Musik-Tipp: "Gleisdreieck" von Joy Denalane Kultur | 11.04.2017
Joy Denalane hat deutschen Soul erfunden. Die samtweiche Stimme der Berlinerin ist unverkennbar. Wie kaum jemand schafft sie es, Liebeslieder auf Deutsch zu singen, ohne kitschig zu klingen. Das soll auch mit „Gleisdreieck“ gelingen – ihrem ersten Album seit sechs Jahren.
Damit besinnt sie sich auf ihre Wurzeln rund um den U-Bahnhof Gleisdreieck in Kreuzberg. In poetischen Bildern zeichnet sie ihr stürmisches Innenleben. Mal klingt das nach Zuversicht wie im Cloud-R’n’B’-Track „Himmel berühren“, mal nach Träumerei („Venus & Mars“), mal nach farbenfrohem Mitsing-Pop wie in der Single „Alles leuchtet“.
An manchen Stellen wirkt das aber auch kraftlos. Da wünscht man sich die Energie von Joy Denalanes Gastauftritten bei deutschen Rappern. Doch auch diese Seite zeigt das Album: im futuristischen „So sieht man sich wieder“ mit Tua. Oder in „Hologramm“, wo die Stimme im wunderbar wabernden Refrain einen Autotune-Effekt bekommt.
Im Experiment liegt die Stärke: So lädt das karibisch angehauchte „Elli Lou“ zum Tanzen ein. Und das fast geflüsterte B.I.N.D.A.W. über eine gescheiterte Liebe rollt über einen mächtigen Down-Tempo-Beat. Gleisdreieck ist ein Album für ruhige Momente. Auch die können Kraft haben. Oder geben.
Joay Denalane
Gleisdreieck
Nesola / Universal Music
Text: Till Neumann