Freiburgs Streaming-Plattformen: Viel Spektakel, verhaltene Spenden Kultur | 18.09.2020 | Till Neumann

Al Jawala; Streming; Stream

United We Stream, #inFreiburgzuhause und ZMF. Gleich drei große Anbieter haben im Sommer Kultur­events gestreamt. Fast 100 Konzerte und Co. haben sie übertragen. Weder Klickzahlen noch Spenden sind astronomisch. Die Veranstalter sind trotzdem zufrieden.

United We Stream (UWS) Upper Rhine machten im Mai den Auftakt. Fatcat traten in der Mensabar auf, DJ JanxNeu legte im Café Pow auf. 404 Euro Spenden kamen zusammen. Rund 200 Menschen schauten zu.

29 Events hat der Oberrhein-Ableger des Berliner Stream-Projekts bisher gestemmt. Simon Waldenspuhl ist überzeugt: „Wir haben etwas für die Szene gemacht.“ Aufwendig sei das gewesen und improvisiert. Das Programm ging vom Barockorchester-Auftritt über eine Talkrunde bis zur Kunstperformance. Schwerpunkt war Subkulturelles.

2000 Euro kamen an Spenden zusammen. Waldenspuhl findet das absurd wenig. Doch das zehnköpfige Orgateam bekommt zudem 3500 Euro vom Kulturamt und 12.000 Euro von der Berliner UWS-Zentrale. Alle Beteiligten sollen in Kürze eine Aufwandsentschädigung erhalten: Für DJs gibt’s 50 Euro, Bands kriegen 150 Euro und Clubs 200 Euro.

Nach der Sommerpause will die Gruppe mit Einzelevents weitermachen – bis das Clubleben wieder losgeht. Manches will Waldenspuhl ins analoge Nachtleben mitnehmen: „Streams könnten fester Bestandteil der Clubkultur werden.“

Deutlich finanzkräftiger ist #inFreiburgzuhause gestartet. Das Projekt von der Freiburger Sparkasse, der FWTM und dem Kulturaggregat feierte Ende Mai Auftakt mit Cécile Verny im Jazzhaus. Mehr als 3000 Euro Spenden kamen rein. 21 Veranstaltungen hat Koordinator Thomas Walz von der Sparkasse gezählt. 50.000 Euro seien im Topf gewesen. 15 weitere Events sollen nach der Sommerpause noch steigen.

Virtuelle Tickets bringen 14.500 Euro

„Wir wollen der Kulturszene helfen“, sagt Walz. Der 45-Jährige ist mit dem Ergebnis zufrieden. Die Vielfalt der Freiburger Kulturlandschaft habe ihn begeistert. Etwa 5700 Zuschauer seien live dabei gewesen.

Mit virtuellen Tickets hat das Projekt rund 14.500 Euro erwirtschaftet. Die mit Abstand größte Summe der drei Freiburger Plattformen. Künstler und Veranstalter bekamen pro Event je nach Locationgröße 2000 bis 3000 Euro netto. Zusätzlich gab’s 60 Prozent des Ticketerlöses. Beim Verny-Konzert gab’s demnach rund 4800 Euro für Location, Artist und Technik.

Als Letzter ins Rennen ging das Zeltmusikfestival mit „ZMF On Air“. 40 Events gab’s von Juni bis August. Rund 100.000 Euro seien dafür geflossen, berichtet ZMF-Sprecherin Hanna Teepe. Finanziert haben das NaturEnergie, der Förderkreis Freiburger Musikfestival und weitere Sponsoren. Mit Spenden hat das ZMF rund 7000 Euro erwirtschaftet. Für etablierte Künstler gab es Festgagen im unteren vierstelligen Bereich. Die beliebtesten Videos sind bisher auf dem ZMF-YouTube-Kanal etwa 1000 Mal geklickt worden. Andere haben dafür nur 20 Aufrufe.

Die Übertragung hat die Veranstaltungsfirma TecStage im Industriegebiet Nord gemacht. Die Acts haben so nicht nur unter Topbedingungen spielen können (mit bis zu 15 VIP-Gästen vor der Bühne): Sie haben jetzt auch ein Hochglanz-Live-Video auf YouTube.

Viel Aufwand sei das gewesen, aber auch viel Spaß, berichtet Teepe. Sie hofft dennoch, dass ZMF On Air nicht wieder steigen muss. Die ZMF-Kassen seien eh klamm.
Der Freiburger Streaming-Sommer zeigt: Mit rund 24.000 Euro Spenden sind 90 Events nicht im Ansatz zu finanzieren. Ohne Sponsoren und Förderer sieht Online-Kultur alt aus.

 

Foto: © Klaus Polkowski