Harten Alkohol an Fastnacht verbieten? Ein Pro und Contra Kultur | 13.03.2025 | Till Neumann

Wie wird Fastnacht sicherer und entspannter? Die Frage stellen sich vermehrt Veranstaltende von Umzügen, Festen und Co. Die Gemeinde Gundelfingen verbietet harten Alkohol über 15 Prozent. Und ist mit den Effekten zufrieden. Freiburg setzt dafür auf eine Empfehlung statt ein Verbot. Im Pro und Contra erklären der Gundelfinger Hauptamtsleiter Marco Kern und der Freiburger Zunftmeister Uwe Stasch von der Breisgauer Narrenzunft ihre Standpunkte.
Marco Kern | Gundelfingen
Hauptamtsleiter im Rathaus

Setzt auf ein Verbot: Marco Kern
Ein Verbot von hartem Alkohol ist sinnvoll weil Alkohol und das Leben des Brauchtums nicht zwangsläufig zusammen gehören. Fastnacht soll in Gundelfingen mehr sein als das. Und da sind wir uns als Verwaltung mit unseren Zünften und der Blaulichtfamilie auch einig.
Der Gundelfinger Umzug umfasst zwischenzeitlich über 10.000 Besucher·innen, darunter überwiegend Familien mit Kindern, für welche wir den närrischen Brauchtum sicher gestalten wollen. Deshalb gibt es neben dem Verbot von hartem Alkohol auch ein Verbot von Glasbehältnissen, um die Sicherheit zu erhöhen. Mit der von uns erlassenen Allgemeinverfügung bieten wir die nötige Handhabe für Polizei und Ordnungsdienst.
Präventiv statt reaktiv. Natürlich stößt eine derartige Einschränkung nicht überall auf Gegenliebe, aber wir haben dies örtlich und zeitlich auf das Umzugsgeschehen begrenzt und den Genuss von Alkohol nicht gänzlich verboten. Getrunken wird überall, aber speziell dem Koma-Saufen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen wollen wir keinen Raum geben.
Ausgelassenheit und gesteigerte Aggressionsbereitschaft sind leider negative Auswüchse von übermäßigem Alkoholkonsum. Alkoholbedingte körperliche Auseinandersetzungen oder gar sexuelle Übergriffe dürfen keine Begleiterscheinungen von brauchtümlichen Veranstaltungen sein, wie es bedauerlicherweise in der Vergangenheit schon war.
Das Konzept geht auf: Seit dem Verbot von Hartalkohol samt Glasbehältnissen waren laut dem DRK-Ortsverein und den Maltesern Heuweiler lediglich Kleinigkeiten zu versorgen und nichts wirklich Ernsthaftes. In der Vergangenheit kam es hingegen zu Schnittverletzungen und einer Vielzahl von Alkoholvergiftungen.
Alkohol und dessen Genuss sind so fest in unserer Gesellschaft verankert, dass Einschränkungen nicht gerne gesehen werden. Für mich geht es dabei aber nicht um die Debatte „Freiheiten wegen ein paar einzelnen Personen“ einzuschränken oder „pauschale Verbote“ zu setzen, sondern mit Blick auf die Veranstaltung eine größtmögliche Sicherheit zu bieten.
Uwe Stasch | Freiburg
Zunftmeister der Breisgauer Narrenzunft

Bevorzugt ein Gebot: Uwe Stasch
Die Debatte um ein Verbot von hartem Alkohol an Fastnacht wirft wichtige Fragen nach Verantwortung, Tradition und Jugendschutz auf. Ein vollständiges Verbot mag auf den ersten Blick als einfache Lösung erscheinen, birgt jedoch einige Herausforderungen. Argumente gegen ein Verbot:
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Schwer umzusetzen: Ein generelles Verbot ist in der Praxis schwer zu kontrollieren. Fastnacht ist ein Volksfest, das von Spontanität und ausgelassenem Feiern geprägt ist. Die flächendeckende Überwachung und Durchsetzung eines solchen Verbots ist kaum zu gewährleisten.
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Einschränkung der Tradition: Für viele Menschen gehört auch der Genuss von alkoholischen Getränken zur Fastnachtstradition dazu. Ein generelles Verbot würde eine Beschneidung in diese Tradition darstellen und wird eine Akzeptanz nicht fördern.
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Verlagerung des Problems: Ein Verbot in öffentlichen Bereichen könnte dazu führen, dass die Feiern in private Räume verlagert werden, wo Kontrollen noch schwieriger sind.
Warum ein Gebot sinnvoller sein könnte:
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Eigenverantwortung stärken: Statt eines Verbots könnte eine verstärkte Aufklärungskampagne über die Gefahren von übermäßigem Alkoholkonsum sinnvoller sein. Dies würde die Eigenverantwortung der Feiernden stärken.
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Jugendschutz verbessern: Ein besonderer Fokus sollte auf dem Jugendschutz liegen. Mit strikten Kontrollen des Alkoholausschanks an Minderjährige und einer verstärkten Präsenz von Jugendschützern wurden bereits positive Effekte erzielt, und tragen dazu bei, Exzesse zu vermeiden und für ein sicheres Feiern zu sorgen.
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Maßvolle Regulierung: Statt eines vollständigen Verbots ist eine maßvolle Regulierung wahrscheinlich sinnvoller. Beispielsweise mit der Ausweisung von bestimmten Bereichen oder auch Zeiträumen als „alkoholfreie Zonen“. Auch mit der generellen Limitierung des Ausschanks von hochprozentigem Alkohol haben wir gute Erfahrungen gemacht.
Ein generelles Verbot von hartem Alkohol an Fastnacht ist keine einfache Lösung. Ein umfassenderer Ansatz, der auf Aufklärung, Eigenverantwortung, Jugendschutz und maßvolle Regulierung setzt, erscheint sinnvoller. Wichtig ist ein ausgewogener Umgang mit dem Thema, der sowohl die Tradition respektiert als auch die Sicherheit und das Wohlbefinden der Feiernden gewährleistet.
Info
Gundelfingen verbietet seit einigen Jahren bei Fastnachts-Umzügen Alkohol über 15 Prozent. Die Gemeinde Malsch bei Karlsruhe geht sogar noch weiter: Dort war beim Umzug im Januar das Mitbringen und der Konsum von alkoholischen Getränken komplett verboten. Sieben Gemeinden im Elsass haben in diesem Jahr ebenfalls harten Alkohol über 18 Prozent bei Umzügen verboten. In Colmar und Rouffach ist Alkohol auf Fastnachtswagen seit zwei Jahren gänzlich untersagt.
Fotos: © Till Neumann; Felix Groteloh, privat
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