Musik-Tipp: „Myopia“ von Agnes Obel Kultur | 20.03.2020 | Liliane Herzberg

CD-Cover Agnes Obel

Die in Berlin lebende Dänin Agnes Obel hat schon in Myopias Vorgänger-Alben zarte Klänge mit eindrucksvoller Wucht verbunden. So ist ihr auch dieses Mal ein geheimnisvoll wirkendes Gesamtkunstwerk gelungen. Wie das Plattencover, so sind auch die Songs gestaltet: Nahezu geisterhaft wird der eigentliche Sinn erst nach mehrmaligem Hören erkannt.

Der Text gerät in den Hintergrund, denn die Wörter und Silben sind eher verschluckt als klar artikuliert. Wer die Musik Obels verstehen will, muss sich Zeit nehmen.

Die Basis bildet der ruhige Klang eines Klaviers, der sich durchs gesamte Werk zieht. Stimmliche und instrumentale Elemente bilden ein kongeniales Ganzes. Das bricht die Künstlerin zuweilen gekonnt, etwa bei „Roscian“, einem perlend  tänzelnden Pianosolo, das gänzlich ohne Gesang glänzt.

Auch „Parliament of Owls“, der Höhepunkt des Albums, ist rein instrumental. Das Stück ist vor allem im Mittelteil außerordentlich kraftvoll, bereitet Gänsehaut und Freude, und könnte  liebend gern viel länger als nur zweieinhalb Minuten andauern. Myopia bietet durchweg ruhige Songs über Vertrauen und Zweifel, die wunderbar zu einem in sich gekehrten, nachdenklichen und trüben Regentag passen.

Album Cover Agnes Obel

Agnes Obel
Myopia
Alternative/Indie
4 von 5 chilli-Schoten