssen.“ Ab Januar bis zum Ende der Spielzeit „planen wir den Betrieb unter normalen Bedingungen. Das ist aber nur eine Annahme.“ Es würde jetzt einfach mal davon ausgegangen werden, dass das Virus zum neuen Jahr hin verschwände, führt er schmunzelnd weiter aus. Die Spielzeit 2021/22 sei voraussichtlich die dritte Phase, da könne dann vieles aufgeführt werden, was ursprünglich für die Spielzeit 2020/21 geplant war, jetzt aber gestrichen worden sei – große Opern in voller Besetzung etwa.

Theater Freiburg

Mit planerischer Flexibilität: Das Freiburger Theater hat Corona zum Trotz den Spielplan 2020/21 entworfen.

Finanziell habe das Theater die vergangenen Monate gut überstanden, so der Intendant. Das liege vor allem an der Unterstützung durch das Publikum und an zahlreichen Spenden, die weiter anhalten. Rund 115.000 Euro hat das Spielhaus von Unterstützern erhalten, so die kaufmännische Direktorin Tessa Beecken. Es sei dennoch ein Verlust von rund 1,2 Millionen Euro an Ticketeinnahmen zu verzeichnen. Dafür gebe es Einsparungen bei den Sach- und Personalkosten. „Wir brauchen für die Spielzeit über die in der Zielvereinbarung zugesicherten Spielbetriebszuschüsse kein zusätzliches Geld von der Stadt. Wir brauchen aber auch da die planerische Flexibilität“, betont Beecken.

Im Fokus des Musiktheaters in der neuen Spielzeit steht das Ungewisse: „Es geht darum zu schauen, was gerade interessiert, wie die Bedrohung der menschlichen Existenz“, verdeutlicht Musikdramaturg Heiko Voss. Etwa in dem Stück „Stabat Mater“ unter Regie von Andriy Zholdak, das vom Ringen um menschliche Verluste handelt. Die Inszenierungen sind nicht einfach, auf große Opern wird verzichtet. Stattdessen werde das Kleine groß erzählt, sagt Carp. Es sei auch in diesem Spielplan ein künstlerisch sehr interessantes Angebot zu verzeichnen, etwa bei der Oper „Mr. Emmet takes a walk“ unter der Regie von Herbert Fritsch.

„Das Schauspiel ist auch haarig, aber nicht ganz so schwer zu organisieren“, berichtet Chefdramaturg Rüdiger Bering. Gestartet wird am 25. September mit der Uraufführung des Stückes „Elektra“, inszeniert von Małgorzata Warsicka. Auch das Schauspiel reagiert auf die Pandemie: So beschäftigen sich die Künstler in „Die zehn Gebote“ mit der Frage, wie mit einem Neuanfang umgegangen werden kann.

Bedürfnis nach emotionaler Nähe

Die Tanzabteilung ist stark von den Hygiene- und Abstandsregeln eingeschränkt. Aber auch hier lautet das Motto: Mit Flexibilität ist alles möglich. So werden trotz der Widrigkeiten einige Deutschlandpremieren aufgeführt, die erst jüngst produziert wurden, verkündet Tanzkuratorin Adriana Almeida Pees stolz. Brandaktuell ist auch Michèle Noirets und David Drouards „Singende Ruinen, singende Bilder“, in dem die Tänzer in einer Szene Schutzmasken tragen.

Die Schwierigkeiten bei Konzerten erklärt Generalmusikdirektor Fabrice Bollon: „Unter Einhaltung der Abstandsregeln ist es schwer, ein vollständiges Orchester aufzustellen.“ Deshalb werde das philharmonische Orchester in kleinerer Besetzung auftreten, jedoch nicht mit minder hochkarätigen Solisten.

Als Auftakt des Jungen Theaters geht das „Lirum Larum Lesefest“ über die Bühne. In „Glorreiche Halunken“ kehren Vater und Sohn Graham und Simão Smith nach häuslicher Quarantäne auf die Bühne zurück.

 

Fotos: © Laura Nickel