Geweckte Begehrlichkeit: Stadthalle im Dornröschenschlaf Kultur | 16.02.2019 | Till Neumann

Oberbürgermeister Martin Horn will Leerstand bekämpfen. Ein in großen Teilen ungenutztes Riesen-Gebäude braucht er nicht lange zu suchen: die Stadthalle in der Oberwiehre. Sie diente als Veranstaltungshalle, Ersatz-­Bibliothek, als Unterkunft für Geflüchtete, derzeit für Obdachlose. Doch der größte Teil steht leer. Ein Bürgerverein sammelt nun Ideen.

„Es ist schon abstrus“, sagt Hans Lehmann vom Bürgerverein Oberwiehre-Waldsee zum Leerstand der Stadthalle. Der Vorsitzende will Bewegung in die Sache bringen. Deswegen sammelt er Vorschläge für eine Nutzung und spricht mit Gemeinderatsfraktionen. „Das ist für mich Bürgerbeteiligung“, sagt Lehmann.

Täglich kriege er Meldungen rund um die denkmalgeschützte Halle. Die Begehrlichkeiten sind offenbar groß – kein Wunder beim akuten Raummangel. Chöre hätten angeklopft, eine musikalische Nutzung sei gewünscht, auch ein Museum habe sich gemeldet, berichtet Lehmann.

Demnächst möchte er sich für einen runden Tisch mit dem Rathaus starkmachen. Anfang März stehe als Termin im Raum.

„Kostenintensiver Rückbau“ steht noch aus

„In der Stadthalle sind derzeit Obdachlosenunterkünfte und Unterrichtsräume untergebracht“, informiert das Rathaus. Im Amt für Gebäudemanagement sei das Thema derzeit kein leichtes, vieles sei in Bewegung, wenig spruchreif. Fakt ist: Der große Veranstaltungsraum steht leer. Bis zur Eröffnung der neuen UB war dort eine Ausweichbibliothek installiert. Zuletzt wurden rund 400 Geflüchtete untergebracht. Dafür ist der große Saal in einzelne Räume unterteilt worden. Das ist noch heute so. Der „kostenintensive Rückbau“ steht noch aus.

Sehr konkret will sich das Amt für Gebäudemanagement nicht äußern. „Es gab und gibt verschiedene Ideen.“ Beispielsweise eine Nutzung als Veranstaltungshalle. Das setze jedoch eine Generalsanierung voraus. Ob auch Probenräume oder eine Musikschule hier eine Bleibe finden könnten? „Denkbar ­ist alles“, antwortet Christel Brand vom Gebäudemanagement.

Das Zeitfenster für die Planungen ist allerdings diffus: „Das hängt von einem tragfähigen Konzept und den finanziellen Mitteln ab“, sagt Brand. Lehmann will dazu Genaueres wissen: Bis Ende 2019 sei eine Nutzung ausgeschlossen. Ab 2020 könne man planen. In dem Jahr feiert Freiburg zufälligerweise 900 Jahre Stadt­geschichte. Also wäre die Halle eine Stätte fürs Jubiläum? „Im jetzigen Zustand nein“, heißt es im Rathaus. 

Kommentar: Das abgelehnte Geschenk

Wer im Jahr 2020 sein Stadtjubiläum für 900 Jahre Freiburg zelebriert und neben einem Ver­anstaltungsparcours für die Stadtgesellschaft auch blei­bende Werte schaffen will, dem könnte die Stadthalle wie ein Geschenk vorkommen. Doch keiner will es annehmen. Das Rathaus sieht kostenmäßig keine darstellbare Nutzungsoption. 8,5 Millionen Euro für die Sanierung des Stube-Areals in St. Georgen waren indes drin. Für 1500 Quadratmeter. Und für ein millionenschweres Musikhaus auf dem Güterbahnhof werden derzeit auch die Weichen gestellt. Es mag sich der Eindruck aufdrängen, dass es der Stadtspitze am Willen fehlt, die Stadthalle richtig anzupacken. Sicher, Denkmalschutz und Brandschutz sind harte Brocken auf dem Weg zu einer Nutzung der 65 Jahre alten Halle. Wenn die Stadt diese nicht aus dem Weg räumen will, sollte sie einen Investor suchen, der das kann. Frei nach Udo: Einer muss den Job ja machen. (Lars Bargmann)

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